„Computerspiele sind nur für Jungs! Wenn du sowas machst, bist du auch ein Junge.“ Diese und weitere Sätze musste ich schon ab und zu mal über mich ergehen lassen. Ja, ich zocke unheimlich gerne Games und nein, ich bin kein Junge. Ich bin ein Mädchen. Ist das etwa so abwegig?
Während von der Gesellschaft allgemein akzeptiert wird, dass viele Jungen sich im Laufe ihres Lebens mit dem Zocken von Computerspielen befassen, scheint es immer noch eine Besonderheit zu sein, wenn auch einmal ein weiblicher Gamer aus dem Kreis in die Mitte tritt.
Ich habe bisher beide Ansichtsweisen kennengelernt: Einerseits stieß ich auf Unverständnis, weil Computerspiele angeblich so gar nicht „ladylike“ sind. Als männlicher Gamer sei man ohnehin kein normaler Mensch und wenn dann auch das Geschlecht ein anderes ist, solle man sich ernsthafte Sorgen darüber machen. Macht es mich nun allerdings zu einem Jungen, wenn ich mich abends an den PC setze und eine Runde Battlefield spiele? Sollte ich nicht lieber 50 Shades of Grey lesen und anschießend den Film im Kino sehen?
Was? Ein Mädchen?
Zum Glück halten sich diese wüsten Behauptungen in meinem Umfeld noch ziemlich in Grenzen und tragen eher weniger dazu bei, dass ich mich von diesem Unterhaltungsmedium fernhalte. Auch wenn hin und wieder ein abwertender Kommentar verloren wird, stoße ich trotz allem größtenteils auf positive Kritik. Allerdings ist unsere – ich nenne es einfach mal „Rasse“ – weiterhin ziemlich klein. Das merke ich, wenn ich nur zwei Personen aufzählen kann, die weiblich sind und mit denen ich schon einmal beispielsweise Counter Strike gespielt habe. Und ich merke es an dem überraschten Tonfall, wenn ich auf fremde Stimmen im Teamspeak treffe, die mich mit „Was? Ein Mädchen?“ begrüßen.
Was ist also richtig? Sollten sich die Mädchen lieber wirklich auf ihre „Fachgebiete“ – ich spreche dabei selbstverständlich von den klischeehaften Boygroups, endlosen Shopping-Touren, Make-Up und dem Anhimmeln irgendwelcher Schauspieler – konzentrieren oder ist es vielleicht gar nicht einmal so schlecht? Ich selbst kann natürlich nur aus meiner Perspektive und meinen Erfahrungen sprechen und nur Vermutungen beim anderen Geschlecht aufstellen, die der ein oder andere mit Sicherheit auch revidieren könnte. Wenn ich zurück auf den überraschten Tonfall der Jungs kommen darf, fühlt es sich zugegeben sogar ziemlich gut an, zu einer eher kleineren Gruppe zu gehören. Dadurch hebt man sich in der breiten Masse an männlichen Gamern schließlich hervor und macht es einem damit nicht automatisch auch zu etwas Besonderem?
Nur ein lästiger Patch?
Trotzdem bleiben stets gewisse Zweifel da. Was ist, wenn die Jungs es gar nicht so toll finden, dass man sich in deren Gebiet „eingemischt“ hat? Was ist, wenn sie lediglich höflich sind und hinter dem Rücken über einen lästern? Vielleicht mag der ein oder andere von euch jetzt direkt den Kopf schütteln, aber ich halte diese Perspektive für gar nicht einmal so abwegig. Das Thema der Emanzipation der Frau werde ich hier einfach gekonnt außen vor lassen und mich stattdessen auf das konzentrieren, was der Prozess verursacht hat: Frauen sind überall in der Gesellschaft, in Berufen, etc. etabliert. Brauchen Männer dann nicht ihren besonderen Freiraum, wo sie fernab vom anderen Geschlecht Spaß haben können? Was sich für den einen vielleicht in Form eines Besuches in einer Bar oder eines Fußballspiels gestaltet, kann für andere schnell die Flucht in die Gaming-Welt sein. Und dann trifft man dort plötzlich wieder auf irgendwelche helle Stimmen, die man Mädchen und hoffentlich keinen 14-jährigen Kindern zuordnen kann. Hat man denn gar keine Ruhe mehr vor den Frauen? Müssen sie sich immer überall einmischen?
Die Frage ist dann nur: Wie groß ist der Anteil all derjenigen, die sich nicht über weiblichen Zuwachs in der virtuellen Welt freuen? Und wie viele lügen, wenn sie das Gegenteil davon behaupten? Hier also meine Frage an euch Jungs: Findet ihr es gut, dass die Mädchen euer Territorium betreten haben? Und wie geht ihr mit ihnen um?
Fazit
Geschlecht hin und her. Viel wichtiger ist das, was uns zu einer Gemeinschaft macht: Die Leidenschaft für’s Zocken! Ich denke, dass ich für alle aus meiner Zielgruppe sprechen kann, wenn ich sage, dass wir froh sind, so von euch männlichen Gamern in euren Kreisen aufgenommen worden zu sein. Gerne können abwertende Kommentare wie beispielsweise „Bist du ein Junge?“ tiefe Einschnitte verursachen, aber ihr sorgt dafür, dass man dieses Scheuklappendenken einfach ignoriert und sich lieber auf das konzentriert, was man gerne tut: Videospiele spielen. An dieser Stelle also noch einmal ein persönliches Dankeschön an alle Jungs, mit denen ich bisher das Vergnügen hatte, zu zocken! Trotzdem ist es verständlich, wenn ein Teil der männlichen Gamer lieber unter demselben Geschlecht in der virtuellen Welt verkehren möchte, um sich einmal von den Frauen abkapseln zu können und auch das ist vollkommen in Ordnung.
Zu welcher Gruppe würdet ihr euch zuordnen?