Call of Duty: WW2 ist da und viele hadern noch mit einer eventuellen Anschaffung des Titels. Wir haben uns das Action-Spektakel genauer angeschaut.
Call of Duty: WW2 hat viele Fans des Franchises neugierig gemacht und auch die Interessierten, die der Serie mit den letzten Teilen eher den Rücken kehrten angesprochen. Nach gefühlt unendlichem Weg in die Zukunft, bei dem jeder der Entwicklerstudios noch einen draufsetzen wollte, geht es nun zurück zu den Wurzeln. Vor mehr als zehn Jahren hat die Marke Call of Duty den Zweiten Weltkrieg mehr als sehr gut bedient. Auch der Schritt in eine aktuelle Zeit gelang dem Franchise mehr als gut. Doch gerade Infinite Warfare vom letzten Jahr hat gezeigt, dass Neues nicht immer gut sein muss. Die Community freut sich über einen Schritt vorwärts und gleichzeitig zurück. Doch ist der Ego-Shooter wirklich wieder zur alten Stärke zurückgekehrt?
Story
Im Einzelspieler von Call of Duty: WW2 schlüpfen wir größtenteils in die Rolle von Red Daniels. Lediglich an wenigen Stellen nehmen wir die Rolle eines anderen ein. Daniels hat bei der berühmten 1st Infatry Division angeheuert. Diese ist in den USA besser bekannt als „The Big Red One“. So war diese Divison als erste amerikanische Einheit im Ersten Weltkrieg aktiv und schlug als erste Einheit auch den Feind in Nordafrika sowie Sizilien während des Zweiten Weltkriegs zurück. Auch stelle sich die Big Red One als erster Verband im Vietnamkrieg den Truppen von Ho Chi Minh. Wir dürfen also Teil einer nahezu legendären Division sein. Dennoch wird einem nicht die typische Heldengeschichte eines Amerikaners aufgetischt. Stattdessen starten wir eine typische Tour durch den Zweiten Weltkrieg – ähnlich wie in der TV-Serie Band of Brothers.
So verschlägt es uns über die Normandie nach Paris und von dort aus ins Nazi-Deutschland. Dort kämpfen wir in bekannten Städten wie Aachen und müssen – natürlich – die Deutschen vertreiben. Unsere Kameraden sind dabei nicht einfach nur Mitläufer, die oft störend wirken, wie das in vorherigen Teilen der Fall war. Wir lernen sie immer mehr zu schätzen – und vor allem lernen wir sie auch kennen. Bereits zum Beginn der Kampagne baut man eine Beziehung zu unserem besten Freund Zussman auf. Doch auch die späteren Kameraden rücken immer weiter mit in den Fokus. So erfahren wir auch Ängste der Kameraden, oder was sie bisher geleistet haben. Von Vorteil ist auch, dass unsere Kameraden uns mit Sanitätstaschen, Munition und weiteren Gadgets unter die Arme greifen können. Sanitätstaschen? Ja, richtig gelesen. Im Singleplayer besitzt der Spieler keine automatische Regenerierung seines Lebens mehr, sondern muss sich aktiv heilen.
oder nicht?
Die Story wandelt sich im späteren Verlauf allerdings von der typischen „Europa“-Tour zu einem Konflikt. Dieser entsteht zwischen einem kriegserfahrenen, aber fiesen Sergeant und einem leicht naiven Leutnant. Man darf an dieser Stelle selbstverständlich kein Meisterwerk erwarten, dennoch überzeugen die Wandlung und die Geschichte selbst. Man rennt nicht länger von Mission zu Mission und läuft stupide die Ziele ab. Denn auch die Sequenzen vertiefen das Spiel und die Beziehung zu den einzelnen Charakteren. Unterstützt wird das Ganze von gut geschriebenen Dialogen und vor allem den Details aus dem normalen Leben der Soldaten.
Insgesamt bietet die Kampagne deutlich mehr Abwechslung, als man es von Call of Duty gewohnt ist. An manchen Stellen muss man sich an den Gegnern vorbei schleichen, um nicht in einem offenen Feuergefecht drauf zu gehen. An anderen schlüpft man in die Rollen eines Panzerfahrers, Piloten oder man sitzt am Steuer eines Jeeps. Eine komplette Wandlung bringt uns eine ganz besondere Mission. Hier müssen wir als französische Agentin das Hauptquartier der Deutschen in Paris infiltrieren. Dies geschieht nicht mit der typischen Waffengewalt, sondern mit einem gefälschten Dienstausweis. Wir müssen uns wichtige Elemente merken, denn die Wachposten wollen wissen, was wir dort wollen. So ist es zum Beispiel sinnvoll zu wissen, wer die Ansprechperson im Gebäude ist. Selten hat uns ein Call of Duty-Ableger so begeistert!
Multiplayer
So gut der Einzelspieler auch ist, der Fokus liegt doch auf dem Mehrspieler-Modus. Hier wurde auch einiges überarbeitet und man weiß nicht so recht, wo man anfangen soll. Generell gibt es nicht länger ein einfaches GUI, durch das man navigiert. Startet man den Online-Modus, spawnt man mit seinem Soldaten im Hauptquartier. Das ist der neu eingeführte Social-Hub des Spiels. Hier kann man ziemlich viel machen und entdecken. In erster Linie dient es aber als einfacher Aufenthaltsort, an dem man Waffen testen kann, Bestenlisten einsehen, Aufträge abholen und seine Vorratslieferungen öffnen kann. Die Aufträge werden im Spiel „Befehle“ genannt und können in drei Varianten ergattert werden. Tägliche Aufgaben, die relativ einfach sind und ebenfalls tägliche Befehle, von denen maximal sechs pro Tag abgeschlossen werden können. Diese sind etwas schwerer. Am schwierigsten – oder langwierigsten – sind die wöchentlichen Befehle. Als Belohnung winken Erfahrungspunkte für uns oder seltene Vorratslieferungen – sozusagen Lootboxen.
Der Klasseneditor ist ebenfalls überarbeitet worden. Man hat zwar im Spiel immer noch zehn Klassen zur Auswahl, kann aber lediglich fünf davon konfigurieren. Dabei muss man auch stets eine von fünf Divisionen aussuchen, die unterschiedliche Boni mit sich bringen. Als Infanterist hat man zum Beispiel einen extra Aufsatz für die Primärwaffe verfügbar oder hat ein zusätzliches Magazin dabei. Die Gebirgs-Division kann die eigenen Schritte stumm stellen. Diese Änderung ist im ersten Moment zwar gewöhnungsbedürftig, passt aber sehr gut zum Setting. Wenn man sich konfiguriert hat und ein Spiel sucht, fällt die nächste Änderung auf. Wir haben nicht länger nur eine Liste der Spieler, sondern eine grafische Darstellung der verschiedenen Soldaten in unterschiedlichen Positionen.
Kriegs-Modus!
Die wohl beste Neuerung im Mehrspieler ist und bleibt der War-Mode. Es macht unheimlich viel Spaß, da tut es fast schon ein wenig weh, dass es nur drei verschiedene Karten gibt. Diese Partien sind jeweils in drei Phasen aufgeteilt und die Angreifer müssen bestimmte Ziele in einer festgelegten Zeit erfüllen.
Die Verteidiger müssen dies natürlich verhindern und schaffen sie dies, gewinnen sie. Dabei unterscheidet sich der Call of Duty-Modus aber deutlich von ähnlichen wie bei Battlefield. Es gibt keine Tickets oder andere Siegbedingungen. Es geht lediglich um das Erfüllen oder Verhindern der Ziele. So müssen wir auf Operation Griffin beispielsweise drei Tiger-Panzer zu einem Ziel eskortieren. Dabei bewegen sich diese nur, wenn ein Teammitglied sich in seiner Nähe befindet. Ist keiner in der Nähe, bleibt er stehen. Nähert sich ein Gegner, rollt er zurück. Ist Phase eins geschafft, beginnt Phase zwei. Die Panzer haben nur noch wenig Benzin, also müssen wir Treibstoff stehlen. In feinster Capture-the-Flag-Manier müssen wir die vollen Kanister zum Panzer bringen. Die letzte Phase besteht darin, den Panzer bis zum Ziel zu eskortieren. Taktik ist hier das A und O – und damit etwas Neues in Call of Duty: WW2.
Gameplay
Zum Gameplay gibt es eigentlich nicht sonderlich viel zu sagen. Prinzipiell ist es seit dem Start der Serie gleich geblieben, lediglich Kleinigkeiten haben sich hier und dort geändert. So ist im Vergleich zu den Vorgängern der ganze Humbug der Jetpacks und Exosklette wieder verschwunden. Es ist also nicht länger möglich, an Wänden entlang zu laufen, 15 Meter in die Luft zu springen oder über den Boden nach vorne zu sliden. Allerdings gibt es einen Hechtsprung, den man vollführt, wenn man sich aus dem Sprung hinlegen möchte. Auch der Nahkampf hat sich leicht verändert. Es ist nicht mehr möglich Gegner sofort mit einem Angriff auszuschalten, wenn man eine andere Division als die Infanterie spielt. Diese hat als Einzige ein Bajonett an den Waffen – und das tötet im Nahkampf sofort. Andere Divisionen müssen zwei Mal auf den Gegner einschlagen, oder die US-Schaufel benutzen, die als Sekundärwaffe zählt. Ansonsten sind das Waffengefühl, die Spielmechaniken und alles Weitere, was das Gameplay betrifft, bekannt.
Krieg, wie er ist
Call of Duty: WW2 fasst einen Aspekt des Zweiten Weltkriegs auf, der noch nicht oft den Fokus im Franchise fand. Krieg ist dreckig, schmutzig und vor allem brutal. Vorweg sei gesagt, dass man nicht an die düstere, bedrückende Atmosphäre von World at War herankommt. Dennoch setzt man einen Ansatz, der den Krieg gut widerspiegelt, gut um. In einer der ersten Sequenzen der Story wird einem Kameraden auf einem Landungsboot beispielsweise der Kopf weggeschossen – und man hält unverblühmt drauf. Auch bei Mörserangriffen oder ähnlichen Explosionen zeigt sich, wie grausam Krieg sein kann. Das Setting passt so gut wie kein anderes zum Franchise und Sledgehammer Games machen einen sehr guten Job, was die Einordnung betrifft.
Einen Schwachpunkt hat die Serie allerdings schon seit Jahren: die Grafik. An manchen Stellen sieht man die typischen Call of Duty-Matsch-Grafiken, die wirken, als wären sie aus dem ersten Teil der Serie entsprungen. Dennoch findet man diese nur an wenigen Stellen.
Insgesamt kann sich Call of Duty: WW2 durchaus sehen lassen und macht grafisch einiges her. Gerade die Soldaten sind sehr gut und detailliert umgesetzt. Man merkt, dass die Entwickler mehr auf Details geachtet haben, als auf jede Grafik der Umgebung. Beim Sound kommen die Details jedoch manchmal zu kurz. Manche Waffensounds klingen eher nach einem Metalleimer, statt einer gefährlichen Waffe. Hier hat die Konkurrenz besser vorgelegt und es ist noch Luft nach oben. Alle anderen Sounds sind dafür mehr als überzeugend. Auch die Synchro ist gut gelungen.
Fazit
Call of Duty: WW2 kann die Serie wieder zurück zu altem Ruhm führen. Während manche Fans der Serie bei diesem ganzen Zukunftskram der letzten Jahre abgesprungen sind, macht der neue Teil wieder vieles – fast alles – richtig. Schaut man sich den Titel objektiv an, ohne die allgemeine „Call-of-Duty-ist-kacke“-Brille, zeigt sich das Potenzial vom Zweiten Weltkriegs-Shooter. Sledgehammer Games haben erkannt, dass es nicht länger reicht, einfach nur das Setting zu verändern. Es mussten Änderungen her, die einem auffallen und die einem bewusst werden lassen, dass sich was getan hat. Und genau das ist den Entwicklern gelungen. Das Hauptquartier, der War-Mode und die echt super umgesetzte Kampagne machen das Spiel zu einem sehr guten Spiel. An manchen Stellen gibt es die typischen Schwächen wie matschige Texturen, aber die Vielfalt der Details macht dies wett. Wer sich einen wirklich soliden Ego-Shooter gewünscht hat, ohne dieses Zukunftsgedöns rund ums Springen und Fliegen, macht mit Call of Duty: WW2 nichts falsch. Auch Veteranen der Serie sollten zuschlagen. Meiner Meinung nach das Beste Call of Duty seit mehreren Jahren.