Die erste Langzeitstudie zur Verbindung zwischen gewalttätigen Videospielen und Gewalttaten im echtem Leben wurde abgeschlossen und hat herausgefunden, dass – wer hätte es gedacht – es keine gibt.
Es ist seit jeher ein umstrittenes Thema, ob Videospiele ein Indikator für Schlägereien, Amokläufe und andere Gewalttaten sind. Viele sind sich sicher: Videospiele, vor allem mit gewalttätigen Inhalten, erhöhen die Aggression. Die erste Langzeitstudie widerlegt dies nun.
Die Studie unter der Leitung des klinischen Psychologen Christopher Ferguson der Stetson University, USA, hat für diese Erkenntnis nicht nur Videospiele, sondern jede Art von medialer Gewalt mit gesellschaftlicher Gewalt verglichen. Und zwar nicht nur über einige wenige Jahre, wie es in den meisten Studien der Fall ist. Zur Untersuchung nahm Ferguson Statistiken zwischen 1920 und 2005 – also einem Zeitraum von 85 Jahren. In den 1920er Jahren begannen übrigens die ersten Debatten zur Verbindung zwischen Medien und Gewalt. Und über diese lange Zeit gab es laut Studie nur eine Beobachtung: Gewalttätige Medien stehen in keinem Zusammenhang zu Gewalt im echten Leben. Einziger möglicher Trend: Je mehr der sogenannten Gewaltspiele oder Killerspiele veröffentlicht werden, desto geringer ist die Jugendgewalt.
Bisher untersuchten Studien für gewöhnlich, ob bei Testpersonen, die gewalttätige Spiele spielen und Filme gucken, eine Steigerung der Aggression zu beobachten ist. Ferguson sah darin wenig Sinn, da sich unter diesen Umständen nicht das Verhalten im wirklichen Leben widerspiegelt. Anders ausgedrückt: Wer Aggressiv ist, läuft nicht direkt in die nächste Schule und schießt auf alles, was sich bewegt. Deshalb entschloss sich der Psychologe dazu, die wahren Auswirkungen über mehrere Jahrzehnte zu beobachten und zu untersuchen. Zunächst verglich er dafür das Erscheinen von Filmen mit Gewaltthemen und die Anzahl an Gewalttaten in den entsprechenden Jahren. Während zwischen 1950 und 1990 tatsächlich ein Schub an Tötungsdelikten und Gewaltfilmen zu beobachten war, war in den Jahren 1920 bis 1940 und 1990 bis 2005 ein in Relation gesetzter Rückgang ersteren zu beobachten. Schlussfolgerung: Es besteht keine direkte Verbindung zwischen Film und Gewalt.
Eine ähnliche Beobachtung machte Ferguson auch bei Videospielen. Mit Hilfe des unabhängigen Entertainment Software Rating Boards (ESRB) analysierte er Menge und Grad von Gewalt in Videospielen und verglich diese erneut mit polizeilichen Statistiken. Das Ergebnis: Nach Veröffentlichung von Gewaltspielen ist sogar ein deutlicher Rückgang an Jugendgewalt zu vermerken. Ferguson gesteht jedoch, dass er nicht mit Sicherheit festlegen kann, dass dies nicht nur ein Zufall ist. Tatsache ist jedoch – vor allem da heute mehr mediale Gewalt denn je konsumiert wird – dass es auf gar keinen Fall eine belegbare Verbindung zwischen Gewalt in Videospielen und der Gesellschaft gezogen werden kann. Endlich Schluss mit der bislang endlos erscheinenden Debatte?