In Star Wars Jedi: Fallen Order trifft eine weit, weit entfernte Galaxie auf viele dunkle Seelen und das Ergebnis ist überraschend gut. Doch wie gut ist es?
Star Wars Fans der ganzen Welt haben ihre letzten Hoffnungen auf ein gutes Franchise-Spiel aus dem Hause Electronic Arts in Star Wars Jedi: Fallen Order gesetzt. Immerhin hat es der Publisher geschafft, in sechs Jahren nur zwei Spiele mit der Marke auf den Markt zu bringen – und die kamen alles andere als positiv an. Ist doch vor allem Star Wars: Battlefront 2 jedem Spieler nur im Gedächtnis geblieben, weil es eine riesige Aufregung rund um Lootboxen und Content versteckt hinter Paywalls gab. Und, weil die Amerikaner der Meinung sind, dass Singleplayer-Titel doch sowieso niemanden mehr interessieren. Inklusive der Einstellung des äußerst vielversprechend wirkenden „1313“, das nie das Licht der Welt erblicken konnte.
Nun bekommen wir also mit Jedi: Fallen Order scheinbar das präsentiert, worauf wir Fans solange gewartet haben. Oder? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn die lange Wartezeit – nach The Force Unleashed kam nicht mehr wirklich was – hat viele verschiedene Vorstellungen und Wünsche geweckt. Um eines vorweg zu nehmen: Star Wars Jedi: Fallen Order ist das beste Star Wars-Spiel seit Jahren. Vielleicht auch eines der besten im Allgemeinen. Doch trotz einiger guter oder sehr guter Ansätze und Aspekte gibt es vor allem auch einige negative Dinge, die recht störend sind. Und genau darauf werden wir nun eingehen.
Eine herzerwärmende Freundschaft
Star Wars Jedi: Fallen Order kann etwa 20 Spielstunden begeistern und erzählt in dieser Zeit eine Geschichte, die zwar vom Inhalt her absolut nichts Neues ist und vor allem Fans des Franchises zu Genüge kennen, doch das ist gar nicht schlimm. Das „Was“ ist nicht die große Stärke des Spiels, sondern das „Wie“. Und das ist verdammt gut umgesetzt. Es kann sogar die ähnlichen Erzählstränge eines Star Wars: Rebels, The Force Unleashed oder der Bücher schlagen. Der innere Kampf von Protagonist Cal Kestis ist auf jeder Ebene spürbar, wird er doch einfühlsam inszeniert. Seine Verzweiflung und Hoffnung über den Untergang der Jedi bleibt gleichermaßen greifbar. Auch jede andere Figur, der wir im Laufe der Geschichte begegnen, hat eine Persönlichkeit. Sie hat etwas verloren und führt ebenfalls einen inneren und äußeren Konflikt. Dieser Kampf ist am Ende intelligent mit dem Gameplay verwoben.
Beispielsweise erlernt unser Protagonist im Verlauf neue Fähigkeiten. An diese erinnert er sich nicht bloß und sie sind wie von Zauberhand in unserem Repertoire, sondern wir erleben das entsprechende Tutorial als interaktive Erinnerung Cals aus den Klonkriegen. Doch es sind nicht nur Einführungen in die Fähigkeiten, wir erfahren so auch immer wieder etwas über Cal und seine Beziehungen. Beispielsweise über die zu seinem Meister, oder sogar von seinen eigenen Schuldgefühlen. Doch am besten verschmelzen Gameplay und Story bei unserem kleinen Droiden BD-1. Auch, wenn wir wirklich durchgehend auf den kleinen Droiden angewiesen sind – es fühlt sich nie gezwungen an oder wirkt störend. So wird mit der Zeit ein einzigartig und wirklich herzerwärmendes Band der Freundschaft der beiden geknüpft. Schon nach relativ kurzer Zeit haben wir sogar Mitleid mit BD-1, wenn er ein kleines Problem hat.
Ein guter Mix
Diese Liebe zum Detail wirkt sich auch auf das Design der Spielwelt aus. Man merkt sofort, von welchen vorangegangen Titeln sich die Entwickler bei Respawn Entertainment haben inspirieren lassen. Bei der Inszenierung und der vielen Kletterei springen einem sofort die Uncharted- und neuen Tomb-Raider-Teile ins Gesicht, während man beim Kampf die ganz großen Spiele Dark Souls und God of War spürt. Beim Erkunden sticht dann vor allem eines hervor: Metroid Prime. Beim Durchstreifen der weitgehend verlassenen Welten scannen wir Flora und Fauna und offenbaren längst vergessene Geschichten. Vor allem die gigantischen Wracks alter Klonkriegs-Schiffe auf Kashyyk, die ebenfalls Geschichten erzählen, lassen uns sprachlos werden.
Dennoch hat das Environmental Storytelling seine Grenzen und kann nicht annähernd auf das meisterhafte Level eines Dark Souls aufschließen. Viel zu selten wird das Erkunden der Welten mit sinnvollen Geschichten belohnt, die substanzielle Hintergrundinformationen mit sich bringen. Außerdem werden die Fundsachen lediglich in Menü-Datenbanken als spröder Text hinterlegt. In den Kisten, die es ebenfalls auf jedem Planeten gibt, lassen sich zwar neue Lichtschwertteile und Outfits entdecken, doch die sind rein kosmetisch. Es mag zwar für den ein oder anderen durchaus interessant sein, den Lichtschwert-Griff eines Obi-Wan Kenobis mit grüner Klinge in Kestis‘ Händen zu sehen, doch spielerisch bringt dies keinerlei Einfluss mit sich. Auch hier laden die Belohnungen nicht wirklich zum Erkunden ein.
Ein Lichtschwert sie zu knechten
Das Lichtschwert lässt sich zwar nur optisch verändern, dafür fühlt es sich genau so an, wie man es sich anhand der Filme vorstellen würde. Es ist eine mächtige und tödliche Waffe, die aber zu keinem Zeitpunkt eine Übermacht darstellt. Das bedeutet, dass auch die Kämpfe zu jedem Zeitpunkt fordernd bleiben und nie wirklich einfach sind – es sei denn, man spielt den einfachsten Schwierigkeitsgrad. Ansonsten beißt man bereits auf dem zweiten Grad zuverlässig ins Gras. Beim höchsten Schwierigkeitsgrad kommen Frustgefühle á la Dark Souls durch. Vor allem auch, weil die verschiedenen Gegnertypen andere Herangehensweisen brauchen und eigene Stärken und Schwächen haben. Während einfache Sturmtruppler keine Gefahr darstellen, sieht es bei den schweren Purge Troopern schon ganz anders aus. Steht uns dann auch noch ein Mini-Rancor gegenüber, können wir ziemlich schnell das zeitliche Segnen. Zumindest solange, bis wir wissen, wie man sich ihm entgegenstellt.
Grundsätzlich gilt aber, dass Präzision und Taktik im Vordergrund stehen, ähnlich wie das bereits bei Sekiro – Shadows Die Twice von From Software der Fall ist. Mit plumpen draufknüppeln kommen wir nicht weit. Außerdem verhält es sich mit den Erfahrungspunkten ähnlich, wie im angesprochenen Beispiel. Denn segnen wir einmal das Zeitliche, verlieren wir alle Erfahrung, die wir seit dem letzten Skill-Punkt gewonnen haben. Diese können wir wiederum an Meditationspunkten – Leuchtfeuern – investieren. Meditieren wir dort, respawnen aber auch die Feinde, die wir aus dem Weg geräumt haben. Apropos: Haben wir einmal unsere gesammelte Erfahrung an einen Gegner verloren, reicht es, ihn einmal zu schlagen und wir bekommen unser Zeug zurück. Allerdings muss man auch erst mal wieder dorthin kommen.
Begrenzter Skillbaum
Zwar können wir an den Meditationspunkten auch unsere Fähigkeiten verbessern beziehungsweise neue lernen, doch dies geschieht mit einer starken Beschränkung durch die Kampagne. Auf den ersten Planeten gibt es kaum Raum zur Entfaltung und kaum Fähigkeiten, die uns wirklich eine Hilfe sind. Diese werden erst im späteren Verlauf mächtig, da sich dann der Machtvorrat erhöht hat und wir so verschiedene Fähigkeiten kombinieren können. Dies ist uns am Anfang leider verwehrt. Hier gaukelt uns der Skillbaum also zunächst mehr vor, als er in Wirklichkeit ist. Das zieht sich auch durch das ganze Spiel so weiter, denn auch die vermeintliche Erkundungsfreiheit findet schnell ein Ende.
Zu Beginn der Kampagne können wir uns einen von zwei Planeten aussuchen, den wir bereisen möchten. Wählen wir da allerdings Dathomir, stoßen wir recht schnell auf eine Sackgasse. Selbst, wenn wir die zu dem Zeitpunkt noch starken Gegner besiegen. Zwar ändert sich das noch geringfügig im späteren Verlauf, allerdings bleibt es dabei, dass es kaum lohnenswerte Sachen zum Entdecken gibt. Und das wohl größte Manko fällt uns auf, wenn wir das erste Mal auf einen bereits bereisten Planeten zurückkehren: Es gibt keine Schnellreise. Müssen wir also dank des Backtrackings erneut den Wookie-Planeten Kashyyk besuchen, müssen wir den gesamten Weg zu Fuß zurücklegen, bis wir zu der Stelle kommen, an der wir nun weiterkommen können. Und denkt daran: Ihr müsst auch wieder zurück zum Schiff.
Fazit
Maurice „DerSkotschir“ Skotschir: „Mit Star Wars Jedi: Fallen Order haben die Entwickler bei Respawn Entertainment kein Meisterwerk geschaffen. Dennoch verfolgt das Spiel viele gute Ansätze, die es leider nicht konsequent genug zu Ende denkt. Denn das Vereinen verschiedener Elemente der besten Action-Adventures der letzten Zeit reicht einfach nicht aus, wenn man sie nur halbherzig berücksichtigt. Zwar sind die Kämpfe knackig und können auf höheren Schwierigkeitsgraden durchaus mit den großen From Software-Titeln mithalten, doch die Tatsache, dass man zu jedem Zeitpunkt im Spiel die Schwierigkeit verändern kann, tut hier seinen Abbruch. Die vorgegaukelte Freiheit, alles erkunden zu können, wann man will, endet bereits auf dem ersten Planeten, den man in der Story besucht. Viel zu oft begegnet man Passagen, für die man später zurückkehren muss – und muss dann auch noch den kompletten Weg zu Fuß zurücklegen, ohne Schnellreise. Auch die inszenatorisch gelungenen, actionreichen Kletterpassagen sind zwar gut umgesetzt, können aber nicht wirklich an die Vorbilder herankommen. Einzig und alleine die liebevoll gestalteten Welten, gespickt mit interessanten Orten und der wirklich hervorragend umgesetzten Geschichte trösten darüber hinweg. Und das auch wirklich gut. Es juckt einem ständig in den Fingern zu wissen, wie der Konflikt von Cal Kestis und die Freundschaft zu BD-1 verläuft. Star Wars-Fans werden wohl erstmal nichts Besseres bekommen.„