Kann ein Launch schlechter laufen als bei Battlefield 4? Kein Problem, beweist Sony eindrucksvoll und schafft es, mit dem Early Access Launch von H1Z1 einen der größten Shitstorms der Gaming-Geschichte zu provozieren.
Dabei hatte alles doch so gut angefangen: Groß war die Begeisterung in der Community, als Sony im April 2014 einen Zombie-Survival vorstellte, der alles so viel besser machen sollte als der bisherige Platzhirsch DayZ.
Die Entwickler versprachen, hacken sei unmöglich, es gäbe spannende Features, kaum Bugs und das beste: H1Z1 sollte komplett kostenlos sein. Mikrostransaktionen seien komplett optional, versprachen die Entwickler im April 2014, es könnten keine spielerischen Vorteile, sondern lediglich visuelle Charakteranpassungen erworben werden. Die Community nahm die Neuigkeiten freudig auf und H1Z1 wurde zu einem viel erwarteten Spiel. Auch die Tatsache, dass der seit heute verfügbare Early Access im Gegensatz zum finalen Spiel nicht kostenlos spielbar ist, konnte die Begeisterung nur wenig trüben. Doch dann wendete sich das Blatt.
Wir werden KEINE Waffen, Munition, Essen, Wasser oder ähnliches verkaufen. Würden wir das tun, würde dies das Spiel zerstören. – John Smedley, H1Z1 Entwickler im April 2014
Einige Stunden nach Launch des Early Access gaben die Entwickler bekannt, dass durch Miktrotransaktionen erwerbbare Airdops auch Waffen und Munition enthalten, man sich also durch Echtgeld spielerische Vorteile verschaffen kann. Nicht nur sehen dadurch viele Spieler H1Z1 als Pay2Win Titel, auch herrscht Empörung darüber, dass die Entwickler diese Information erst nach Launch des Early Access bekannt gegeben hatten, während die Existenz von durch Mikrotransaktionen erwerbbarer Waffen noch kurz vor dem Launch bestritten worden waren. Noch vor wenigen Monaten hatten die Entwickler von Sony ganz richtig erkannt, der Sinn eines Survival-Games wäre nichtig, wenn man sich durch Mikrotransaktionen Vorteile in Form von Waffen, Munition oder Nahrungsmitteln verschaffen könne. Doch genau das ist schon im Early Access möglich: Wer bezahlt, bekommt einen Airdrop, der Überlebenshilfen wie Waffen und Munition enthalten kann. Auch die Rechtfertigung der Entwicklung, dass der Kauf eines Airdrops keine Garantie für Waffen und Munition sei, da der bezahlte Airdrop auch von anderen Spielern entdeckt und geplündert werden oder sogar von Anfang an leer sein kann, hilft da nur wenig.
Wir haben uns entschieden, bezahlte Airdrops in das Spiel einzubinden. Diese enthalten Dinge wie Waffen und andere Sachen, die zufällig ausgewählt werden. – H1Z1 Entwicklerteam nach dem Early-Access-Launch
Doch das ist nicht der einzige Grund für den Shitstorm: Schon vor einige Tagen war bekannt geworden, dass zum Launch nur knapp 200 Server zur Verfügung stehen, die ausschließlich in den Vereinigten Staaten stehen. Jetzt wird klar, dass dieses Kontingent keinesfalls ausreichend sind: Die wenigen verfügbaren Server sind restlos überfüllt, viele Käufer des Early Access berichten davon, dass sie mehrere Stunden gebraucht haben, um auf einen Server zu kommen. Für einen multinational agierenden Konzern wie Sony sind derartige Missstände bei Launch eines viel promoteten Titels untragbar. Wer es dann schließlich auf einen Server schaffte, wurde weiter enttäuscht: Ein Steam-Nutzer schreibt, das Spiel enthalte alle aus DayZ bekannten Bugs, nur noch viel mehr. Die Map sei öde und leer, kritisiert ein anderer Steam-Reviewer, man zahle 20 Euro für einen Bildschirmschoner. Natürlich ist H1Z1 ein Early Access Titel, bei dessen Kauf sich Spieler darauf einrichten, dem einen oder anderen Bug zu begegnen. Doch wenn ein Entwicklerteam ausdrücklich damit wirbt, in Bezug auf Bugs das bessere DayZ zu sein, ist eine derartige Häufung an Fehlern nicht zulässig.
Unspielbar und falsche Werbeversprechen – Steam Review
Auf Reddit tobt die Community, auf Steam hagelt es negative Reviews. Einige Nutzer drohen sogar damit, Sony zu verklagen: Da Sony die Möglichkeit bezahlter Airdrops erst nach dem Launch bekannt gab, das Spiel jedoch davor ausschließlich dafür bewarb, nicht Pay2Win zu sein, beschweren sich viele Spieler nun über falsche Werbeversprechen und Betrug und werfen Sony vor, die bezahlten Airdrops schon von Anfang an geplant zu haben. Was Sony zu der unpopuläre Umentscheidung bewogen hat, ist unverständlich. Erfolgreiche Spiele wie Dota und League of Legends beweisen, dass Free-to-Play Titel jede Menge Geld erwirtschaften können, ohne Pay2Win zu sein. Auch Besserung ist nicht in Sicht: SOE-Präsident John Smedley möchte die Airdrops nicht abschaffen, stattdessen soll der Abwurfradius vergrößert und die Chance auf Waffen verringert werden. Die Airdrops seien ein Server-Event für alle Spieler, argumentiert Smedley, der Loot nur ein Ansporn für den Kampf um den (bezahlten) Airdrop. Wer H1Z1 als Pay2Win Titel ansehe, solle es einfach nicht spielen, beendet der Sony Online Entertainment CEO die Rechtfertigung. Sony hat es innerhalb von 24 Stunden geschafft, ein von einer großen Community unterstütztes Spiel zu einer restlosen Enttäuschung werden zu lassen und einen wahrhaft apokalyptischen Launch hinzulegen. Was meint ihr dazu?