Deutschlands Spieleindustrie ist groß und auch produktiv, doch sie wirkt oft unbeholfen, versucht sich selbst zu inszenieren und meistens denkt man eher an billige Simulatoren als an große Spieleproduktionen.
Deutschlands Spieleindustrie, das entlockt vielen Gamern meist eher ein müdes und mitleidiges Lächeln als ein euphorisches und freudiges Grinsen. Wenn man darüber nachdenkt, was in den letzten Jahren aus Deutschland überhaupt konkurrenzfähig am Markt erschienen ist, dann muss man sich schon sehr anstrengen und denkt zunächst vermutlich an die großartigen Crysis-Spiele von Crytek und als Liebhaber von Click-and-Point-Spielen vielleicht noch an die dank dem YouTuber Gronkh bekannten Deponia-Spiele. Doch hat unsere Spieleindustrie auch mehr als den gefühlt hundertsten Bussimulator zu bieten und eine Firma, die seit Jahren eigentlich pleite ist? Natürlich, auch in Deutschland sind Games in der Gegenwart angekommen, der eSport wächst auch hier immer weiter und immer mehr sind in der Branche beschäftigt. Dennoch, irgendwie verbindet man eher Simulatoren mit Deutschlands Spieleindustrie als eine erstaunliche und auch durchaus sehr erfolgreiche Vielfalt an Entwicklern, die weltweit Preise einheimsen und viel mehr für Deutschland stehen sollten.
Doch woran liegt es, dass die Spielindustrie in Deutschland so sehr im Hintergrund bleibt? An erster Stelle wären da die großen Publisher wie Electronic Arts oder Ubisoft zu nennen, die einem eher im Kopf bleiben als Entwickler wie Blue Byte. Blickt man einmal über die Grenze nach Polen, dann sind die erfolgreichen Spiele, die für die aufstrebende und dynamische Spieleindustrie bei unseren Nachbarn stehen ohne Publisher vermarktet, die Studios, die in den letzten Jahren Erfolge und Auszeichnungen gesammelt haben, sind alle noch unabhängig. Kein Wunder, dass man bei Spielen wie The Witcher 3 oder auch dem kommenden Sniper Ghost Warrior 3 nicht an EA und Konsorten denkt, sondern an die Entwickler dahinter. Auch wenn die Spieleindustrie in unserem Land sich über zahlreiche, auch staatlich geförderte Preise immer wieder selbst inszeniert, so bleiben viele im Hintergrund. Schaut man dann auf Übersichten über deutsche Entwickler, dann fällt einem schnell auf, dass der Nährboden der Spieleindustrie hier weitaus mehr bietet, als den Landwirtschaftssimulator. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist Anno 2205. Vielen ist der Titel als Ubisoft-Spiel bekannt, doch im letzten Jahr gewann das Spiel bei dem deutschen Entwicklerpreis in der Kategorie „Bestes deutsches Spiel“. Verantwortlich ist das in Mainz sitzende Studio Blue Byte.
Vor allem die Crysis-Reihe ist ebenfalls ein gutes Beispiel für die sehr erfolgreiche und sehr gut arbeitende deutsche Spieleindustrie, aber auch Stellvertreter für die Probleme. Obwohl die Crysis-Reihe überaus erfolgreich ist, so hat das Studio dahinter, Crytek, die auch für die CryEngine und Far Cry verantwortlich sind, erhebliche Probleme, galt zwischenzeitlich als insolvent und ist nur durch ein Wunder überhaupt noch existent. Eine Erfolgsgeschichte ist hingegen das Studio Daedalic Entertainment, die für grandiose und wunderschöne Spiele wie Deponia, Harvey’s Neue Augen und Edna bricht aus verantwortlich sind. In den Spielen steckt viel Liebe, die Geschichten werden sorgfältig und liebevoll erzählt und der Humor ist steter Begleiter. Das größte Glück für die Entwickler war aber nicht eine Spielepreis, der deutsche Spiele würdigt, sondern der als Gronkh bekannte Erik Range, der die Spiele durch Let’s Plays erfolgreich und beliebt machte. Daedalic freuts, denn besser kann man es als deutscher Spieleentwickler nicht erwischen, als vom größten und erfolgreichsten deutschen YouTube-Channel gepusht zu werden. An dieser Stelle darf man sich dann fragen, welche Berechtigung dann überhaupt noch ein Preis hat, der zwar vor allem deutsche Spiele würdigen soll, aber mehr die ohnehin schon bekannten Studios würdigt und dabei nicht mal ansatzweise wirklichen positiven Einfluss auf die Verkaufszahlen nehmen kann.
Der Branchenverband der deutschen Spieleindustrie pusht den Preis, nutzt ihn aber vielmehr zur Selbstinszenierung. Das ist grundsätzlich auch nicht schlecht, wenn man die aktive, kreative und vor allem große Gaming-Community in Deutschland bedenkt. Während selbsternannte „Experten“ den vermeintlich notwendigen Kampf gegen Computerspiele und ihre Spieler führen, wächst die Community immer weiter an und der eSport, der einen wichtigen teil dieser Community stellt, gedeiht, wächst auch immer mehr. Die DeSBL nimmt immer mehr Teams in die Ligen auf, die großen deutschen Teams wie PENTA Sports oder mousesports sind immer mehr Menschen ein Begriff und dank der gamescom ist die Spieleindustrie der Welt regelmäßig in Deutschland zu Besuch. Kurz: Gaming ist längst in Deutschland angekommen, nur leider kommen dabei deutsche Games zu kurz. Dabei hat die Spieleindustrie in Deutschland unfassbar viele Kreativtalente und geniale Ideen, nur ist es schwer, ein Spiel erfolgreich zu vermarkten, wenn niemand die Entwickler kennt. Dank Steam Greenlight ändert sich auch das immer mehr und wir haben mittlerweile eine unfassbare Menge an Indie-Spielen, die erfolgreich sind, nur kommen auch da die großen Erfolge nicht aus Deutschland. Schade, denn Spiele wie Crysis, Anno 2205 oder auch Harvey’s Neue Augen zeigen, dass Deutschland eigentlich ganz vorne mitspielen könnte, es aber leider nicht oft genug tut. Und ja, auch den Risen- und Gothic-Entwickler Piranha Byte sollte man an dieser Stelle erwähnen. Insgesamt aber zeigt sich eine Entwicklung, die wir als Gamer in Deutschland nur loben können, denn immer mehr Entwickler bringen auch deutsche Spiele erfolgreich auf den Markt und es sind eben nicht nur Simulatoren, über deren Qualität man durchaus streiten kann.