Der ZDF ist bekannt für seine Dokus und Diskussionsrunden im Fernsehen. Diesmal hat sich der Sender jedoch wieder dem beliebten Thema „Killerspiele“ angenommen.
Man kann sagen, was man will, aber das Thema Killerspiele und Ballerspiele wird einfach nicht alt. Immer wieder werden die Diskussionen darüber hervorgeholt, wenn der nächste Schüler sich dazu entschließt, Waffen zu besorgen, seine Schule zu stürmen und sich an all den Menschen zu rächen, die dafür gesorgt haben, dass seine Schulzeit sich zu einer reinen Hölle entwickelt hat. Bisher ließ sich der Zusammenhang zwischen gewaltverherrlichenden Spielen und Amokläufe jedoch nicht wissenschaftlich nachweisen und bestätigen.
Ich weiß nicht, wie es euch damit geht, aber langsam werden die Diskussionen darüber immer langweiliger und eintöniger. Man kann es einfach niemandem Recht machen. Meistens sind es die bereits etwas Älteren in unserer Gesellschaft, die sich besonders darüber echauffieren müssen. Aus reiner Sturheit heraus halten sie daran fest, dass Videospiele nicht gut für die Gesellschaft sind. Da kann noch so viel diskutiert werden, wie man will. Witzig finde ich es aber dann, wenn die Worte besonders von Personen ausgesprochen werden, die noch nie zuvor eines dieser „Killerspiele“ gespielt haben. Dadurch kann man seine Argumentation jedenfalls sehr schön unterstreichen.
Fakt ist jedoch, dass bereits zahlreiche Studien zur Medienwirksamkeit durchgeführt wurden. Alle kamen aber zu unterschiedlichen Ergebnissen, was unter anderem auch damit zusammenhängt, dass der Fokus in jeder Studie auf ein anderes Problem oder auf andere Hypothesen gestützt war und die Durchführung der empirischen Überprüfung auch immer wieder anders gelang. Somit gibt es nun einmal Studien, die bestätigen, dass gewaltverherrlichende Medien einen Einfluss auf die Jugendlichen ausüben und Studien, die das Ganze widerlegen, weil sich kein signifikanter Zusammenhang finden lässt. Allerdings sind es auch meistens genau diese Medien, die die Diskussion immer wieder entfachen wollen. Sei es durch die geniale Reportage von RTL auf der gamescom oder durch provozierende Dokumentationen, die nur so von falschen Fakten strotzen. Wie kann man da eigentlich noch ernst genommen werden?
Aus diesem Grund reagierte ich auch mit gemischten Gefühlen, als der ZDF bekannt gab, dass man eine mehrteilige Doku zum Thema „Killerspiele“ ausstrahlen werde. Allein der Titel der Reihe sagt mir schon, worauf es der Sender insbesondere ausgelegt hat: Man möchte das breite Publikum ansprechen, indem man eine immer wiederkehrende Diskussion zu neuem Leben erweckt. Wir Spieler können nur mit den Augen rollen. „Killerspiele“? So möchte man uns also damit anlocken einen Blick auf die Doku zu werfen. Werden die Inhalte dann genauso provokativ sein oder kann man vielleicht auch mit einer gut recherchierten Doku rechnen? Ich habe mich einmal der Aufgabe angenommen und den ersten Teil der „Killerspiele“-Reportage angeschaut.
Alles beginnt mit dem 26. April 2002 in Deutschland. An diesem Tag entschließt sich Robert Steinhäuser dazu, einen Amoklauf in seiner Schule in Erfurt durchzuführen. Bei der Untersuchung seines Zimmers, welche man nach der Tat unternommen hatte, fand man heraus, dass er Videospiele gespielt hat. Natürlich. Wenn das mal kein typischer Aufhänger ist, um die Zuschauer an die Reportage binden zu können. Die Gamer_innen werden mal wieder mit dem Kopf schütteln, die ach so cleveren Professoren zustimmend nicken. Trotzdem werden beide Zielgruppen nicht umschalten, sondern vielmehr schauen, was die Doku noch so alles erzählen möchte.
Die Dokumentation ist so aufgebaut, dass die Gewalt in Videospielen mit der Entwicklung aller Spiele selbst aufgezeigt wird. Den Anfang macht damit das bekannte Spiel Pong aus dem Jahre 1972, bis man in chronologischer Reihenfolge schließlich in 1977 auf Death Race und damit auf die erste große Videospieldebatte stößt. In Death Race besitzt der Spieler die Aufgabe, ein verpixeltes Auto zu steuern und damit Strichmännchen zu überfahren, die hin und wieder auf dem Bildschirm auftauchen. Damit brach die Debatte um die gewaltreichen Videospiele in den USA an. Mich hätte es ehrlich gesagt jedoch nicht gewundert, wenn es Deutschland gewesen wäre, wo das Thema seine Anfänge findet.
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Im Vergleich zu heutigen Spielen erscheinen die gezeigten Szenen zu Death Race und Barbarian, ein weiterer damaliger brutaler Titel, ziemlich harmlos. Wie soll man denn auch Gewalt verspüren, wenn man teilweise noch nicht einmal erkennen kann, was man da gerade auf irgendeine Art und Weise getötet hat? Für die damalige Zeit war das jedoch eine reine Katastrophe. Gut, das nehme ich dann einfach mal so hin.
Natürlich konzentriert sich die Doku vor allen Dingen auf die Jugendlichen in Deutschland, die mit den Videospielen in Kontakt treten. Auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien findet ihren Platz in dem Video. Schließlich sind die dortigen Personen dafür zuständig zu entscheiden, was in Deutschland veröffentlicht werden darf und was nicht. Überraschend sind jedoch die Angestellten dort, die sich, zumindest in den 80er-Jahren, ausschließlich auf Frauen beschränkte. Ich möchte an dieser Stelle auf keinen Fall die weibliche Bevölkerung auf irgendeine Art und Weise schlecht reden, schließlich zähle ich mich auch irgendwo zu ihnen, aber viele literarische Texte und Studien weisen auf, dass Männer gewalthaltige Medien sehr viel besser verkraften können als Frauen. Liegt es also vielmehr an den teilweise auch etwas älteren Damen, dass einige Spiele in Deutschland verboten wurden? Weil sie womöglich eine ganz andere Toleranzgrenze besitzen?
Ob ein Spiel indiziert oder gar verboten wird hängt immer von der subjektiven Meinung der Prüfstelle ab. Tatsache ist jedoch, dass diese jeden Titel vorher einmal durchgespielt haben muss, bevor es ein Urteil darüber treffen kann, wer Zugang zu dem Game erhalten darf und wer nicht. Dafür bezahlt zu werden Spiele komplett durchzuspielen? Ich glaube, ich sollte mich da mal bewerben. Das Taschengeld hier reicht ja gerade einmal für ein Mittagessen in der Mensa…
Was ich allerdings gut an dieser Doku finde ist die durchaus seriös gehaltene Berichterstattung. Auch wenn das Ganze einen ziemlich provokativen Anfang hat, wird das Thema ziemlich interessant beleuchtet. Sogar namhafte Personen, wie John Romero (*hust* Doom *hust* Wolfenstein *hust*) haben ihren Platz gefunden. Besagte Person hat übrigens erwähnt, dass Doom durchaus provokant sein sollte. Das muss wohl auch der Schlüssel zum Erfolg sein.
Dass provokative Spiele tatsächlich Aufmerksamkeit erregen können, lässt sich an dem aktuellen Beispiel von Hatred festmachen. In der Rolle eines von Hass triefenden Mannes habt ihr die Aufgabe alle Menschen auf der Straße mit den euch gegebenen Mitteln zu töten. Da wird auch einmal einer zu Boden gefallenen Frau durch einen Schuss in den Mund der Garaus gemacht. Der Shooter hat definitiv für Gesprächsstoff gesorgt. „Cool!“- sagen die einen. „Total bescheuert!“ – die anderen. Hatte man nicht eigentlich schon jahrelang krampfhaft versucht das Medium Videospiel ins richtige Licht zu rücken? Muss so ein Spiel das komplette Image wieder zerstören? Oder lassen sich die Spieler mit dem Titel einfach nur zu stark provozieren? Immerhin hat sich der Titel insgesamt 90.ooo Mal allein auf Steam verkauft.
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Zum Schluss des ersten Teils folgt ein Rückgriff zum guten alten Thema der Amokläufe. Wie? Durch Mods. Schließlich sind es die Mods, die es ermöglichen, dass Spiele in andere Settings versetzt werden können. Dazu zählt auch ein Doom oder ein Counter-Strike in der virtuellen Version einer Schule. Da steht ich dann also, mit einer Waffe in der Hand, in einem verpixelten Flur einer Schule. Unterscheidung zwischen Fiktion und Realität? Geht ja mal gar nicht…
Habt ihr euch den ersten Teil der Doku angesehen? Wie lautet eure Meinung dazu? Schreibt es uns in die Kommentare und diskutiert mit!