Immer mehr Survival-Spiele sollen einem den Kick eines Überlebenstrips geben, aber was macht überhaupt den Reiz aus, sich dem Kampf ums nackte Überleben zu stellen?
Immer öfter liest man über neue Spiele, welche den Spieler in eine unbekannte Welt verfrachten, teilweise mit nichts anderem außer seiner Unterhose, und ihn dann einfach mal machen lassen. Der Spieler muss sich Gedanken um den Nahrungs- und Flüssigkeitsnachschub machen, er muss sich eine Behausung schaffen oder etwas Vergleichbares finden, muss sich Werkzeuge herstellen um sich seine Umwelt zunutze zu machen und sich in den allermeisten Fällen auch gegen irgendeine Art von Gegner wehren. In den meisten Fällen müssen dafür natürlich Zombies herhalten. Wenn einem nichts Gescheites einfällt, nimmt man halt Zombies.
Aber es gibt glücklicherweise ja auch genug Survival-Spiele in denen es nicht um Zombies geht sondern, beispielsweise um kannibalistische Eingeborene wie in The Forest, oder 20 Meter große Dinosaurier wie im Falle von Ark: Survival Evolved oder auch einfach nur um die Thematik Mensch gegen Natur wie bei Rust.
Warum tue ich mir das überhaupt an
Was ist also nun der Grund dafür, dass wir uns freiwillig in diese gefährliche Situation begeben, welche uns in den meisten Fällen nur den sicheren Tod bringt. Warum riskiere ich Kopf und Kragen bei der Suche nach Ausrüstung, Waffen und Nahrung. Ganz einfach, weil es einfach unglaublich viel Spaß macht und den gewissen Nervenkitzel bietet den man in vielen anderen Spiele-Genre vermisst.
Dabei fängt fast jedes Abenteuer gleich an. Man erwacht an einem Strand, in einem abgestürzten Flugzeugwrack oder einem ähnlich verlassenen Fleckchen Erde und hat bis auf Hunger und Durst erst mal nichts. Ein Mission-Briefing gab es nicht, das Quest-Log ist auch leer, also was mach ich nun hier und vor allem wie. Aus diesem Grund geht man erst einmal los und probiert alles aus. Hier und da kann man was mitnehmen, Klamotten, Verpflegung, Rohstoffe, also alles was man für den Anfang zum Überleben benötigt.
Nach der Sicherung der Grundversorgung überlegt man sich den nächsten Schritt. Für die Nacht wäre ein Feuer gar nicht verkehrt, zumal man sich an diesem nicht nur wärmen sondern auch das eben gefangene Kaninchen zu einer köstlichen Mahlzeit zubereiten kann. Schließlich müssen wir den nächsten Tag gestärkt und voll motiviert zur Tat schreiten, wir brauchen einen richtigen Unterschlupf, eine Wasserversorgung und leider Gottes wohl auch eine Verteidigungslinie, denn wer weiß, was uns in den Tiefen des Waldes noch so erwartet. Aber zuallererst müssen wir die Nacht überleben… Huch, was war das für ein Rascheln?
Soziales Experiment
Was viele Spieler oft an diesem Genre begeistert ist die soziale Komponente, welche in so gut wie jedem Survival-Spiel vorhanden ist. Zu den sozialen Aspekten könnte man wahrscheinlich ganze Abhandlungen verfassen, deshalb werde ich mich hier nur auf das wesentliche konzentrieren und meine persönliche Erfahrungen schildern.
Wir befinden uns in Chernarus, der fiktiven Welt von DayZ. Es ist früh am morgen, aber statt Sonnenstrahlen und Vogelgezwitscher erwartet uns ein kalter Regenschauer. Auf meiner Suche nach Ausrüstung und Nahrung bin ich auf einen alten verlassenen Militärstützpunkt gestoßen. Am Ende des Flugfeldes erkenne ich einige Häuser und Baracken, welche hoffentlich eine Menge Gegenstände für mich bereit halten. Also ab Marsch, Richtung trockenem Unterschlupf.
Nachdem ich das erste Gebäude betreten und den ersten Raum durchsucht habe, höre ich eine Stimme, die mich fragt „Freund oder Feind?“. Zuerst hatte ich vor, diese Frage einfach zu ignorieren und das Gebäude zu verlassen. Aber nur Sekunden später wieder die Frage „Freund oder Feind?“. Die Person schien im oberen Stockwerk zu sein. Ach was soll’s, ich antworte mit „Freund“ und ging die Treppe nach oben und signalisierte mit erhobenen Händen, dass ich nicht auf Stress aus war. Natürlich war dies auch eine verdammt gefährliche Situation für mich. Es hätte ja gut sein können, dass mein Gegenüber diese Situation ausnutzt, mir eine Kugel in den Kopf jagt und sich an meinen Gegenständen erfreut. Aber ich hatte Glück, der andere Spieler hatte anscheinend genauso wenig Bock darauf hier eine Schießerei anzuzetteln und steckte nach einem kurzen Augenblick ebenfalls seine Waffe weg. Das Ende vom Lied war, dass ich nach kurzem Tauschhandel mit zwei neuen Waffen, einem neuem Kleidungsstück und etwas Nahrung aus dieser Situation heraus kam.
Solche Spielverderber
Allerdings hab ich auch ein absolutes Negativbeispiel für soziale Inkompetenz und Feigheit eines anderen Spielers. Gleiches Spiel, anderer Ort. Ich sehe in gut einem Kilometer Entfernung ein kleines Örtchen und steuere direkt darauf zu. Plötzlich sehe ich knappe 100 Meter entfernt einen anderen Mitspieler rumlaufen. Als er mich bemerkte, hebe ich die Hände um ihm zu zeigen, dass ich unbewaffnet bin und ihm nichts ans Leder will. Weiterhin mit dem Gewehr im Anschlag kommt er langsam auf mich zu. Da mir die Situation langsam merkwürdig vorkommt und sich der Typ mir weiterhin nähert ohne seine Waffe wegzustecken, nehme ich meine Hände wieder runter und wechsele auf meine Handfeuerwaffe. Plötzlich fängt der Andere an zu schießen und ich gehe zu Boden. Toll, dachte ich, nun bin ich tot und mein ganzes Equipment ist futsch. Dann bemerkte ich, dass ich weiterhin die Kontrolle über meine Spielfigur hatte und ich sah wie der andere Spieler auf mich zu kam. Aber nicht mit mir, dem bereite ich einen überraschenden Empfang. Zwei, drei gut platzierte Schüsse und der Typ geht zu Boden wie ein Sack Kartoffeln.
Ich atme einmal kurz durch und versuche aufzustehen, aber meine Spielfigur geht nach jedem Versuch sofort wieder zu Boden, denn mein Bein war gebrochen. Nachdem ich dem Leichnam einen kleinen Besuch abgestattet, und mir ein paar Sachen mitgenommen hatte, habe ich mich also kriechend auf den Weg zur Stadt gemacht, in der Hoffnung dort entweder Schmerzmittel oder Materialien zum Schienen des Beines zu finden.
Das waren jetzt nur zwei Situationen, die mir sehr in Erinnerung geblieben sind. In Netz findet man aber unzählige Geschichten, welche zeigen, zu welchen Taten manche Spieler in der Lage sind. Sie nehmen andere Spieler gefangen, lassen sie fauliges Obst essen, erfreuen sich regelrecht am Leid der anderen. Aber macht das nicht auch zu einem gewissen Teil den Reiz aus? Man weiß nie, wem man gegenüber steht. Kann man seinem Gegenüber trauen oder fällt dieser einen in der erstbesten Situation in den Rücken?
Der eigentliche Anreiz
Meiner Meinung nach gibt es zwei wesentliche Gründe warum Survival-Spiele auf viele von uns so faszinierend wirken. Punkt eins ist auf jeden Fall der Ehrgeiz und natürliche Sammeltrieb des Menschen. Wir sammeln Ressourcen, aus welchen wir uns Werkzeug bauen können. Mit diesem Werkzeug sind wir wiederum in der Lage, neue Ressourcen zu sammeln oder gar den Nahrungsnachschub durch Ackerbau oder Fischerei zu sichern. Solange wir in der Lage sind uns durch unser Handeln weiterzuentwickeln, bleiben wir motiviert den Gefahren zu trotzen und unser Überleben zu sichern. Noch interessanter wird es, wenn wir dieses auch durch den Handel mit anderen erreichen können, womit wir schon bei Punkt zwei sind.
Jeder Mensch braucht ein soziales Umfeld, denn selbst wenn jemand andere Mitspieler nur schikanieren will, sucht er sich dafür meist Gleichgesinnte, die ebenfalls nur Mist in der Rübe haben. Und ob man es glaubt oder nicht, ohne diese beiden Seiten, würde auch ein großer Teil des Reizes abhanden kommen. Warum sollte man sich mit anderen zusammenschließen, wenn es niemanden gibt, vor dem man sich fürchten muss. Und genau durch die Kombination von guten und bösen Spielern sowie der natürliche Selbsterhaltungstrieb, entstehen teilweise unglaublich tolle Geschichten, für die es sich lohnt, ein Survival-Spiel zu spielen.