Bereits 2016 haben wir einen kritischen Blick auf die größten Publisher der Gaming-Branche geworfen. Wie sieht es drei Jahre später um Ubisoft und Co. aus?
Als ich damals über Ubisoft schrieb, hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Der Publisher war wie vernarrt in zwei bis drei seiner Franchises, die sie immer und immer wieder neu auflegten, am liebsten ein Assassin’s Creed oder einen Titel aus dem Tom Clancy’s-Universe. Kein Jahr verging ohne ein neues, wenig innovatives Assassinen-Spiel. Trailer zeigten vorgerenderte oder explizit für die Präsentation zusammengebastelte Szenen, die nie dem entsprachen, was die Spieler am Ende auch zocken konnten. Spiele kamen schlecht optimiert und teilweise komplett kaputt auf den Markt. Ubisoft versprach Besserung. Haben sie ihr Wort gehalten?
Die Antwort ist ein klares ja! Haben sie. Zwar nicht mit wie von mir damals erwartet Ghost Recon Wildlands, aber spätestens mit Assassin’s Creed Origins ging es bergauf für den Publisher. Man zog die berühmte Assassinen-Serie auf links, machte ein RPG aus ihr. Odyssey mag für viele – mich eingeschlossen – zwar kein gutes Assassin’s Creed sein, dafür ist es ein herausragendes Spiel an sich. Nach monatelanger Skepsis habe ich mir den Titel gekauft und Stunde um Stunde in ihn versenkt, ohne dass mir jemals langweilig wurde. Dazu kommt, dass Ubisoft inzwischen Spiele abliefert, die rund laufen, und vollgestopft sind mit Extra-Optionen für PC Spieler. Man fühlt sich auf der „Masterrace“-Plattform inzwischen nicht mehr als Kunde zweiter Klasse. Dafür ein großes Lob an die Franzosen!
Aber nicht nur neuen Spiele hat Ubisoft neues Leben eingehaucht. Unermüdlich arbeiteten die Entwickler weiter an For Honor, Rainbow Six Siege und The Division. Alle konnten irgendwann auf eine stabile Spielerschaft verweisen, vor allem aber wurde Rainbow Six Siege zum Goldesel für Ubisoft. Das Spiel steht für die neue „Game as a Service“-Strategie des Unternehmens, in dem ein Spiel über Jahre hinweg mit neuen Inhalten, Bugfixes und Überarbeitungen versorgt wird. Dies steht im krassen Gegensatz zu früher, als Spiele spätestens nach dem dritten DLC und Ablauf des Season Passes der Vergangenheit angehörten. Durch den zusätzlichen Hype rund um die eSports-Szene eilt der taktische fünf gegen fünf-Shooter zudem von einem Rekord zum nächsten. Und womit? Mit Recht!
Es ist aber leider nicht alles Gold, das glänzt. Auch im Jahr 2019 hat Ubisoft noch mit einigen Problemen zu kämpfen. Das größte Problem ist die zwanghafte „RPG-sierung“ aller Titel. Egal ob Assassin’s Creed, Far Cry, The Division oder jetzt auch noch das neue Ghost Recon – kein Ubisoft Spiel kommt mehr ohne gestaffelten Loot, Skills und Gegner mit Gesundheitsanzeige aus. Dazu kommt Ubisofts Vorliebe für Drohnen. Gott weiß wie lange es noch dauert, bis der Publisher sich entschließt, auf alle anderen Inhalte zu verzichten und schlicht einen „Drohnen-RPG-Simulator“ auf den Markt bringt. Die Franzosen haben es sogar geschafft, eine Art Drohne in das altertümliche Assassin’s Creed zu schmuggeln – in Form der geflügelten Begleiter Bayeks und Kassandras/Alexios‘.
Wolle Rose kaufen?
Und auch Ubisoft macht nicht Halt vor dem leidigsten Thema der Spiele-Branche: Mikrotransaktionen. Zwar ist der Publisher bemüht, die Angelegenheit einigermaßen human zu halten, doch auch sie schießen das ein oder andere Mal übers Ziel hinaus. So werden einzelne Skins in Rainbow Six Siege proportional zum Erfolg des Spiels teurer und teurer, für ein Elite Skin-Pack blättern Spieler ganze 15 Euro hin. Und als wäre das Spiel als Vollpreistitel, mit Mikrotransaktionen und einem jährlichen Season Pass nicht schon genug gemelkt, wird es ab der vierten Season dieses Jahr auch einen kostenpflichtigen Battlepass geben… irgendwo reicht es doch auch mal, oder?
Ein anderes Thema, mit dem sich der Publisher und Entwickler beschäftigen muss, ist die Kommunikation mit der Community. Diese variiert von Spiel zu Spiel enorm. Während sich Fans von Rainbow Six Siege vor lauter Interaktion mit den Entwicklern gar nicht mehr retten können, fühlen sich gerade Anhänger der Ghost Recon-Serie vollständig im Stich gelassen. Hier findet so gut wie kein Austausch mit der Community statt, Entscheidungen, die getroffen werden, sind nicht selten das komplette Gegenteil von dem, was die Spielerschaft wünscht und braucht. Dazu kommt ein Marketing, das den Fans das Gefühl gibt, der Entwickler macht sich über die Spieler geradezu lustig. Nicht cool!
Aber trotz all dieser Ärgernisse bleibt doch festzuhalten: Ubisoft hat sich geändert. Ubisoft hat sich zum wahrscheinlich besten großen Publisher gemausert, der uns momentan regelmäßig mit Spielen versorgt. Spiele kommen optimiert auf den Markt. Titel werden lang und oftmals auch gut unterstützt. Schwarze Schafe finden sich immer wieder, wie etwa ein The Division 2, das herausragend gestartet ist, bis die Spieler irgendwann feststellten, dass das Loot-System in ihrem Looter Shooter besch…eiden ist. Oopsie!
Wenn Ubisoft es schafft, diesen Weg der Verbesserungen weiter zu beschreiten und vielleicht ein bisschen von ihrem Fetisch für Drohnen und Loot wegkommen, dann sage ich dem Publisher eine rosige Zukunft voraus. Möge mein Geldbeutel stets leer bleiben! Und gebt uns verdammt noch eins endlich ein neues Splinter Cell!!