Wenn ich bei Steam „gewaltgeminderte Version“ lese, könnte ich manchmal echt ausrasten, denn natürlich wollen wir deutschen Spieler auch alle Inhalte uncut genießen.
Blut weg, Ragdoll-Effekt weg, Gegnermodels ausgetauscht… Die Liste an Änderungen, mit denen wir uns als deutsche Spieler konfrontiert sehen, ist lang und oft nicht ganz nachvollziehbar. Ich bin auf jeden Fall nicht bereit, Geld für ein Spiel auszugeben, bei dem die Hälfte entfernt wurde, nur damit die Bundesprüfstelle ihren Segen dazu gibt.
Jugendschutz at it’s best
Den Prozess zur Alterseinstufung, den ein Videospiel bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, kurz BPjM, durchlaufen muss, ist lang und soll hier jetzt auch nicht im Detail aufgeschlüsselt werden. Fakt ist, dass jedes Videospiel eine Altersfreigabe von der BPjM benötigt, ansonsten darf es in Deutschland nicht frei verkauft werden. Empfindet diese Prüfstelle, dass ein Spiel zu gewalttätig für den deutschen Markt ist, wird die Altersfreigabe erst einmal verweigert und der Entwickler, bzw. Publisher hat dann die Möglichkeit, zu reagieren und das Spiel anzupassen.
Leider sind die Anpassungen des Öfteren mehr schlecht als recht. Ich erinnere mich da immer sehr gern zurück an die Zeit von Half-Life. Als ich das erste Mal das Spiel auf dem Monitor hab flimmern sehen, war es um mich geschehen. Das Game sah für damalige Verhältnisse einfach nur Hammer aus und an virtuellem Blut hatte Valve seinerzeit auch nicht gespart. Also bin ich direkt im Anschluss zum Elektrofachmarkt meines Vertrauens gefahren und hab mir Half-Life selber gekauft. Aber als das Spiel dann installiert und die ersten Spielstunden vorüber waren, musste ich leider feststellen, dass sich meine Version von der meines Kumpels unterschied. Wo war das Blut abgeblieben und vor allem, statt Soldaten kommen einem irgendwelche beknackten Roboter entgegen. Absolut lächerlich, was da veranstaltet wurde.
Ein weiteres Beispiel, welches ebenfalls durch die Schnitte an Glaubwürdigkeit verloren hatte, war Command and Conquer: Alarmstufe Rot. Hier lief es genau anders herum. Ich kaufte mir den Titel damals für die Playstation 1 und hatte echt viel Spaß. Als ich dann bei einem Kumpel saß und er seine Import-Version von Alarmstufe Rot einlegte, wurde mein ganzes Command and Conquer-Weltbild zerstört. Tötete oder überfuhr ich feindliche Fußeinheiten, hörte man einen dumpfen Ton und eine schwarze Pfütze vergossenem Öl blieb kurzzeitig liegen. Ganz klar, die Fußsoldaten müssen Roboter sein. Falsch gedacht, denn in der ungekürzten Fassung sind es menschliche Einheiten, die ihr Ableben mit einem lauten Schrei zelebrieren und eine große rote Blutlache hinterlassen. Seit diesem Tage mochte ich meine Version kaum noch spielen.
Zu krass geraten
Natürlich gibt es auch immer mal wieder Spiele, bei denen sich die Entwickler weigern eine angepasst Version zu veröffentlichen. Diese werden dann indiziert und im schlimmsten Fall anschließend beschlagnahmt. Ein gutes Beispiel dafür ist unter anderem das Spiel Manhunt, welches durch seine extreme Gewaltdarstellung bekannt wurde. Natürlich gab es damals schon Mittel und Wege, an solche Spiele zu kommen, denn selbst wenn ein Spiel in Deutschland beschlagnahmt wurde, ist lediglich der Verkauf eines solchen Spieles verboten. Der Kauf und Besitz ist völlig in Ordnung und somit wäre es kein Problem sich das Spiel im Ausland zu bestellen.
Was bei Disc-Versionen hervorragend klappt, gestaltet sich bei dem Kauf von Gamekeys schon etwas kniffliger. Klar, der Kauf in diversen Keyshops ist ebenfalls kein Problem, aber beim Aktivieren eines solchen Keys sieht es da schon etwas anders aus. Oft lassen sich bei Steam und Co. diese Keys nicht ohne weiteres aktivieren und man benötigt zum Beispiel eine VPN-Verbindung um Steam vorzugaukeln, man komme aus einem anderen Land. Und genau hier liegt das Problem. Laut den Steam AGB’s ist das nicht erlaubt, aber rein vom Gesetz her darf ich mir im Ausland ein Spiel kaufen und es auch in Deutschland spielen. Warum also einen Region-Lock für die Aktivierung? Warum darf ich nicht selber entscheiden, welches Spiel ich aktivieren darf und kann? Zusätzlich betrete ich auch noch eine Grauzone mit der Gefahr, dass das Spiel wieder aus meiner Bibliothek entfernt wird, weil ich gegen irgendwelche AGBs verstoße.
Als sehr gelungenes Gegenbeispiel gibt es hier das Spiel Dead Island. Im deutschen Steam Store ist es nicht ohne weiteres möglich, sich Dead Island zu kaufen. Kauft man sich jedoch einen Key in einem der vielen verschiedenen Keyshops, kann man diesen problemlos auch ohne bestehende VPN-Verbindung in Steam aktivieren und anschließend das Spiel runterladen und ohne Einschränkungen spielen.
Plan B
Ich gehe jetzt auch nochmal einen Schritt weiter und behaupte einfach mal ganz frech, dass diese Indizierungs-, Beschlagnahmungs- sowie Region-Lock Geschichte der Videospielbranche zusätzlichen finanziellen Schaden zufügt. Zum einen verdient ein Entwickler beziehungsweise Publisher natürlich weniger an einem Spiel, wenn dieses in einem oder mehreren Ländern nicht verkauft werden kann. Und nebenbei erwähnt, Deutschland ist ganz bestimmt kein absatzschwaches Land.
Also was macht ein Spieler, der zum einen keine Lust hat sich ein Spiel im Ausland zu kaufen und zum anderen kein Risiko eingehen will, dass sein über VPN aktiviertes Spiel wieder entfernt wird? Zu Zeiten von 100Mbit Leitungen und diversen One-Click Hostern sollte die Antwort eigentlich jedem bewusst sein. Das Spiel wird geklaut und da Freunde und Bekannte das Spiel vielleicht auch mal ausprobieren wollen, wird es natürlich gleich weitergegeben. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das im Sinne der Wirtschaft ist.
Ich finde nicht, dass Entwickler, Publisher oder der Einzelhandel beziehungsweise der Online-Shop darunter leiden sollten. Es gibt doch bestimmt andere Wege, einen sinnvollen Jugendschutz zu gewährleisten, denn an und für sich ist diese ganze Altersfreigabe eine super Sache und wird ja auch in vielen anderen Ländern ähnlich praktiziert.
Brainstorming
Letztendlich stehen doch die Eltern und Erziehungsberechtigten in der Pflicht dafür zu sorgen, dass ihre Kids nur das spielen, was auch für sie geeignet ist. Statt irgendwelche blödsinnigen und erlogenen Berichte über Killerspiele im Fernsehen zu zeigen und die Eltern somit noch mehr zu verunsichern, wäre Aufklärung doch ein viel sinnvolleres Mittel sie für das Thema Videospiele zu sensibilisieren. Vielleicht könnte man so auch ganz nebenbei was gegen andere gesellschaftliche Probleme, wie beispielsweise Videospielsucht, tun. Ich bin selber Vater von zwei Kindern und ich weiß, dass bei mir das Thema Videospiele anders als bei vielen Bekannten gehandhabt werden wird. Wenn man sich einfach mehr mit diesem Thema beschäftigt, weiß man viel besser, wie man richtig an das Thema Videospiele rangeht.
Es ist schon traurig, dass man sich in der heutigen Gesellschaft ja fast schon dafür schämen muss, wenn man Spaß an brutaleren Spielen hat, wenn man gerne in den virtuellen Krieg zieht und sich stundenlang die virtuellen Kugeln um die Ohren schießt. Sobald man sagt, dass man gerne Shooter spielt, denken viele doch gleich, dass ich ein potentieller Amokläufer bin. Ein großes Dankeschön an die deutschen Medien.
Insgesamt ist diese ganze USK Alterfreigabengeschichte natürlich richtig und wichtig. Aber warum lässt man die Spiele nicht einfach so wie sie sind und führt beispielsweise noch ein USK 21 oder 25 Label ein, um zu verdeutlichen, dass man es hier wirklich mit einem knallharten Titel zu tun hat? Wenn diese USK dann auch wirklich so vom Einzelhandel und den Online- beziehungsweise Keyshops aufgenommen und durchgeführt wird, hätten wir bereits einen ersten kleinen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Der größte Faktor für den Erfolg eines solchen Jugendschutz Systems bleiben aber zu guter Letzt wir. Spätestens wir alle, insbesondere die von uns selber Kinder haben, sehen dieses Thema ganz anders und sorgen dafür, dass Kinder nur die Inhalte zu Gesicht bekommen, die auch für sie geeignet sind. Denn eins muss man sich immer vor Augen führen: Videospiele sind nicht dafür gedacht, seine Kids abzuschieben, um währenddessen Zeit für sich zu haben. Videospiele sollen unterhalten. Man kann durch sie lernen und sogar neue Freunde kennenlernen.