Wir hatten am letzten Tag der diesjährigen Gamescom die einmalige Gelegenheit, uns mit den Jungs von Cyberith über ihr Projekt, den Virtualizer, zu unterhalten. Mit dem Virtualizer wird es möglich sein, euren Charakter durch Bewegung zu steuern.
Bei Cyberith handelt es sich um eine System, welches ermöglichen soll, seinen Charakter in einem Spiel zu bewegen, indem man einfach selbst vor dem Fernseher oder Pc läuft oder sich duckt. Die Idee für dieses System stammt vom österreichischen Studenten Tuncay Cakmak. Wir hatten die Gelegenheit, uns mit ihm über sein Projekt zu Unterhalten. Wir sprachen mit ihm über seine Ideen, die Verwirklichung des Projekts, über Probleme und über die Ziele von Cyberith. Dadurch haben wir nun die Chance, euch einen Einblick in die Welt von Cyberith zu geben:
Shooter-sZene.de: Ihr habt hier ein Projekt gestartet, das die Eingabemöglichkeiten im Gaming-Bereich revolutionieren soll. Wie kommt man eigentlich auf die Idee, so etwas zu machen?
Tuncay Cakmak: Bei mir war das so: Ich war bei meinem Bruder zu Hause, der eine Wii-Mote rumliegen hatte und ich dachte mir: „Es liegt hier herum, er benutzt sie kaum, was kann man mit dem Ding alles machen?“ Dann habe ich herausgefunden, dass die Leute das sowieso hacken und als Cursor verwenden. Und dann ist mir die Idee gekommen: Wenn man das Ding als Cursor verwenden kann, dann kann man damit ja auch einen Ego-Shooter steuern und spielen. Später habe ich mir dann gedacht: „Eine [Virtual-Reality-]Brille wird es schon irgendwie geben. Ein Freund von mir hat mir dann von der Oculus Rift erzählt. Als ich die dann später mal aufgesetzt habe, im Labor an der TU Wien, habe ich mir gedacht: „So, das ist es!“ Wir widmeten uns dann dem noch fehlenden Teil, der Körperbewegung. Wir haben dann begonnen, die ersten Prototypen zu bauen, das war so im Oktober oder November 2012. Im September habe ich begonnen darüber nachzudenken. Wir hatten dann die Idee es eben über einen geringen Reibungskoeffizienten zu machen um das Ganze günstiger zu halten. Wir möchten nicht, dass unser Gerät in irgendeinem Labor oder bei einer Institution steht. Wir möchten es den Gamern geben, damit sie Multiplayer- und Shooter-Games spielen können, denn das ist das geilste.
Shooter-sZene.de: Wie findet man die Technik, um so etwas zu entwickeln. Habt ihr auch die Wii-Mote verwendet, die du am Anfang erwähnt hast?
Tuncay Cakmak: Nein, wir haben bei diesem System hier keine Wii-Mote in Verwendung. Die Wii-Mote habe ich damals verwendet, um bei Half Life 2 die Waffe zu steuern. Das war mein Gun-Tracking, unser Gerät braucht keine Wii-Mote. Unser Gerät hat fixwertige, integrierte Sensorik, die letztendlich sogar besser sind, als die Software, die es verarbeitet. Bei uns kann man sich analog crouchen(ducken). Bei der Software die man kennt, bei Spielen, kann man ja nur bestimmte Crouch-Positionen einnehmen, aber unser Ding erkennt jede Crouch-Position. Wenn man also in Zukunft croucht, dann croucht man in jeder Position. Man kann aber auch alte Spiele verwenden und sagen: „Ok, ab dieser Position soll er crouchen, ab der nächsten Position soll er sich vielleicht hinlegen, das geht auch. Man kann sich zwar nicht echt hinlegen, aber so funktioniert es auch.“
Shooter-sZene.de: Wie funktioniert die Technik, die sich in dem Virtualizer versteckt? Wie funktionieren die Sensoren, wie nehmen sie die Bewegungen auf?
Tuncay Cakmak: Wir haben mehrere Sensoren in dem Virtualizer verbaut. Wir haben in der Bodenplattform welche, am Ring welche, in den Gehäusen haben wir welche. Höhenmesser, Ringwinkel, Fußvektor, Fußgeschwindigkeit. All diese Sensoren nehmen die Bewegungen auf. Wie das genau funktioniert, verraten wir noch nicht aber wir arbeiten gerade fleißig daran, die Software auf Vordermann zu bringen. Es ist alles sehr knapp gewesen. Der Bau dieses Prototypen wurde vor zwei Monaten begonnen. Wir haben das alles am Laptop konstruiert, wir hatten Firmen die uns mit den Bauteilen geholfen haben. Danach waren wir in der Werkstatt, mit Freunden, meinem Bruder und meinem Vater, der Autos repariert. Dann haben wir das Teil zusammengebaut. Vor einer Woche war es noch nicht einmal lackiert. Wir haben sogar beim herfahren im Bus noch programmiert und haben vor fünf Tagen irgendwann das Rückwärtsgehen einprogrammiert. Es ist alles noch frisch.
Shooter-sZene.de: Es war also alles sehr knapp. Hattet ihr speziell irgendwelche größeren Probleme bei der Entwicklung oder der Herstellung?
Tuncay Cakmak: Wirkliche Probleme, naja. Bei jeder Entwicklung gibt es immer Probleme. Da ich technische Physik studiere bin ich sozusagen dazu trainiert, Probleme zu lösen. Also ich sehe, da gibt es ein Problem, denke darüber nach und dann wird eine Lösung dafür gefunden. Überlegen, überlegen, konstruieren, schauen, was gibt es, was kann man machen und dann habe ich das gelöst. Wir hatten mal einen defekten Sensor. Haben dann geschaut was da los war, die Signale kamen nicht an, also einfach ausgetauscht. Sogar hier auf der Gamescom haben wir einen Sensor repariert, da das ja noch ein Prototyp ist. Aber wir machen das innerhalb von fünf Minuten.
Shooter-sZene.de Hattet ihr auch einmal das Problem, dass ihr einen Schritt in die falsche Richtung gemacht habt und in einem Bereich noch einmal zurück gehen und von vorne beginnen musstet?
Tuncay Cakmak: Ehrlich gesagt gab es das nicht wirklich. Wir haben uns alles zuerst genau überlegt bevor wir überhaupt die Bauteile besorgt haben, weil wir dadurch natürlich Geld sparen. Man muss sich zuerst informieren. Was kann das Ding und was brauchen wir? Dann wird das durchgerechnet und durchprogrammiert und wenn es funktionieren könnte, dann wird es genommen. Und es hat bei uns immer funktioniert, es hat einfach gepasst.
Shooter-sZene.de: Ist schon geplant, wann der Virtualizer in die Serie kommt?
Tuncay Cakmak: Unser Ziel ist es, dieses Ding 2014 rauszuschmeißen, an alle Gamer dass ich auch gleich gegen alle anderen kämpfen kann. Ich will gleich alle herausfordern.
Shooter-sZene.de: Ihr habt ja nun den Vorteil, dass es sich hierbei um eine komplett neue Idee handelt. Ihr habt eigentlich nur einen Konkurrenten aus Amerika, dabei handelt es sich aber auch um ein ganz anderes System zu Bewegungssteuerung. Was unterscheidet das von Eurem System?
Tuncay Cakmak: Das ganze ist im Prinzip parallel entstanden, wir haben erst Anfang 2013 erfahren dass auch Andere so etwas ähnliches machen. Aber es gibt Unterschiede. Wir hatten von Anfang an ein komplettes Tracking-System mit integrierten Sensoren. Wir brauchen keine externe Kamera. Bei uns kann man sich wirklich richtig ducken, wir haben eine flache Plattform, das ist für uns natürlicher beim gehen. Wir haben seitliches gehen dabei, rückwärts gehen und sogar geduckt gehen, auf das bin ich besonders stolz. Bei den ganzen taktischen Shootern will man ja hinter einer Mauer geduckt gehen und schleichen. Auf dem Video mit mir könnt ihr sehen wie das funktioniert wenn man das ein bisschen drauf hat. Man muss es lernen, man muss es üben. Im Prinzip ist es wie mit einem neuen Controller. Es ist ein neuer Controller mit der Bewegung des Menschen.
Shooter-sZene.de: Seht ihr euch selbst konkurrenzfähig?
Tuncay Cakmak: Absolut!
Shooter-sZene.de: Wie viel soll der Virtualizer für den Gamer am Ende kosten? Wisst ihr das schon oder habt ihr irgendwelche Anhaltspunkte zum Preis?
Tuncay Cakmak: Ich darf noch keine Zahlen nennen. Wir experimentieren noch, wir sind noch in der Entwicklung. Was ich aber sagen kann ist, dass wir nicht wollen dass dieses Ding zu teuer wird. Es wird auch nicht zu teuer. Wenn man sich einen Gaming-Pc leisten kann, wird man sich dieses Ding auch locker leisten können. Es hat ja keinen Sinn irgendetwas Teures zu produzieren, dann steht es ja wieder in irgendeinem Labor. Wir wollen ja, dass dieses Ding zu Hause bei euch steht, dass es jeder spielen kann. Dann macht es ja vielmehr Spaß. Es wird sowieso irgendwann eine neue virtuelle Realität entstehen. Unser Ziel bei Cyberith ist es, das Gehirn zu täuschen. Das machen wir über den Input, also Audio, Video und die Bewegungen dazu. Dann kapselt das Gehirn ab. Man kann es hier jetzt schwer fühlen wegen der lauten Musik, aber wenn man dieses Ding verwendet, wenn die Software noch überarbeitet wird, die Geschwindigkeit später auch noch analog wird, man also auch langsam gehen kann, wenn dazu dann noch die richtigen Audiosignale kommen, dann kapselt das Gehirn total ab. Man glaubt wirklich, man ist mitten im Spiel. Dann vielleicht noch eine Gun in der Hand, Gun-Tracking, das ist so der Wahnsinn. Ich habe mit dem ersten Prototypen Half Life 2 gezockt, mit der Wii-Mote in der Hand, das war einfach der Wahnsinn.
Shooter-sZene.de: Wird der Virtualizer Pc-gebunden sein oder macht ihr so etwas auch für Konsole?
Tuncay Cakmak: Wir beginnen erstmal mit dem Pc, wir wollen aber natürlich, dass das Gerät später überall kompatibel ist. Wir müssen dafür natürlich noch die Software überarbeiten, aber unser Gerät wird für alles kompatibel sein, nur die Treiber werden sich unterscheiden. Ob die Konsolenfassung mit dem Release der Pc-Version kommt, wissen wir noch nicht.
Shooter-sZene.de: Was für eine Hardware empfehlt ihr für die Verwendung des Virtualizers? Braucht man dafür spezielle Prozessoren oder mehrere Grafikkarten?
Tuncay Cakmak: Unser Gerät braucht keinen leistungsstarken Rechner. Der Rechner ist ja für das Spiel gedacht. Wenn man eine gute Grafik und ein flüssiges Spielgefühl haben will, dann braucht man einen guten Rechner. Unser „Controller“ ist wie ein Gamepad. Das Gerät selbst ist überhaupt nicht mit Anforderungen verbunden.
Shooter-sZene.de: Nun zur Praxis: Wie benutzt man euren Virtualizer. Man stellt sich rein, wie geht es weiter?
Tuncay Cakmak: Du stellst dich in das Portal rein und dann bist du weg, in einer völlig anderen Welt. So funktioniert es! Es ist im Prinzip nicht irgend ein Eingabegerät, es ist ein Portal. Ok. Du steigst in das Gerät rein, zu Hause ziehst du dir zum Beispiel einfach nur Socken an, ziehst den Ring hoch und den Gurt fest und schon bist du bereit das Gehen zu lernen. Es wird in Zukunft noch eine Safety-Funktion eingebaut, damit kann man die vertikale Bewegung des Rings in einer bestimmten Höhe blockieren, dann kann man lernen zu gehen. Wenn man dann denkt, dass man bereit ist sich zu ducken und geduckt zu gehen, dann nimmt man diese Funktion raus und kann dann Sachen wie das geduckte Gehen erlernen und üben. Es wird auch noch eine Sitting-Function eingebaut. Das heißt, dass man sich ab einer bestimmten Höhe in den Gurt setzten kann. Das findet dann zum Beispiel in einer Kriegssimulation Verwendung, denn in einem Panzer sitzt man ja, da steht man nicht die ganze Zeit. Oder zum Beispiel in dem Cockpit eines Raumschiffes sitzen, dann aufstehen und sich im Raumschiff umsehen, umhergehen, das wird auch funktionieren.
Shooter-sZene.de: Wie sieht es denn mit dem Unterhalt und der Wartung aus? Braucht man spezielle Dinge oder muss man das gerät speziell warten?
Tuncay Cakmak: Wir haben das Gerät einfach immer wieder mit Druckluft gereinigt, weil so viele Leute hier draufsteigen. Wenn ihr das zu Hause verwendet, kann man das Gerät immer abdecken. Wir werden auch ein geeignetes Tuch dafür mitliefern. Wie es mit der Wartung aussieht, wissen wir noch nicht, da das Ding noch so neu ist und wir einfach noch nicht die Zeit hatten, es auf dauerhafte Belastung zu testen. Aber wir sehen jetzt hier auf der Gamscom, dass das Ding eigentlich unzerstörbar ist. Es haben nun bereits über 400 Leute mit verschiedensten Größen und Gewichten getestet und es hat funktioniert. Man wird auch später beliebige Spezialanfertigungen machen können. Wenn man zu groß ist, können wir es so bauen, dass man es auch dann ohne Probleme benutzen kann.
Shooter-sZene.de: Wollt ihr die Idee für euch behalten oder möchtet ihr die Lizenz verkaufen und das Gerät in eine Fremdproduktion geben?
Tuncay Cakmak: Das steht noch nicht fest, aber wir möchten versuchen, das selbst in der Hand zu behalten. Das ist aber noch nicht fix. Wir wollen uns nicht verkaufen.
Wir bedanken uns noch einmal für die Zeit, die sich das Team von Cyberith für uns nahm. Wir hatten eindeutig viel Spaß beim Interview und beim ausprobieren. Wir werden euch auch in Zukunft über alle Neuigkeiten, was dieses System betrifft, auf dem Laufenden halten. Hiermit haben die östereicher von Cyberith ein neues Erlebnis für die Gameswelt geschaffen und wir blicken gespannt auf die Verwirklichung des Projekts.