Uncharted 4 wird kein Open World Spiel, um eine spannendere Story erzählen zu können, so die Entwickler. Aber steht eine offene Welt einer packenden Geschichte im Weg? Ich denke nicht.
Stellen wir uns vor, wir stehen am Anfang eines unserer geliebten Open World Spiele. Wir erstellen brav unseren Charakter, werden eingeführt in die Hauptstory, bekommen Anweisung, irgendwo zu irgendeinem Ort auf der möglichst großen, schönen offenen Karte zu marschieren.
Und dann wandern wir also los und erledigen erst einmal 100 Stunden lang 100 Nebenquests, leveln unseren Charakter auf, werden Anführer einiger Gilden, sind in der ganzen Spielwelt berühmt berüchtigt, und beschließen irgendwann, jetzt wäre es doch mal Zeit für die Hauptstory. Gesagt, getan, kommen wir an Ort X an, an dem keine Minute mehr vergangen ist, als die Story vorsieht, an dem wir behandelt werden, als hätten wir zum ersten Mal ein Schwert in der Hand und als wären die letzten 100 Stunden zocken nicht gewesen. Derp!
Spannung? Fehlanzeige. Open World Spiele lassen uns viel Freiraum, doch gerade das verhindert spannendes Storytelling. Wir werden nicht gezwungen, irgendetwas zu einer bestimmten Zeit zu tun und wir werden nicht bestraft, wenn wir es nicht tun. Als Spieler entscheiden wir über die Story. Nicht umgekehrt. Und genau deshalb verlieren Open World Spiele nach einiger Zeit ihren Reiz. Die Story – ob Haupt- oder Nebenquest- steht still, bis wir sie aktivieren. Die Zeit läuft nicht weiter. Und genau hier sollten Spieleentwickler ansetzen. Denn es ist sehr wohl möglich, offene Spielwelten und spannende Stories unter einen Hut zu stecken.
Versetzen wir uns nochmal an den Anfang unseres Spiels. Wir bekommen eine Quest, entscheiden uns aber, erstmal 100 andere Quests zu machen. Doch diesmal läuft die Zeit der Hauptstory weiter. Heißt also, wenn wir das Böse nicht bekämpfen, wird es immer stärker. Der Tyrann erobert mehr Gebiete, die wir nicht oder nur schwer betreten können. Quests können nicht gestartet werden, NPCs reagieren anders auf uns… und noch viel schlimmer: Figuren, die uns „ans Herz gewachsen“ sind, könnten sterben, wenn wir nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Hauptstory fortführen. Das ganze könnte so weit gehen, dass in der Zwischenzeit andere (NPCs oder echte Spieler) deine nächste Quest erledigt haben. Die Zeit im Spiel, in der Hauptstory, und die Handlungen dürfen nicht stillstehen.
Bestimmte, seltene Items oder Belohnungen oder Ähnliches könnten dadurch für immer (für immer!) unerreichbar sein. Wie? Du meckerst, weil du das Hello Kitty Schwert nicht mehr bekommen kannst? Dein Pech, hätteste mal die Missionen rechtzeitig erfüllt! Das Spiel und die Story müssen dynamisch sein. Sie müssen dem Spieler Anreiz geben, weiterzumachen. Wie im echten Leben müssen Handlungen Konsequenzen nach sich ziehen… unterlassene Handlungen sind in gewisser Hinsicht auch Handlungen.
Levelbasierte Spiele machen vor, wie es geht, denn dort zwingt dich das Spiel von Mission zu Mission und die Zeit tickt immer weiter. Man stelle sich das in einer offenen Welt vor? Ein solches Konzept würde nicht nur den Wiederspielwert eines Games erhöhen, sondern auch die Art und Weise, wie wir an ein Spiel rangehen. Es würde sicher die Spieler geben, die fleißig alle Quests erledigen, aus Angst vor Konsequenzen. Aber wahrscheinlich wären da auch die Spieler, die sagen würden: Fuck auf die Folgen, zeig mal her, Spiel, was du mir so entgegenzusetzen hast. Und als dritte Möglichkeit könnte euch das Spiel selber vor derartige Entscheidungen stellen, in der ihr euch mal für oder gegen die Hauptquest entscheiden müsst… Mir persönlich würde ein solche Spiel großen Spaß machen.
Stattdessen rennen wir in heutigen Titeln rum, sammeln eine Million Items, befreien ein paar Türme, spielen hin und wieder gelangweilt eine Mission der Hauptstory, weil wir dadurch eine schöne, glitzernde Waffe freischalten und irgendwann merken wir, dass das alles überhaupt keinen Sinn ergibt und schauen uns lieber die Livestrip Werbung auf Sport 1 an. Und das ist, warum ich wirklich am Rad drehe.