Glaubt man den Worten eines amerikanischen Anwalts, so sind Videospiele und Spielzeugwaffen Ursache für häusliche Gewalt und sind daher aus allen Haushalten zu entfernen.
Erst kürzlich berichteten wir von einer Studie, die tendenziell das Gegenteil beweist, wenn nämlich brutale Spiele wie GTA oder CoD rauskommen, sinkt die Zahl der Gewaltverbrechen stark. Damit haben die Gegner der „gewaltverherrlichenden Metzelspiele“ wieder etwas neues gefunden und wirken der aktuellen Studie entgegen, mit wirklich irrwitzigen Ideen.
Der Anwalt, Ed Berberian, ist in einer Partnerschaft mit dem Center for Domestic Peace und dem weltweit erfolgreichen Eishersteller Ben & Jerry’s. Hörte man auf Berberian und würde seinem Aufruf folgen, aus seinem Haushalt sämtliche Spielzeugwaffen und gewaltverherrlichenden Spiele zu entfernen und zum Beweis diese dann der Organisation überreicht, so erhält man ein Gratis-Eis. Kein Scherz. Im Internet kursierten deswegen schon relativ schnell Ideen, wie man einfach ein leckeres Eis kommen könnte: Eine Packung CDs kaufen, einigermaßen professionell bedrucken und irgendein gratis „Metzelspiel“ runterladen und auf die CD brennen. Geringe Kosten und leckeres Ergebnis, nämlich ein Eis von Ben & Jerry’s.
Marle Hedlund vom Center for Domestic Peace sagt dazu:
Kinder reflektieren die Kultur in der sie leben, und es ist wichtig, darüber zu sprechen, mit unserer Gesellschaft und unseren Kindern über eine Kultur der Gewalt. Wir versuchen Leute zu inspirieren, ein Teil unserer Bewegung zu werden um Frieden in einer gewaltfreien Umgebung zu schaffen.
Die Organisation wurde übrigens gegründet, nachdem ein 13-jähriger von einem Polizisten erschossen wurde, da er eine Airsoftgun, die wie eine AK-47 aussah, mit sich führte. Das führen der Waffe aber auf Computerspiele zurückzuführen ist einem Land, wo die Waffenlobby sehr groß und mächtig ist, wo schon Kindergartenkinder mit Schusswaffen in Kontakt kommen, aber Überraschungseier zu gefährlich sind, ist freundlich gesagt, dämlich. Leider ist das Medium Computerspiel so ein schön einfacher Sündenbock. Soziale Probleme, gesellschaftliche Probleme? Viel zu komplex gedacht. Ein Computerspiel kann sich nicht wehren (außer einer dieser gemeingefährlichen Killerspielspieler befindet sich in der Nähe).
Denkt man zurück an den tragischen Amoklauf in Winnenden, so waren sich die meisten Medien einig, dass der Täter nur Amok gelaufen ist, weil er vorher Counterstrike gespielt hat. Im folgenden entbrannte eine Diskussion, ob man nicht als Konsequenz sämtliche First Person Shooter in Deutschland verbieten sollte, Spieler wären schließlich tickende Zeitbomben. Dass der Amokläufer schwere soziale Probleme hatte, von den Mitschülern gemobbt wurde und nicht genug Unterstützung von den Eltern bekam, daran dachte in den ersten Tagen und Wochen keiner. Erst im Laufe der sogar auf politischer Ebene geführten Diskussion stellte sich heraus, dass nicht das Computespiel die Schuld trug.
Immer wieder werden wir Gamer diffamiert, als Massenmörder und Gewaltverherrlicher dargestellt. Im Fernsehen gab es bereits mehrere Diskussionsrunden zu dem Thema, mit YouTube-Größen wie Fabian Siegismund oder LeFloid. Aus diesen Diskussionen haben wir gelernt, dass die etwas ältere Generation, bei weitem nicht alle, aber viele, einfach Angst vor diesem „neuen“ Medium haben. Diese Angst vor etwas neuem hat die Menschheit aber schon immer begleitet. Wissenschaftler waren schnell mal Teufelsanhänger, Autos Höllenmaschinen, aber trotzdem konnten sie sich etablieren. Würde es keine Wissenschaft geben und damit auch nicht wirklich Tüftler und Erfinder, dann würde ich diese Worte hier nicht schreiben können.
Betrachten wir als Beispiel das Spiel Battlefield 4. Es könnte auch jeder andere Shooter sein, Battlefield hat aber eine verhältnismäßig realitätsnahe Darstellung von Gewalt. Während der Monate, die ich in Battlefield 4 verbracht habe, konnte ich bislang noch nie Mordlust verspüren, noch nie das Bedürfnis, andere Menschen zu verletzen. Das wird euch sicherlich bekannt vorkommen. Betrachtet ihr jetzt die Argumentation der Gegner dieses Spielegenres, so ist diese grade vor euren Augen zu Staub zerfallen. Warum? Das ist relativ leicht zu erklären. Die Argumentation baut darauf auf, dass diese Spiele das menschliche Hirn mit seinen Empfindungen und Emotionen so beeinflusst und quasi abstumpft, dass ein Mord für uns nichts besonderes wäre. Dazu ist zu sagen, dass PC-Spiele tatsächlich Einfluss auf unser Handeln nehmen, verschiedenen Studien zufolge könnt ihr schneller entscheiden, habt in kritischen Situationen eher den Überblick und habt schnellere Reaktionen. Keine Studie konnte bislang beweisen, dass uns Computerspiele zu Serienkillern machen.
Nun stellt sich natürlich die Frage, warum werden Computerspiele so dargestellt und warum werden wir so oft als tendenzielle Mörder gesehen? Seit Jahrzehnten spielen Kinder Cowboy und Indianer, Räuber und Gendarm und weitere Variationen. Bei dem Medium Film haben wir seit Anfang an Gewaltszenen, mitunter unter Einsatz vieler Liter Filmblut. Trotzdem werden wir nicht zu Django, James Bond und anderen Figuren, die Gewalt ausüben. Keine dieser Beschäftigungen wird so kritisch gesehen wie das Medium Computerspiel.
Mittlerweile ist in einigen Versuchen nachgewiesen, dass Spiele sogar Aggressionen mildern können. So wird beispielsweise Minecraft in der Anti-Aggressions-Therapie eingesetzt. Was also macht PC-Spiele so beängstigend? Liegt an den gigantischen Fangemeinden einiger Genres? Liegt es daran, dass für viele Menschen das Internet und auch der Computer noch „Neuland“ ist? Es stimmt zwar, dass man sich in bestimmten Situationen über ein Spiel oder den gegnerischen Spieler aufregt, davon ist aber noch niemand umgekommen. Viele werden es vielleicht ihr Leben lang nicht mehr verstehen, dass man mit Pixeln Pixel „beseitigt“. Battlefield mag noch so realistisch sein, von dem im Spiel erworbenen Wissen kann man höchstens im eSport was gewinnen, davon weiß man noch lange nicht, wie man eine Schusswaffe zu handhaben hat oder einen echten Panzer fährt.
In diesem Sinne, die Idee des Center for Domestic Peace ist sicherlich nicht grundsätzlich falsch, aber wieder Computerspiele als Sündenbock zu nehmen und nicht darauf zu achten, was wirklich falsch läuft in den USA, ist zu einfach gedacht. Das Konzept ist gut und könnte vielleicht sogar ein Schritt in die Richtung USA ohne NRA (National Rifle Association) sein, aber mit den bisherigen Ansätzen gibt man sich leider eher der Lächerlichkeit preis, zumal es viele Gegenstudien zur Gefahr von PC-Spielen gibt. Wer etwas mehr über Berberians Vorhaben lesen möchte, sollte sich die englischsprachige Quelle durchlesen.
Wie siehts bei euch aus, machen euch Computerspiele zu einem schlechteren Menschen? Was haltet ihr allgemein von brutalen PC-Spielen und wie steht ihr zu Berberians Idee?