Lang ist es her, dass ein Taktik-Shooter vom Kaliber A.R.M.A 3 die heimischen Computer belegt. Mit Squad scheint ein adäquater Konkurrent aufzutauchen. Ist es auch wirklich so?
Seit dem 15. Dezember 2015 ist es möglich, den knallharten Taktik-Shooter Squad als Early Access-Version auszuprobieren. Im Vorfeld war von Taktik, Hardcore, realistischen Schlachten, epischen Gefechten und anderen, hochtrabenden Ausführungen die Rede. Wir können vorausschicken, dass es wirklich hart ist, in dem Shooter zu bestehen, aber das hing nicht unbedingt mit den angeblich epischen Schlachten zusammen.
Story
In den heutigen Zeiten spielen die Armeen der USA und Russlands weltweit eine tragende Rolle. Überall und nirgends scheinen die Soldaten aktiv und sind mit etwaigen Gegnern im Clinch.
So geschah auch in Squad, dem neuen Zuwachs aus dem Hause Offworld Industries, besser bekannt durch eine weltberühmte Mod, die sich „Project Reality“ nennt und mittlerweile sogar in der „Hall of Fame“ der bekannten moddb-Seite thront. In Squad kloppen sich die Soldaten der USA und Russland mit Aufständischen, die ebenfalls paramilitärisch ausgebildet und ausgerüstet sind. In den kargen Wüsteneien eines Irak oder Afghanistan und in den bewaldeten Gebieten einer scheinbar kaukasischen Wildnis geben sich die Parteien so richtig die Sporen und bekämpfen sich bis auf`s Blut, bauen kleine Besfestigungen auf, verteidigen diese, erobern und verteidigen vorgegebene Punkte auf der Karte und das geht solange, bis alle Teilnehmer einer Partie nach Hause gegangen sind oder komplett besiegt, bzw. die Punkte entsprechend erobert wurden. Von einer tiefgreifenden Story ergo keine Spur und ob im Hauptspiel eine enthalten sein wird, könnte bezweifelt werden, denn das Team von derzeit 26 Leuten widmet sich lieber dem Spiel, statt einer aufwendigen Storyinszenierung.
Gameplay
nichts Neues…
Wir sprechen hier von einem Ego-Taktik-Shooter der puristischen Spielart und Klasse, also gibt es prinzipiell nichts zu berichten, was als absolute Neuerung in die Annalen der Shootergeschichte eingehen wird. Kein Exoskelett, keine Zombies, keine Wildtiere und Krankheiten, sondern pures Knallerballer, gepaart mit viel Kommunikation, ist angesagt, denn der Begriff „pur“ ist absichtlich erwählt worden. Hier gibt es keine Gesundheits- und Munitionsanzeige, sondern lediglich die Waffen (Gewehr, Pistole, Frag-Granate, Smoke-Granate, ein Health-Pack und einen Spaten), ein Headset (virtuell zu sehen) und eine Magazinanzeige, die über dem Ausdauerbalken zu sehen ist. Wer hier meint, er wäre als Battlefield-Crack und Call of Duty-Spezialist der absolute King im Ring, darf sich wie ein Kind oder Jugendlicher, der sich nicht in Begleitung seiner Eltern oder eines Erziehungsbrechtigten nach 18:00 Uhr im Freibad aufhält, einfach mal anziehen und nach Hause gehen. Der hat definitiv keine Schnitte und kann genauso einpacken wie ein Rambo, der meint, sich allein gegen alle durchschlagen zu können.
Dieses Spiel lebt vom Realismus und von Kommunikation. Das Ingame Voice-System arbeitet erstaunlich gut und wird auch rege genutzt. So gut wie alle sind in Besitz eines Headsets, man kann sich mit den Squad-Membern in der Nähe unterhalten, aber je weiter ein Teilnehmer entfernt ist, desto leiser wird es, bis schließlich nichts mehr ankommt. Ganz wie im richtigen Leben. Zuerst wählt man sein Squad, begibt sich zu den ersten Kontrollpunkten und versucht, diese zu erobern oder ggfs. zu verteidigen und da liegt das Manko, was allerdings (hoffentlich) auf die Alpha-Version zurückzuführen ist, nämlich die unfassbar lange Herumlauferei. Die Karten haben im Schnitt 16km², also 4×4 Kilometer und die müssen im realistischen Tempo abgelaufen, abgeschlichen und abgekrochen werden. Es dauert also, bis man endlich einmal einen Gegner zu Gesicht bekommt, wenn überhaupt, denn die sind auch nicht doof und schießen ab und zu auch einmal zurück und befördern einen ins virtuelle Jenseits. Also von vorn gespawned und losgelaufen… und gelaufen… und gelaufen… und gela… Lassen wir das.
Ansonsten gibt das Spielprinzip nichts her, außer den bekannten Strukturen wie laufen, angreifen, sichern und möglichst überleben. Man kann um Ecken linsen, die Waffen aus der Hüfte oder angelegt nutzen, Granaten werfen, FOBs (kleine Befestigungen) bauen und das alles auf großem Areal. Später sollen noch Fahrzeuge und Fluggeräte implementiert werden, aber derzeit gibt es nur die Mutter aller Einheiten, nämlich die Infanterie. Jeder Schuss kann ein Treffer sein und folglich auch tödlich und damit verbunden eine Wiederaufnahme der Lauferei, um an den gewünschten Ort des Geschehens zu kommen. Toll hingegen ist das Teamplay. Ganz im Gegenteil zu den bunnyhopping- und rushverseuchten Spielen wie Battlefield und Call of Duty, wo jeder seinem eigenen Scheiß nachgeht, sollte man hier tatsächlich so spielen und sich verhalten, wie es im Ernstfall auch in der Realität von Statten geht. Macht man das nicht, ist man schlicht und einfach tot und muss wieder laufen und laufen und lau… Nebenbei schwächt man damit sein Squad und damit die Effektivität und das nehmen die Squadmember unter Umständen übel und kicken einen in hohem Bogen hinaus.
Grafik und Sound
Jetzt kommen wir zum Eingemachten von Squad, dem epischen Taktik-Shooter. Squad wird von einem Team von etwa 26 Leuten laut Credits produziert. Dabei sind die Entwickler alle keine richtigen Produzenten und ausgebildete Fachkräfte, sondern ehemalige Modder.
In Anbetracht dessen, was ein solch kleines Team zu leisten vermag, ist es schon recht pralle, was mit Squad abgeliefert wurde. Im Vergleich zu AAA-Titeln wie A.R.M.A 3 (welches auch nicht die Grafikgeilheit an sich ist…), Battlefield, CoD und anderen Shootern muss man aber leider zugeben, das der Begriff „hübsch“ nicht auf Squad zutrifft. Die Optik ist zweckmäßig, man hat einen weitläufigen Ausblick, der aber außer der erstaunlichen Weitläufigkeit sonst nichts zu bieten hat, die Gebäude sind in der Regel recht würfelig und spartanisch eingerichtet, was sich meist auf ein paar Gasflaschen und Perserteppiche beschränkt, die allerdings so aussehen, also ob Ali Baba höchstpersönlich damit eingeflogen wäre, um hinterm Haus ein Häufchen zu machen.
Man hat überall die Möglichkeit, hinter Steinen, Brücken, Mauern, Bäumen und in Gruben in Deckung zu gehen und so zu versuchen, als Team den Gegner einzukreisen und zu besiegen. Die Waffenmodels sehen recht gut aus, teils glänzen sie ein bisschen zuviel, was einem militärischen Gebrauch überhaupt nicht zuträglich ist. Die Explosionen und Einschläge sind ebenfalls zweckmäßig, haben aber dennoch einen realistischen Charakter. Eine Explosion, die von einer Granate herrührt, hat im Gegensatz zu so manchen Film keinen Pilz aus Feuer und Rauch und Bumms und Tralala. Es knallt, es qualmt ein wenig, viel Erde und Unrat fliegt herum und der Spuk ist vorbei. Das sieht bei Squad nicht anders aus. Unspektakulär, aber so ist es nun einmal. Grafikfetischisten werden ergo bei Squad nicht auf ihre Kosten kommen. In der Endversion wird allerdings trueSky Einzug halten, und wer damit nichts anfangen kann, für den haben wir ein kurzes Aufklärungsvideo, zwar nicht vom bekannten Herrn Oswald Kolle, aber trotzdem schick:
Beim Sound geht es ähnlich oberflächlich zu. Das Peitschen der Kugeln, die durch die Landschaft fliegen, das Rattern der MGs, das Rumpeln von großkalibrigen Waffen und Granaten, alles ist irgendwie da, aber alles ist irgendwie auch nicht beeidruckend, zumindest rein auf audiophiler Basis. Wenn die Kugeln nebenan einschlagen, kriegt man es schon mit einer schweren Hose zu tun und man versucht, hektisch in Deckung zu kommen. Rein qualitativ sind die Geräusche okay, aber nicht herausragend. Die musikalische Untermalung in den Menüs ist absolut schick gemacht und durchaus passend, ruft anfangs auch einen Hauch von Gänsehaut hervor, ist aber auch schnell durchgehört und wieder ad acta gelegt.
Für und Wider…
Offworld Industries wirbt mit epischen Schlachten und Realismus bis ins Mark. Neben den offensichtlichen Unzulänglichkeiten wie dem „normalen“ Sound und der „normalen“ Grafik kommen auch kleine, aber entscheidende Einzelheiten dazu, die während des Spiels entscheidend für Erfolg und Misserfolg sein könnten. Da wären die Granaten, die wirklich gefährlich sind. Im Gegensatz zu anderen Shootern haben die Granaten eine etwas übermächtige Sprengwirkung, bzw. einen gewaltigen Wirkungsgrad. Der Soldat hat zudem die Seelenruhe weg, wenn es ums Nachladen geht. Es sieht alles realistisch aus, aber wer im Ernstfall so schlurfig nachlädt, hat entweder Eier aus Napfschneckenzahn und Nerven aus Nirosta-Stahl, oder das Anfangsstadium einer posttraumatischen Stresskrankheit und dem ist wirklich alles egal. So cool kann man einfach nicht sein, auch wenn es hinter einem zu schneien beginnt, während man eine Wüste durchquert. Episch sind die Gefechte auch nicht. Meist kämpfen Squad gegen Squad und nicht 50 on 50, bzw. 36 vs. 36. Da sind noch keine Fahrzeuge und Flieger dabei, also hat das mit epischen Schlachten (noch) nicht viel zu tun.
Einzig episch sind die Fußmärsche, die man zurücklegen muss, um ins Geschehen eingreifen zu können. Das derzeit umständliche Gameplay wird jedoch wettgemacht durch die Taktik und die Disziplin der Spieler. Hier werden Struktur und Kommandohierarchie eingehalten. Einer ist der Boss und hat ergo auch die Verantwortung, man spricht die einzelnen Schritte durch und greift organisiert an. Das bockt und sorgt für Spannung, Genuss und laaaaaange Matches, die unter Umständen schon mal 2-3 Stunden dauern können. Wer als Casual mal eben etwas abgreifen will, kann das getrost abhaken. Hier wird erwachsen und reell gezockt, hier wird nicht herumgejumped und rumgerushed, geflamed und Unsinn getrieben, obwohl ich heute von meinen Leuten erschossen worden bin, die meine Spielweise etwas seltsam fanden. Während des Fotoshootings im Spiel schaut man in der Gegend herum und macht die Bildchen, was die Squadmember als komisch aufgefasst haben und meinten, den Fotografen deshalb entsorgen zu müssen. Kurze Diskussion und einmal angeschrieen, was der Scheiß denn sollte, aber danach war alles wieder gut und weiter gings. So wird gespielt und so macht das Spaß, von dem überflüssigen Teamkill mal abgesehen. Ein kleines Sorgenkind sind derzeit noch die Server und die Framedrops, die gelegentlich auftauchen. Unser Testsystem, eine Nvidia Battlebox mit zwei Nvidia GTX 980Ti und einem Intel 5930 und 32Gbyte Arbeitsspeicher, ballert im Menü mit satten 3.500 FPS (!), stürzt aber im Spiel auf 40-45 FPS bei epischen Einstellungen ein, die aber irgendwie nicht episch aussehen. Da geht noch was, liebe Entwickler, denn am System wird es definitiv nicht liegen.
Unser Test System
Wir testen auf einer Mifcom Nvidia Battlebox die uns mit der Nötigen leistung versorgt. Falls ihr genau wissen wollt was die Maschiene kann einfach HIER klicken!
Die inneren Werte zählen:
- – Gehäuse: Corsair Carbide Air 540, schwarz
- – CPU: Intel Core I7-5930K, 6 x 3,5 GHz, Sockel 2011-3
- – Motherboard: Asus X99-A/USB3.1, Sockel 2011-3
- – Grafikkarten: 2x EVGA Nvidia GeForce GTX 980 Ti, 6 GByte, SLI-Verbund
- – Memory: 32 GByte, Crucial Ballistix Sport LT, DDR4-2400 CL 16
- – SSD: 512 GByte Samsung 850 Pro SATA 3
- – HDD: Western Digital Caviar Black 4TByte, SATA3
- – PSU: Corsair Quiet RM Serie, 1000 W
- – CPU-Cooler: Corsair Hydro Serie H 100i GTX Wasserkühlung
Fazit
Squad ist cool! Bockschwer und herausfordernd, aber cool. Neu und hardcore ist es hingegen nicht. Wer A.R.M.A 3 mit einer der zahlreichen Hardcoremods hat, braucht Squad (derzeit) nicht. Dafür ist A.R.M.A ausgereift und (man glaubt es kaum, dass dieses Wort ausgesprochen wird…) „hübscher“. Das realistische Setting, der Schwierigkeitsgrad, das Teamplay und die größtenteils erwachsene Community (Ausnahmen gibt es bekanntlich überall…) machen diesen Titel wertvoll für Leute, die keine Lust auf unreife Kiddies und deren affiges Verhalten haben. Leute mit Grafik- und Soundfetisch werden enttäuscht sein, die recht wenigen Waffen sorgen derzeit noch für wenig Möglichkeiten, aber wer auf spannenden Fight mit realistischem Hintergrund steht, hat sicherlich Spaß, muss aber zwischen 35-40 Einheiten der örtlichen Währung investieren, um auf den Geschmack zu kommen. Es ist fraglich, ob es etwas zuviel Kohle für eine Alpha im Early Access ist, denn es bleibt immer das Risiko, dass die Entwickler noch Jahre brauchen, bis die V1.0 erscheint (falls überhaupt), aber bei Offworld Industries sollte man keine Sorgen haben. Für eine Alpha ist das Ding ok, für eine Final aber zu wenig. Die Pläne haben noch einiges an Inhalten in Petto, also freuen wir uns auf weitere Schlachten und spannende Fights, die dann wirklich episch werden könnten, wenn die Entwickler alles richtig machen. Voraussetzung ist allerdings der einwandfreie Betrieb der Server und eine Reduzierung der Performanceprobleme, die wir noch der Alpha-Version zuschreiben. Leider ist nicht alles Gold, was glänzt, also vergeben wir eine Silbermedaille mit einer eingeschränkten Kaufempfehlung, denn jeder muss selbst entscheiden, ob ihm der jetzige Zeitpunkt zum Kauf ausreicht oder ob man doch noch lieber warten sollte.
Wir behalten uns vor, die Wertung bei Erscheinen einer neuen Version oder der Final anzupassen und statt der eingeschränkten Kaufempfehlung Punkte neu zu vergeben. Die Fairness sollte gewahrt bleiben.