Dass PUBG ein Cheater-Paradis ist, verdanken sie auch Brendan Greene und seinen Versprechen. Der Profitgier von Bluehole und völlig falschen Herangehensweisen. Mehr verrät uns ein Hacker im Interview!
Cheating hat in Online-Spielen beinah eine lange Tradition, aber wohl eher als eine Unbeliebte. Von den frühen Anfängen des Multiplayer-Gaming, als gänzlich der gesamte Code eines Spiels dem Hacker frei zur Verfügung stand, von GM-Hacks und globalen Server Crashes gab es schlichtweg alles, was man sich an Cheats nur vorstellen konnte.
Doch besonders in den letzten Jahren traten Entwickler, mithilfe von Anti-Cheat Software von Firmen, die sich einzig auf solche Software spezialisieren, einen verbitterten Kampf gegen die großen und kleinen Hack-Seiten an. Und mehr und mehr wird auch der Weg über das Gericht nicht gescheut. Denn mit Millionenklagen wie gegen einen Bot-Hersteller in Deutschland (Blizzard gegen Bossland GmbH) und anderen Klagen wurden Präzedenzfälle geschaffen und die Erfolgsaussichten zu gewinnen sind entsprechend gestiegen. Aber das beschränkt sich nur auf die einzelnen Länder. Für viele dennoch ein Fortschritt.
Dass Playerunknown’s Battlegrounds schon seit längerer Zeit mit einer Vielzahl an Cheatern zu kämpfen hat, ist kein Geheimnis. Und auch, dass sie aktiv dagegen vorgehen, wissen wohl die Meisten. Während man in China 120 Hacker, also die Hersteller und/oder Vertreiber von solchen Cheats festnahm, und Brendan Greene, Erfinder von PUBG, beschwichtigt, dass 99% aller Cheats aus dem Reich der Mitte kommen, scheint das Problem „Cheater“ kein Ende zu nehmen.
Im Gegenteil, Hacker finden immer wieder neue, ungesicherte Lücken im Code und können nun sogar deine Gesundheit sofort hochheilen oder den Partner instant wiederbeleben. Und dagegen werden auf lange Sicht weder Festnahmen und langjährige Gefängnisstrafen von talentierten Menschen, noch die beste Anti-Cheat Software helfen. Und sowieso nicht das „Beschränken“ von Chinesen auf einem Server, was einige fordern.
Denn seien wir mal ehrlich, wer tatsächlich der Aussage von Greene glaubt, dass 99% aller Cheats und Cheater aus China kommen, der glaubt auch an das Spaghetti-Monster aus South Park. Natürlich hat er damit recht, dass viele Cheats in China angeboten werden, dennoch boomt auch der westliche Markt, was Cheats angeht. Und besonders PUBG-Cheats sind ein Kassenschlager auf vielen großen Seiten.
Dazu bieten etliche hunderte Hacker auch sogenannte „Private-Hacks“ an, welche eine bestimmte Anzahl von „Slots“ besitzen, also eine maximale Grenze an Nutzern. Diese belaufen sich meistens auf knapp über 100 Spieler. Und sind überall restlos ausverkauft, trotz oft horrenden Preisen. Und von all den „kostenlosen“ Angeboten möchte man gar nicht erst anfangen. Einfache Wallhacks sind hier sehr beliebt.
„Vielmehr sind die Hersteller hochwertiger Cheats große Könner in Sachen Programmierung. Es erfordert jahrelange Erfahrung, viel Knowhow und gewisse Intelligenz, einen guten Hack zu basteln.“
Zugegeben, durch die Klagen gegen Cheater und Hacker [Cheater = User │Hacker=Hersteller] kriegen zunehmend einige Bammel, wenn sie nur daran denken, einen Cheat für ein Spiel anzubieten, wenn dessen Entwickler aktiv gegen Hacker auch auf dem rechtlichen Weg vorgehen. Doch werden die Klagen nie gänzlich alle Hacker vergraulen. Im Gegenteil, sollte wirklich ein Konkurrenzprodukt ausgeschaltet werden, so laufen Kunden auf andere Seiten über.
Dazu kommt, dass zu viel im Untergrund passiert, so dass Entwickler gar nicht mitbekommen können, wer alles Cheats anbietet. Und auch Hacker sind keine Deppen. Vielmehr sind die Hersteller hochwertiger Cheats große Könner in Sachen Programmierung. Es erfordert jahrelange Erfahrung, viel Knowhow und gewisse Intelligenz, einen guten Hack zu basteln. Welcher dann auch noch gegen Anti-Cheat Maßnahmen immun ist und bei einer sogenannten Detection nicht zurückverfolgbar ist. Um nur einen geringen Teil dessen zu nennen, was man können muss.
Das mag jetzt so klingen, als würde ich mich auf die Seite der Hacker stellen. Nicht im Geringsten. Auch ich könnte dreimal im Kreis kotzen, wenn ich einen Cheater in PUBG oder anderen Spielen begegne. Es gibt kaum etwas Schlimmeres. Die Frage, die man sich aber stellen sollte: gibt es überhaupt eine Aussicht auf eine cheatfreie Zukunft in PUBG oder irgendeinem anderen Multiplayer? Oder sollte man sich vor allem als Spieler an die lästige Begleiterscheinung gewöhnen?
„Zu garantieren, dass ihr Spiel komplett cheatfrei sein wird, ist meiner Meinung nach eine schlechte Idee!“
Und auch der Traum von Brendan Greene ist wohl kaum umsetzbar. Ein „cheaterfreies Spielerlebnis garantieren“, das kann kaum funktionieren. Oder doch?
Mir ist es gelungen, einen bekannten Veteranen der Hacking-Szene zu einem Interview zu überreden, damit er uns seine Ansichten über das Cheat-Problem in PUBG und im Allgemeinen erzählt. Durch seine jahrzehntelange Erfahrung und einem großen Ruf möchte die Person jedoch anonym bleiben. Aus diesem Grund nenne wir sie „Mr.X“.
Das Interview führte Max Flor
SZ.de: Brendan Greene, Erfinder von PUBG, möchte ein cheaterfreies Spiel garantieren. Sie als Veteran mit weit über einem Jahrzehnt Erfahrung in der „Cheater-Szene“, was würden Sie sagen: ist es überhaupt möglich, ein Cheat-freies Spielerlebnis, vor allem bei einem so großen Spiel oder auch in anderen, zu garantieren?
Mr.X: Als Spielehersteller zu garantieren, dass ihr Spiel komplett cheatfrei sein wird, ist meiner Meinung nach eine schlechte Idee, denn sie werden es nicht halten können.
SZ.de: Wie sollten Entwickler dagegen vorgehen? Schließlich scheint ja kaum eine Methode wirklich die Hacker in Zaun zu halten. Anti-Cheat Systeme wie BattleEye werden umgangen, 120 Festnahmen in China scheinen kein Belang hier im Westen zu haben. Und auch Klagen von Epic Games oder Blizzard scheinen die große Masse nicht aufzuhalten.
Mr.X: Sie, bzw. BattleEye können versuchen, die meisten Cheats, oder auch die „Noob-Coder“ zu unterbinden, was sie ja auch schon machen, aber es wird immer wieder einige geben, die sich trotzdem nicht aufhalten lassen.
SZ.de: Also gibt es keine wirklichen Maßnahmen, den Hackern den Garaus zu machen?
Mr.X: Sie können den Hackern den Weg zum Ziel nur erschweren, sie aber nie gänzlich aufhalten. Selbst wenn die Cheats nach einiger Zeit erkannt werden, so wird es nicht möglich sein, das Spiel komplett cheatfrei zu halten. Es ist aber ohnehin im Sinne des Spieleherstellers, Cheater nicht sofort und für immer auszuschließen. Denn wenn ein Cheater gebannt wird, dann wird er höchstwahrscheinlich das Spiel nochmals erwerben, was dem Unternehmen natürlich Geld einbringt.
SZ.de: Wie meinen Sie diesen letzten Satz? Dass Entwickler bewusst Spieler auch später bannen und daraufsetzen, dass sie sich wieder einen neuen Account zulegen?
Mr.X: Meiner Meinung nach bannen die Entwickler oder die Anti-Cheat Systeme die Spieler bewusst in sogenannten „Banwellen“, dies ist auch gut aus Sicht der Spieleentwickler, da es den Cheat-Entwickler erschwert herauszufinden, wo und wann genau ihr Cheat detected wurde, und vor allem wie.
Bei einer sofortigen Banreaktion auf eine Detection wäre dies für den Cheat-Entwickler wesentlich leichter nachzuvollziehen, als wenn es delayed geschieht. Abgesehen davon wird, wenn man erwischt wird als Cheater, nur der aktuelle Spiele-Account gebannt. Theoretisch hätte der Spieleentwickler jedoch die Möglichkeit, den Spieler für immer auszuschließen anhand dessen HardwareID, so genannte Hardwarebans. Diese werden aber bei BattleEye erst nach mehrmaligem Auffallen als Cheater herausgegeben, somit hat jeder die Chance, das Spiel nochmals zu erwerben.
SZ.de: Theoretisch müsste man also eigentlich sofort den Spieler mit seiner HardwareID verbannen oder gibt es noch andere Lösungen? Geschieht alles am Ende nur aus Profitgier?
Mr.X: Inwiefern es hierzu bessere Lösungen gibt und ob der Spielehersteller das absichtlich macht um mehr Profit zu bekommen, darüber lässt sich streiten. Und auch den Entwicklern kann hier ihre genaue Absicht nicht nachgewiesen werden.
SZ.de: Ich danken Ihnen für das Gespräch.
„Sie geben die Aufgaben an kleinere Mitarbeiter ab und erwarten dann ein Wunder.“
Heißt also aus dieser Sicht, dass ein cheatfreies Spiel nie möglich sein kann. Und gegen ein cheatfreies PUBG steht auch, dass der Profit für einen Cheat-Anbieter zu hoch sein wird. Bei dieser Masse an Spieler finden sich entsprechend viele Abnehmer für einen Cheat, wenn die Software richtig an den Mann gebracht wird. Es besteht also auf beiden Seiten eine gewisse Profitgier, wenngleich sie beim Entwickler nur vermutet werden kann. Unwahrscheinlich ist es aber nicht, dass man aus dieser lästigen Begleiterscheinung wenigstens etwas Geld auszuquetschen versucht.
Man könnte relativ grob rechnen, dass jeder tausendste Spieler einen Cheat kaufen wird. Das sind auf 28 Millionen Spieler (in PUBG) etwa 28.000 Cheater. Und bei PUBG, wo der durchschnittliche Preis bei etwa 30 € pro Monat liegt, und das ist noch gut gerechnet, sind dies fast 900.000 € Umsatz pro Monat. Also im Jahr verdienen Cheat-Anbieter als „Branche“ weit über 10.000.000 € weltweit, nur mit PUBG-Cheats. Es gibt natürlich auch andere Spiele, wo die Cheater-Population deutlich höher ist.
Und auch mehr als 2⁄3 der Cheater verbannt zu haben, nachdem ein neues Cheat-System in PUBG implementiert wurde, ist kein Erfolg und wenn nur ein Teil-Erfolg. Zu schnell lässt sich dieses von den Hackern umgehen, zu schnell haben die Spieler sich einen neuen Account zugelegt. Wer 30 € oder mehr für einen Cheat ausgibt, der gibt auch ein zweites Mal 30 € für ein Spiel aus.
Doch ist nicht nur der Antriebswille von Hackern, Geld zu verdienen und ggf. auch der Reiz, ein Machtspiel mit Entwicklern zu führen, ein ausschlaggebender Punkt, dass Cheater immer präsent in einem Multiplayer-Spiel sein werden. Beziehungsweise, dass es immer genügend Angebote gibt. Es könnte auch an der internen Führung in Firmen liegen, dass Hacker immer wieder die Nase vorn haben.
Vielleicht unterschätzen die großen Konzerne sogar den kleinen Mann. Oder sie beschäftigen sich kaum bis gar nicht mit den Cheats und leiten so auch falsche oder überhaupt keine Maßnahmen ein, abgesehen von der Implementierung eines Anti-Cheat Systems. Aus einer anonymen Quelle wurde mir bereits vor längerer Zeit berichtet, wie große Konzerne oft mit dem Thema Hacking intern in der Firma umgehen.
Chefs wissen nicht, was genau Hacks sind. Oder wie sie funktionieren. Und hoffen, dass ihr gekauftes Anti-Cheat System den Rest erledigt. Und das in einem Milliardenkonzern, in diesem Falle NEXON. Sie geben die Aufgaben an kleinere Mitarbeiter ab und erwarten dann ein Wunder. Dass man durch das bloße Betrachten einer Website, welche Cheats anbietet, sich diese in Luft auflösen. Man könnte fast behaupten, es ist ihnen relativ oder sie besitzen nicht den nötigen Geist zu verstehen, wie und was Hacking in Games eigentlich ist.
Obwohl man wusste, dass der Spieler kein Cheater ist, und ein vermeintlicher Beleg eigentlich ein Bug des Spieles war, hielt man an der Sperrung fest, über Jahre hinweg.
Oder sie greifen zu härteren Maßnahmen und es trifft unschuldige Spieler. Es wird nicht mehr zwischen Cheater und guten Spielern unterschieden. Sondern einfach alles, was trotz ohne Belege nur verdächtigt wirkt, wird gebannt. Und das teilweise sogar bewusst von den Game Administratoren so gewollt.
Obwohl man wusste, dass der Spieler kein Cheater ist und ein vermeintlicher Beleg eigentlich ein Bug des Spieles war, hielt man an der Sperrung fest, über Jahre hinweg. Und beraubte so auch Spieler von ihren Accounts im Wert von mehreren hundert Euros. Und der Firma? Interessierte es nicht. Es musste schon ein neuer Mitarbeiter kommen, damit wieder Gerechtigkeit geschieht.
Dies ist zwar nur ein Einzelfall, zugegeben von einer großen Firma, aber dennoch ein Einzelfall. Auch wenn sich Entwickler wie die von BattleEye auf das Detecten von Cheats spezialisiert haben, so braucht man, um wirklich ein beinah cheatfreies Spiel anzubieten, auch intern und bei den Programmierern mehr Knowhow im Wissen, wie man so etwas unterbinden kann.
Das kann schon damit anfangen, dass so viel wie möglich alles Server-Sided abgefragt wird. Rocket League wäre hierzu ein Beispiel. Alle Informationen, von Position, Geschwindigkeit, Boost-Amount, Flugbahn des Balles etc., alles wird mit dem Server kommuniziert. Keine Möglichkeit, im Code etwas zu ändern. Da müsste man schon in Real-Time auf den Server direkt zugreifen und dort den Cheat einspeisen. Doch dies wäre alles andere als legal. Cheaten ist dabei noch in einer „Grauzone“, wie es Streaming auf Kinox in der EU einst war.
Keine Frage, es ist möglich, ein Spiel freier von Cheatern zu bekommen, die Zahl also auf ein Minimum zu reduzieren. Jedoch nie, ein Spiel gänzlich von den Cheats zu befreien. Irgendeine Möglichkeit, irgendein Schlupfloch wird der Hacker immer finden, ob im Code oder im Rechtsweg.
Und weltweit das Cheating oder das Entwickeln und Anbieten von Cheats zu verbieten wird kaum möglich sein. Selbst wenn Länder wie Deutschland oder die USA nach und nach das Cheating als eine Copyright-Verletzung ansehen, werden die Firmen, also die Internetseiten, einfach als Briefkastenfirma in Mexiko angemeldet.
Und was ist nun der Minimalkonsens?
Es wird Zeit, sich an die Cheater zu gewöhnen. Als Spieler hat man sowieso nur ein Mittel, sich gegen sie zu wehren: Den Cheater nicht ansprechen, ihm also keine Aufmerksamkeit schenken, ihn sofort reporten und wenn möglich ein Beweisvideo an den Entwickler schicken. Denn Beweise sind das beste Mittel für einen schnellen Bann. Wenngleich es für einen HardwareID-Bann dann doch etwas länger dauert.
Als Entwickler hingegen wäre eine aussichtsreiche Möglichkeit, den Hacker selbst für sich zu gewinnen. Dass man einem talentierten Coder einen Job anbietet, wo es darum geht, das Spiel gegen Hacker sicherer zu gestalten. Schließlich ist kein Argument auf dieser Welt überzeugender, als ein guter Monatslohn und eine sichere Anstellung. Und am Ende weiß keiner besser, wie man ein Spiel sicher vor Cheats hält, als der Hersteller solcher Cheats selbst.