Killerspiele – schon seit Jahren ein kontroverses Thema, vor allem wenn mal wieder ein psychisch angeschlagener Schüler zur Waffe greift und sie auf ehemalige Kameraden und Lehrer richtet.
Zugegeben, die Überschrift und der erste Satz mögen dem einen oder anderen bitter aufstoßen oder als sehr provokativ angesehen werden, doch genau dies stellen die Medien auch mit unseren Videospielen an. In Schlagzeilen wie „Die Spiele sind brutaler geworden“, „Psychologie: Killerspiele schaden doch“ und „Killerspiel-Debatte: Spiele sind schuld an Rocker-Gewalt“ treiben uns wohl schon seit einigen Jahren auf die Palme, gerade dann, wenn sich politische Parteien, im Jahr 2010, mit in die Diskussion einmischen und einen Satz wie die damalige Justizministerin Beate Merk loslassen, die Kinderpornografie und Killerspiele im selben Atemzug miteinander vergleicht und meint, es müsse unbedingt beides verboten werden, dann fassen wir uns als Spieler doch schon härter an den Kopf, als gewöhnlich. Doch woher kommt der Begriff eigentlich, wieso wird er so oft benutzt und warum gibt es keine genauere Definition für ein „Killerspiel“?
Ursprung
Eine erste Debatte rund um gewaltverherrlichende Spiele gab es bereits im Jahr 1976 in den USA als der Spielautomat „Death Race“ geschaffen wurde. Als Spieler fuhr man einen stilisierten Wagen, der Strichmännchen umfahren musste und dafür mit Punkten belohnt wurde. Daraus entwickelte sich eine erste große Debatte in den Staaten, wobei jedoch nicht explizit das Wort „Killerspiel“ gefallen ist. Dieser Begriff fiel – mehr oder weniger – erst vor kurzer Zeit, und zwar im Jahr 1993 und nicht wie erwartet erst nach Winnenden. Am 20. Dezember 1993 titelte der Spiegel „Zwitter und Zombies“ und thematisierte das Spiel Mortal Kombat. Es ging selbstverständlich um das Thema gewaltverherrlichende Spiele – wie soll es auch anders sein? Der entscheidende Begriff fand sich dann in folgender Passage: „‚Je differenzierter die Studien, desto geringer sind die tatsächlich nachgewiesenen Effekte‘, sagt der Freiburger Soziologe Klaus Neumann-Braun. Denkbar scheint allenfalls, dass Killerspiele dann Einfluss auf Kinder haben, wenn die auch wirkliche Gewalt erleben.“
Wie man jedoch unschwer erkennen kann, ist diese Debatte rund um Videospiele mit Gewalt-Faktor nicht neu, sondern wird schon seit Jahren und Jahrzehnten immer wieder auf ein Neues geführt. In Deutschland landete 1984 das erste Spiel namens „River Raid“ auf dem Index. Wieso? Weil man als Flugzeug gegnerische Schiffe versenken sollte. Fortan durfte es nicht mehr verkauft und/oder öffentlich angeboten werden. Wenn wir darauf heute, 32 Jahre später, zurückblicken fragen wir uns sicherlich, wieso das Ganze so entschieden wurde. Nun ja, man muss sich hier einfach mal in die Zeit zurückversetzen. Es sind nicht ganz 40 Jahre seit dem zweiten Weltkrieg vergangen und der Kalte Krieg ist in vollem Gange, zudem ist Deutschland noch zweigeteilt. Man wollte demnach einfach verhindern, dass die Kinder einen Hang zum Krieg und zum Töten von Menschen entwickeln.
Richtig angekommen in Deutschland ist der Begriff „Killerspiele“ jedoch erst 2009. Als am 11. März 2009 das Unfassbare in Winnenden, in der Nähe von Stuttgart, passiert, wusste noch niemand, was darauf folgen sollte. Nach der Tat untersuchten die Ermittler den PC um mögliche Motive und Ursachen für den Amoklauf von Tim K. zu finden. Natürlich wurde auch die Familie mehr oder minder geprüft und auch dort nach Ursachen gesucht. Fakt ist, dass sein Vater im Schützenverein ist und somit auch eine Waffe zu Hause hatte. Tim wollte beim letzten gemeinsamen Besuch im Schützenverein unbedingt den Umgang mit der Waffe lernen und wusste auch, wo sich die Waffe und die Munition zu Hause befindet. Was jedoch zu einem sehr, sehr, großen Teil später in den Medien thematisiert wurde, waren die Tätigkeiten, die Tim auf seinem PC ausgeführt hat.
Es wurde minutengenau zurückverfolgt, wann er welches Spiel geöffnet und beendet hat, wie sein Internet-Pseudonym lautet, welche Kommentare er von sich gab, welche Spiele er installiert hatte und was für Bilder er auf dem PC hatte. Sein letztes Spiel war Far Cry 2, zudem hatte er noch Counter Strike und Tactical Ops installiert. So entfachte die wohl strittigste Diskussion um sogenannte „Killerspiele“ und seitdem ist dieser Begriff ein fester Bestandteil von Diskussionen, wenn es um Spiele geht, die vom Krieg oder generell von Gewalt handeln.
Häufigkeit des Begriffs
Der Begriff Killerspiel(e) ist so stark, wie auch schwach, gleichzeitig. Er beschreibt alles an Spielen, welche vielleicht auch nur im Ansatz das Thema Gewalt oder Krieg thematisieren. Entsprechend ist auch die Wirkung an die Spieler und eben jene, die sich nicht mit den Spielen auseinandersetzen. Es überdramatisiert die Spiele dermaßen, dass sie von Unwissenden eben nur als solch schlimmen Werke angesehen werden können, die der Begriff schon vorausahnen lässt. Demnach ist es wohl auch eins der Begriffe, der bei keiner Diskussion um gewaltverherrlichende Spiele fehlen darf. Zum Nutzen des Begriffs muss auch kein Fachwissen vorhanden sein, denn jeder kann sich etwas unter „Killerspiel“ vorstellen.
Definition
Womit wir auch schon bei der Definition des Begriffs wären. Eine offizielle juristische Definition gibt es nicht. Es wird jedoch grob als negativ konnotierte Bezeichnung für Videospiele verwendet, die Gewalt gegen Menschen oder menschenähnliche Spielfiguren beinhalten. Es gibt zwischen den Jahren 2006 und 2009 fünf verschiedene Definitionen, so definiert der wissenschaftliche Dienst des Bundestages Killerspiele als Computerspiele, in denen möglichst realistisch das Töten von Menschen in einer fiktiven Welt simuliert wird und dies dabei ein wesentlicher Bestandteil der Handlung und des Erfolges des Spielers ist. Bedeutet auf gut Deutsch einfach, dass man als Spieler für das Töten Punkte oder sonstige Erfolge bekommt und/oder das Töten von Menschen wichtig ist, um in der Handlung weiter voran zu kommen.
Einfacher sehen es da die Mitglieder des Schweizer Nationalrats 2007, dort sagen sie, dass dies Ego-Shooter sind, die mit einem 16+/18+ Rating von der Pan European Game Information versehen wurden. Alle anderen Definition richten sich in einem ungefähren Maße an die des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags von 2006. Wie jedoch jedem schon aufgefallen ist, es gibt keine feste Definition des Begriffs. Die Problematik dahinter ist, dass es laut Medienwissenschaftlern ein sehr suggestiver Begriff ist und nicht objektiv genug, um jeden Standpunkt entsprechend vertreten zu können.
Fazit
Sogenannte „Killerspiele“ sind mit Sicherheit kein einschlägiger Ursprung für solche Gräueltaten wie Amokläufe oder sonstige Aktivitäten, die echte Menschenleben fordern. Was man jedoch nicht absprechen kann ist, dass die Spiele viele Möglichkeiten bieten, Umgebungen nachzubilden, wie der Map-Editor von Counter Strike. Psychisch angeschlagene Menschen können hier also als Beispiel virtuell ihr Vorgehen vorbereiten. Wie Jan Hegenberg im Song „Nichts gelernt“ bereits thematisiert „Du hast mich gedisst / Du mich ignoriert / Deine Noten haben mein Leben versaut / Jetzt sehr ihr, was passiert. / Ene mene miste / Heute rappelts in der Kiste / Das wird mein Hit, ich bin weg / und dich, und dich“ sind die Gründe eher im menschlichen Umfeld der Täter zu suchen. Wobei es aber auch immer eine Rolle spielt, wie affin man solche Fantasien ist und inwieweit man Zugriff zu scharfen Waffen, wie im Beispiel bei Tim K. aus Winnenden, hat.
Wobei ich aber zustimmen muss, ist, dass Kinder möglichst lange von gewaltverherrlichenden Spielen ferngehalten werden sollten, bis sie sich eigene Meinungen bilden können. Ein Zehnjähriger, der sich bereits in Call of Duty oder Counter Strike herumtreibt, kann einfach noch nicht eigenständig darüber nachdenken, inwieweit das richtig ist, was dort geschieht. Hierbei geht es aber eher um ethische Gründe, als um wirklich wegweisende für die Kinder. Jeder, der keinen Knacks in seinem Kopf hat, weiß, was er tut und was er nicht tun sollte. Zudem sind solche Spiele für den Großteil der Spieler eher ein Weg zum Abreagieren, um Frust rauszulassen oder um einfach generell mal von einem stressigen Tag herunterkommen zu können. In diesem Sinne noch einmal: Games machen keinen Täter, sondern Menschen machen den Täter. Niemand mag (den Begriff) „Killerspiele“, aber alle lieben Videospiele!
Wie steht ihr zu diesem Thema?