„Hängst du schon wieder den ganzen Tag vor dem PC herum?“ Ich fahre zusammen, als meine Mutter plötzlich direkt neben mir auftaucht und mir einen wütenden Blick zuwirft. Dann wandern ihre Augen schnell wieder zum Bildschirm zurück, wo ich gerade dabei bin, das gegnerische Team platt zu machen. Ich nehme mein Headset herunter, aber da stampft sie auch schon aus meinem Zimmer. Mit einem Seufzen wende ich mich wieder dem Game zu und ignoriere, dass das Ganze mit Sicherheit noch ein Nachspiel haben wird.
Ihr müsst zugeben: Diese Situation wird mit Sicherheit den meisten von euch bekannt sein. Genauso wie das Gespräch, das daraufhin folgt, wo eure Eltern euch zu erklären versuchen, wie gefährlich und schlecht doch das Zocken ist. Ihr wiederum wollt nicht auf das hören, was euch gesagt wird, denn ihr wisst es natürlich besser.
Es ist vermutlich ziemlich ungewöhnlich, dass jemand einen Kommentar zu diesem Thema verfasst, aber zu diesem Zeitpunkt glaube ich, dass es gar keine so schlechte Entscheidung ist. Ich möchte mit diesem Artikel niemanden angreifen und es soll mir deswegen auch niemand böse sein, aber vielleicht wäre es gar nicht mal so schlecht, die Seiten von Gamer und ihren Eltern gleichermaßen aufzuzeigen.
Das Problem
So oft Videospiele auch kritisiert werden, bestreiten kann niemand, dass sie einen immer größeren Stellenwert in der Gesellschaft beziehen und umso wichtiger ist es daher, dass vor allem Menschen der älteren Generationen lernen, dass nicht alles schlimm ist an diesen „Ballerspielen“. Viele Eltern und Großeltern haben einfach nicht die nötige Erfahrung sammeln können, um sich bewusst zu machen, zu was Videospiele fähig sind. Dass sie einen verzaubern und in eine völlig andere Welt entführen können. Schließlich tun Bücher doch dasselbe mit einem, oder nicht? Warum haben unsere Eltern also nichts gegen das Lesen? Unsere Erziehungsberechtigten sind einfach in einer anderen Zeit aufgewachsen, in der die Technologie noch nicht so weit fortgeschritten war und in der das soziale Umfeld vermutlich auch ganz anders gewesen ist. Wo unsere Eltern damals als Kinder auf dem Hof helfen mussten und keine Zeit hatten, um ihre Köpfe von diesem „Unsinn“ zu vernebeln. Wir sind da eine ganz andere Generation, die mit Smartphones, Flachbildfernseher und eben auch Konsolen aufgewachsen ist. Wir haben andere Einflüsse und Eindrücke von der Welt aufgenommen.
Appell an die Eltern!
Ich weiß nicht, wie viele Eltern diesen Text hier lesen werden, aber ich möchte es mir trotzdem nicht entgehen lassen, eine Art Appell an all diejenigen zu richten, die im Augenblick Kinder aufziehen. Es ist bei weitem nicht alles schlecht, was euch neu und fremdartig erscheint. Gut, das, was ihr seht, mag vielleicht verstörend auf euch wirken, wenn ihr seht, wie euer Kind den ganzen Tag vor dem PC oder vor der Konsole verbringt, wie wild um sich klickt, das Headset fest auf den Ohren hat und sich über dieses und jenes aufregt. Was euch jedoch dabei entgeht ist die Tatsache, dass das Headset und das „Gekreische“ sich nicht immer nur dem Spiel widmen, sondern vielmehr auch eine Kommunikation stattfindet. Wir spielen zwar gegen, aber natürlich auch mit Spieler und gerade diese Games ermöglichen es uns, dass wir auf solche Spieler treffen, deren Interessen wir teilen und mit denen wir uns gut vorstehen. So gut, dass die Beziehung noch über das Spielen hinausgeht und man sich auch so gerne miteinander unterhält und einfach Spaß hat. Ihr wärt überrascht, wie viele nette und witzige Menschen es gibt, denen man ohne das Zocken vermutlich nie begegnet wäre. Spielen verbindet und bringt Menschen zusammen. Sie muntern einen wieder auf, wenn man einen schlechten Tag gehabt hat und lassen die Sorgen für ein paar Minuten verschwinden. Ihr dürft und sollt aber natürlich auch weiterhin kritisch bleiben und hinterfragen, was im Zimmer eures Kindes vor sich geht.
Wir Gamer dürfen uns jetzt aber auch nicht einfach zurücklehnen und stur der festen Überzeugung bleiben, dass man selbst Recht hat. Ich möchte euch nicht vorschreiben, was ihr zu tun und was ihr zu lassen habt, aber einen Lösungsansatz gibt es immer und der lautet: Reden. Sprecht euch mit euren Eltern aus und dies am besten so, dass nicht alles in einer triftigen Diskussion endet, in der beide Parteien wütend den Raum verlassen. Hört zu, was eure Eltern für Sorgen haben und zeigt ihnen einmal die besondere Seite der Spielewelt. Natürlich kann ich euch damit nichts versprechen, aber ein ernsthaftes Gespräch ist immer noch besser als sich ständig wegen demselben Thema anzukeifen. Wenn eure Eltern sagen, dass ihr den ganzen Tag vor dem PC sitzt und andere Dinge vernachlässigt, dann denkt auch darüber nach: Kümmert ihr euch überhaupt noch um die häuslichen Pflichten oder erledigt ihr Schularbeiten? Und was ist mit euren ganzen Freunden, die ihr aus der „realen Welt“ kennt und die vielleicht nicht so spielebegeistert sind, wie ihr es seid? Wie geht es denen eigentlich?
Ich bin bei weitem niemand, der hier irgendjemandem etwas vorschreiben möchte. Stattdessen will ich lieber jeden zum Nachdenken bewegen und hoffe, dass dieser Kommentar die eine oder andere Wirkung erzielt hat und/oder erzielen wird.