Immer wieder werde ich damit konfrontiert, ich sei eine „Grafik-Bitch“. Spiele wie Fallout oder Skyrim bräuchten keine überragende Technik, um zu gefallen. Ich finde, das stimmt nicht!
Es ist Donnerstag, und weil es schon nicht donnern mag, werd ich euch jetzt mal vor den Latz donnern, was mich derzeit wieder gewaltig auf die Palme bringt. Der Donnerstag scheint mir ein passender Tag, um meinen kleinen, persönlichen Krieg mit der Gaming-Welt fortzuführen.
Vorweg, mit der Meinung, die ich in diesem Artikel vehement vertreten werde, stehe ich offenbar relativ alleine da. Dessen bin ich mir bewusst, und trotzdem werde ich meine Meinung dazu nicht mehr ändern. Wenn ich außerdem in meinem Text das Wort Technik benutze, meine ich damit Animationen, Detailgrad und -verliebtheit und die Interaktion mit der Spielwelt.
Als ich den Trailer zu Fallout 4 gesehen habe, war ich doch schon sehr enttäuscht. Natürlich, es ist grafisch deutlich besser als Fallout 3 oder New Vegas, auch als Skyrim, aber vor allem an den Charakter(Menschen)- und diversen Tier(Monster)modellen hapert es doch gewaltig. Die Bewegungen wirken nicht flüssig, sind eingeschränkt, die Figuren „passen“ nicht wirklich in die Welt.
Als Beispiel, wie ich mir ein Spiel vorstelle, führe ich einmal The Division an. Da das Spiel noch nicht veröffentlich ist, beziehe ich mich jeweils auf die Eindrücke aus dem aktuellsten Material, in diesem Fall dem Gameplay von der E3 2015. The Division strotzt nur so vor Animationen, Effekten, Charakter- und Umgebungsdetails. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich allein beim stupiden Umherwandern in der Welt unglaubliche Freude am Spiel haben werde. Ich kann mich einfach nicht mit einer Welt identifizieren, in der Menschen sich in Fahrzeuge beamen, sich Schalter und Hebel wie magisch betätigen und Türen ganz von alleine aufgehen. Braucht ein RPG doch nicht, wenn die Story und die Quests passen, sagt man mir. Wo ich mir dann nur denke, achso, ein Rollenspiel, in dem es um Atmosphäre, Immersion und die Welt um den Spieler herum geht, braucht keine Grafik, die das Ganze unterstreicht, keine Technik, die dir das Gefühl vermittelt, du bist hautnah dabei?
Machen sich diese Spieler nicht etwas vor? Ist es nicht mehr ein Hinnehmen des angebotenen Contents? Gemäß dem Motto: „Wir bekommen nicht mehr, also gefällt es uns so, wie wir es haben“? Ein gutes RPG soll mir doch ermöglichen, alles zu tun, was ich will. Auf einen Berg, ein Haus oder sonst wo hinaufklettern zu können. Ich will mir einen Verband anlegen, für meine Gesundheit verantwortlich sein, und nicht per Klick oder gar automatisch geheilt werden. Komplett in das Spiel gezogen zu werden, das sollte meiner Meinung nach Standard sein.
Und ein weiterer Aspekt: Bei Spielen wie Battlefield, Fallout und Co., die mit einem mehrstelligen Millionenbudget ausgestattet sind, finde ich es eine Frechheit, wenn wir mit veralteter Grafik und Technik abgespeist werden. Battlefield 4 allein hat inzwischen mehr als 100 Millionen US-Dollar Entwicklungskosten verschlungen. Und dann haben die einzelnen Klassen kein eigenes First-Person-Modell? Euer Ernst?
Denn auch in Shootern, die ja allgemein grafisch und technisch als „fortschrittlich“ gelten, hakt es an allen Ecken und Enden. In diesen Spielen geht es leider nur noch um das schnelle Töten und Respawnen, Töten und Respawnen. Die meisten Spieler finden jede Animation mehr überflüssig und „spielverlangsamend“. Wäre ja auch wirklich vom durschnittlichen Battlefield oder CoD-Spieler zuviel verlangt, ihn mit ein bisschen taktischer Tiefe zu konfrontieren. Wie etwa: „Habe ich die Zeit, in das Fahrzeug einzusteigen, wenn die Animation x Sekunden dauert und ich währenddessen angreifbar bin?“ oder „Wo ist die nächste Deckung, damit ich mir in Ruhe einen Verband anlegen kann“ oder „Riskiere ich, gesehen zu werden, wenn ich direkt an meinen Partner rankriechen muss, um ihn wiederzubeleben?“
Es sind nicht allein die Entwickler schuld daran, wie unsere Games heute funktionieren. Wie schon gesagt, ein Großteil der Community will einfach nur stumpfes, dummes Gameplay. Anspruch, egal in welcher Hinsicht, ist unerwünscht. Ich setze auf die Jungs von Massive Entertainment und auch das Team von Ghost Recon Wildlands, dass sie sich reinhängen und ihren Spielen Anspruch, Detailverliebtheit, Grafik und Technik vom Feinsten verpassen. Ich möchte beeindruckt werden. Die reale Welt ist schon hässlich genug, das soll sich nicht in der Spielewelt fortsetzen.
Fassen wir nochmal zusammen: Atmosphäre in RPGs, Anspruch in Shootern. Grafik und Technik eines Fallout 4s (welches trotzdem ein anständiges Spiel werden kann, aber meiner Meinung nach kein einem Jahr 2015 angemessenes). Wir leben in Zeiten, in der Entwickler das Wort „Next-Gen“ öfter in den Mund nehmen als eine Hafenhure Schwänze. Verzeiht die derbe Ausdrucksweise. Doch Schein und Sein liegen in der Welt der Spiele unglaublich weit auseinander. Ihr habt uns Next-Gen versprochen, aber gebt sie uns nicht. Und das ist, warum ich wirklich am Rad drehe.
Anmerkung: Damit wir uns nicht falsch verstehen. Nicht jedes Spiel mit „schlechter“ Grafik ist ein schlechtes Spiel. In vielen Spielen ist die Grafik ein Stilmittel, die keine realistische Atmosphäre, sondern eine verspielte, lustige, bedrohliche oder wie auch immer geartete Atmosphäre erzeugen will. Ich beziehe mich auf Spiele, die versuchen authentisch zu wirken, sich durch begrenzte Grafik und Technik aber selber im Weg stehen.