Da ist es nun also, das Mittelalter-Kampfspiel For Honor von Ubisoft. Doch was der Titel wirklich taugt, erfahrt ihr hier.
Am vergangenen Dienstag, dem 14. Februar 2017 war es soweit und For Honor wurde veröffentlicht. Passend zum Valentinstag präsentierte uns Ubisoft den neuen Stern am Hack-and-Slay-Himmel. Wir haben den Titel angespielt und ihn uns genauer angeschaut. Kann der Titel dem Hype gerecht werden, der seit der ersten Präsentation auf der E3 herrscht? Oder wird es doch wieder nur eine Ernüchterung? Diese und weitere Fragen beantworten wir euch in unserer Review.
Das ist For Honor
For Honor ist ein Hack-and-Slay-Titel, der sich im Mittelalter angesiedelt hat. Offene Welten, spannende Dialoge oder eben auch tiefsinnige Geschichten dürfen wir hier nicht erwarten. Dafür gibt es Realismus. Insgesamt teilt sich die Welt des Spiels in drei unterschiedliche Länder ein, die den drei Fraktionen gehören. Im kalten Valkenheim haben die Wikinger das Sagen. Myre ist das japanisch geprägte Land der Samurai. Und Ashfeld, das vom Krieg gezeichnete Land mit Ruinen, großen Burgen und Schlössern, ist die Heimat der Ritter. Dies sind auch gleichzeitig die Fraktionen zu den Klassen. Jede Fraktion bietet dabei unterschiedliche Klassen – insgesamt vier an der Zahl. Anfangs sind für alle der Wächter, der Plünderer und der Kensei freigeschaltet. Alle drei Charaktere lassen sich leicht meistern und dienen als Einstieg ins Spiel. Später lassen sich noch für jede Fraktion drei weitere Klassen freischalten. In der Singleplayer Kampagne wird jede Klasse mal gespielt.
Singleplayer Kampagne
Die Kampagne, die von Ubisoft noch zusätzlich eingebaut wurde, dreht sich rund um die drei Fraktionen. Natürlich steht hier der Krieg im Vordergrund, da wir uns im Mittelalter befinden. Hier kämpfte man noch um neue Ländereien, um am Ende seine Macht zu steigern. Als die Welt noch weitestgehend friedlich war, erschütterte eine schlimme Naturkatastrophe die Länder. Anschließend wurde Wasser zu einem sehr kostbaren und seltenem Gut. An einer kleinen Quelle treffen jeweils ein Wikinger, ein Ritter und ein Samurai aufeinander, die sich in einen erbitterten Kampf um das Gut stürzen. Viele Jahre vergehen und der eigentliche Grund der Kämpfe gerät mehr und mehr in den Hintergrund. Als sie ihren Streit letzten Endes beilegen wollten, trifft sie die Schwarzfels-Legion von Apollyon ins Herz und heizt so den Kampf der Fraktionen erneut an.
Im Einzelspieler-Modus haben wir drei Kapitel, die jeweils in mehrere Teile aufgeteilt sind. Jedes Kapitel spiegelt eine Geschichte der Wikinger, Ritter und Samurai wieder. Dabei wird jedoch direkt am Anfang schon eines sehr deutlich: das Tutorial. Nicht nur, dass wir zum Spielstart ein ausführliches Tutorial bekommen. Nein, wir bekommen direkt beim Start der ersten Mission erneut ein ausführliches Tutorial, das uns an die Hand nimmt. Und eine noch nervigere Kleinigkeit zieht sich durch die gesamte Kampagne: Einblendungen. Immer wieder bekommen wir Tipps und Hinweise zum Spiel – oft sogar in jeder Mission dieselben unnützen Hinweise.
Wer im Einzelspieler Abwechslung sucht oder sich auf eine teilweise packende Story freut, der wird bitter enttäuscht. Das Leveldesign ist hier streng linear ausgelegt und bietet kaum Freiheiten á la Call of Duty. Lediglich wer auf der Suche nach größtenteils unnötigen Collectibles ist, wird sich etwas freier bewegen und die Gebiete absuchen. Wirklich lohnenswerte Sachen lassen sich dabei aber nicht finden. Ebenfalls wenig Freiheit lässt das Spiel beim Charakter. Lediglich die Rüstung und das Geschlecht dürfen hier gewählt werden, anschließend lassen sich nur noch die Fähigkeiten vor jeder Mission anpassen. Die Fähigkeiten können kurzzeitigen Schadensbonus gewähren oder den Charakter heilen. Alles andere verläuft streng linear und immer nach dem gleichen Prinzip. Zwischen den zahlreichen Kämpfen müssen kleinere Aufgaben erledigt werden, die jedoch nicht nennenswert sind.
Obacht, wer Internetprobleme hat und die Kampagne „genießen“ möchte: For Honor erfordert stets eine aktive und stabile Internetverbindung. Die Kampagne bietet keinen Offline-Modus. Grund dafür soll sein, dass man beim Story-Level-Anstieg auch Ziergegenstände für den Multiplayer-Modus freischaltet. Sind die Server also mal nicht erreichbar, könnt ihr das Spiel in keinster Weise spielen. Was die Linearität nicht bietet, wird von der Masse wieder wett gemacht. In manchen Abschnitten befinden sich mehrere hundert Soldaten gleichzeitig auf dem Schlachtfeld. Das lässt ein wenig Immersion zu, findet man sich inmitten vom riesigen Schlachtfeld wieder. Insgesamt kann man hier sechs bis acht Stunden Spaß haben, je nachdem, ob man die Collectibles sammelt.
Kampfsystem
Das Kampfsystem von For Honor wurde mit Kampfkunst-Experten entwickelt und ist einfach und komplex zugleich. Zunächst ist es wirklich nicht schwer, es zu erlernen. Es gibt drei Richtungen, in die man seinen Charakter ausrichten kann. Diese drei Kampfstellungen sind so gesehen alles, was man im Kampf braucht. Allerdings spielen noch einige Faktoren mit rein, weshalb es doch komplexer ist, als man zu denken vermag. Geht man nach rechts, kann man den Gegner rechts attackieren. Richtet er sich ebenfalls auf diese Richtung ein, blockt er dort. Es ist also recht schwierig, eine passende Balance zu finden. Man kann den Gegner verwirren und ihn aus der Reserve locken. Allerdings gerät man so auch schnell selbst ins Hintertreffen. Zusätzlich kann man noch die Blockade des Gegners durchbrechen und ihn gegebenenfalls betäuben, oder in Schluchten werfen. Andererseits kann man auch ausweichen.
Hinzu kommt, dass es verschiedene Klassen gibt, die ihren Schwerpunkt auf unterschiedliche Dinge legen. Dadurch spielt sich auch jede Klasse merkbar anders. Allerdings besitzen die Fraktionen immer – vom Spielstil – ähnliche Klassen. So sind die bereits erwähnten Kensi, Plünderer und Wächter eher Hau-Drauf-Klassen, die auf den Angriff setzen. Der Eroberer, der Kriegsfürst und Shugoki sind dahingegen eher „Tanks“. Sie halten gut was aus, teilen allerdings nicht so viel aus. Die Friedenshüter, Berserker und Orochi sind eher schnelle Angreifer, die weniger Wert auf Blocken legen und viel mehr auf den schnellen Angriff setzen. Zu guter Letzt sind dann noch die Gesetzesbringer, Walküren und Nobushi da. Dies sind die schweren Angreifer. Sie besitzen lange Waffen und können so auch aus etwas größerer Distanz angreifen.
Multiplayer
Da das Herzstück des Titels der Multiplayer-Modus ist, liegt hier auch definitiv der Fokus. Dabei gibt es verschiedene Spielmodi Vom Eins-gegen-Eins-Duell, über das Zwei-gegen-Zwei-Handgemenge bis zum Herrschafts-Modus mit Vier-gegen-Vier sind ein paar, aber nicht bedeutend viele Modi dabei. Dabei lassen sich die Partien aber nicht nur mit menschlichen Gegnern spielen, sondern auch mit NPCs. Will man allerdings mit richtigen Leuten spielen, bekommt man vor allem auf der PlayStation 4 ein Problem. Ohne aktives PlayStation Plus-Abonnement lassen sich keine Multiplayer-Partien starten. Hat man also kein Abonnement, muss man sich mit der KI zufrieden geben.
Lauf, Forrest, lauf!
Hat man eine Runde gestartet, können diese durchaus Spaß machen. Wäre da nur nicht dieses Matchmaking. Vergleichbar ist die Suche nach Mitspielern mit den Anfängen von Rainbow Six Siege. Man merkt, sie ist nicht wirklich gut und hat kaum Balancing. Nicht selten passiert es also, dass man als vermeintlicher Neuling mit einem geringen Level auf höher gelevelte Gegner trifft. Das frustriert gerade am Anfang sehr, wenn man noch nicht vieles freigeschaltet hat. Denn unter anderem können verschiedene Fähigkeiten einen deutlichen Vorteil verschaffen. Ähnlich schlimm sind auch vermeintlich nie endende Kämpfe. Grund dafür ist, dass selbst stark verwundete Feinde wie Forrest Gump rennen können. Bedeutet, wer kurz vor dem Tod steht, nimmt seine Beine in die Hand und kann so glimpflich aus dem Kampf kommen. Nicht wirklich Sinn der Sache.
Oftmals sind Mikrotransaktionen Teil von Spielen, die aber selten eine Erwähnung finden. Doch bei For Honor muss man auch hierüber ein paar Worte verlieren. Stahl ist die Währung im Spiel, damit lassen sich verschiedene Dinge kaufen. Beispielsweise der Champion-Status, mit dem sich extra Erfahrungen sammeln lassen und andere Vorteile gewährt werden. Drei Tage kosten hier 2.000 Stahl, was ungefähr zwei Euro entspräche, da 5.000 Stahl fünf Euro kosten. Ein ganzes Jahr schlagen mit 65.000 Stahl, etwa 50 Euro, zu Buche. Diese Preisskalierung ist noch recht akzeptabel, kostet ein einjähriges PS Plus-Abo ebenfalls zirka 50 Euro. Allerdings gibt es noch Fähigkeiten, die man sich für umgerechnet 20 Euro kaufen kann. Neue Outfits können für knapp 30 Euro ersteigert werden. Vergleicht man die Preise mit dem Season Pass wird deutlich, wie überteuert diese Sachen sind. Denn der Pass kostet rund 40 Euro und beinhaltet 30 Tage Champion-Status und drei Lootboxen, die mit Stahl und Items gefüllt sind. Gerade in einem so multiplayer- und skillgeprägtem Titel sind solche Vorteile schädigend.
Atmosphäre und Darstellung
Was For Honor mit den Mikrotransaktionen schädigt, macht es mit der Atmosphäre und dem Sound wieder wett. Begibt man sich auf das Schlachtfeld fühlt es sich teilweise an, als wäre man wirklich mitten in einer riesigen Schlacht. Um einen herum sind oftmals die eigenen kleinen Fußsoldaten, während man über das gezeichnete Land läuft. Von Punkt zu Punkt rennend und die Umgebung beobachtend sieht das alles wirklich schon fett aus. Detaillierte Darstellungen von Burgen und vielem drumherum machen einiges her. Je nach Karte scheppert es auch schon mal ordentlich um einen herum. So stellt man sich einen richtigen Kampf im Mittelalter vor. Unterstützend wirken dabei auch die durchaus guten Sounds. Prallen zwei Stahlschwerter aufeinander gibt das einen richtig schönen Klang. Wer kennt nicht die glorreich spannenden Lichtschwert-Kämpfe in Star Wars? Ähnlich fordernd und fesselnd sind die Kämpfe im Spiel. Wenn Stahl auf Stahl prallt oder Fleisch schneidet. Wenn Waffen auf Schilder oder an Wände prallen gibt es ein dumpfes Geräusch, das einem Mitleid mit dem Schwert haben lässt.
Fazit
Ich muss sagen, als ich die erste Ankündigung von For Honor auf der E3 gesehen habe, war ich sofort begeistert vom Titel. Es folgten angemeldetes Interesse an Alpha- und Beta-Phasen und auch die ein oder andere Stunde im Spiel. Es hat tatsächlich viel Spaß gemacht und fühlte sich nach etwas Neuem an. Der offizielle Release vom Titel dämpft allerdings die Freuden, die ich vorher hatte. Schlechtes Matchmaking, ein zu einfaches Entkommen aus einem Kampf und die Mikrotransaktionen trüben für mich das Spielerlebnis. Hinzu kommt, dass man nicht einmal den Singleplayer-Modus ohne Internet spielen kann. Ein totaler Online-Zwang, nur, weil man größtenteils unbedeutende Sachen für den Multiplayer freischalten kann? Willkommen in 2017, der Zeit von überteuerten zusätzlichen Inhalten, Season Passes, die nun mehr nur für ein Jahr gelten (Rainbow Six Siege) und Mikrotransaktionen, die den Spielern zusätzlich zum Vollpreistitel das Geld aus der Tasche saugen sollen. Keine Frage, For Honor ist ein solider Titel, der auch durchaus seine spaßigen Momente hat und einen anfixt. Allerdings ist der Umgang von Ubisoft mit dem Spiel mehr als fragwürdig. Was das Hack-and-Slay-Game allerdings gut hinkriegt ist die Varietät der Klassen und die Gesamtdarstellung des Schlachtfeldes sowie Liebe zum Detail. Zum aktuellen Zeitpunkt würde ich mir For Honor allerdings nicht als Vollpreistitel zulegen wollen. Es gibt zu viele Sachen, die auf langer Sicht den Spielspaß deutlich trüben können und aktuell auch trüben. Bis ein paar Sachen gefixt wurden und Updates veröffentlicht wurden, sollte man noch Geduld haben.