
Der momentane Erfolg von Escape from Tarkov ruft naturgemäß auch Missgönner auf den Plan. Deren Fokus: Keine Frauen in Tarkov?
Escape from Tarkov ist derzeit in aller Munde, was der Titel vor allem durch clevere Marketing-Strategien der Entwickler, aber auch durch seine allgemeine Qualität erreicht hat. Das Spiel, so kann man sagen, bedient eine gefragte Nische und rockt einfach. Dazu taugt Tarkov eben nicht nur für Spieler, sondern, wie das erst vor kurzem abgelaufene Twitch-Event nachhaltig bewiesen hat, auch als Zuschauer-Magnet.
Mit dem Erfolg kommen allerdings für gewöhnlich auch die Menschen aus ihren Löchern gekrochen, die einem Spiel oder seinen Entwicklern den Ruhm nicht wirklich gönnen. Auch Battlestate Games sieht sich auf einmal Vorwürfen ausgesetzt, mit denen sie bisher nie umgehen mussten. Zumindest nicht in diesem Umfang. Fokus der Kritiker ist dabei die Tatsache, dass man in Escape from Tarkov keine Frauen spielen kann. Die Entwickler bemühen sich mit einem Statement um Beschwichtigung der Gemüter, haben sich dadurch allerdings nur weiter ins Zielfeuer manövriert.
Meiner Meinung nach ist die ganze Affäre völlig überzogen. Wieso muss ein Entwickler sich dafür rechtfertigen, dass man in seinem Spiel keine Frauen spielen kann? Das ist doch komplett seine Entscheidung. Es sollte dabei auch vollkommen gleich sein, aus welchen Gründen dies geschieht. Natürlich ist es unschön, wenn jemand hingeht und sagt: „Ich finde Frauen blöd, darum könnt ihr sie nicht spielen“ – oder etwas in der Richtung. Battlestate Games aber hat einen sehr triftigen Grund, keine Frauen als Spielfiguren in Escape from Tarkov einzubauen: Der von allen ansonsten so gefeierte Realismus. Mag es einem nun gefallen oder nicht, keine der Spezialeinheiten, an denen die Fraktionen im Spiel angelehnt sind, hat Frauen in ihren Reihen. Und weil dem Entwickler Realismus wichtig ist, gibt es eben keine Frauen als spielbare Charaktere. Punkt. Diskussion hinfällig. Oder?

Die Entwickler haben meiner Meinung nach nur den Fehler gemacht, sich für diese Entscheidung rechtfertigen zu wollen. Das ehrt sie, entspringt aber denke ich der Unerfahrenheit des Studios im Umgang mit dem großen Trubel. Die Anmerkung, Frauen seien schwerer zu programmieren als Männer wurde sehr schnell von den Kritikern zerissen. Das ist blöd gelaufen, ändert aber für mich nichts am Kern der Sache: Entwickler können mit ihrem Spiel machen, was sie wollen. Wenn es jemandem nicht passt, ist er oder sie nicht gezwungen, das Spiel zu kaufen. Ende.
Überhaupt nimmt der Zwang zum politisch Korrekten in den letzten Jahren groteske Züge an. Publisher wie EA oder Ubisoft versuchen derzeit geradezu krampfhaft, jede Gruppierung zu befriedigen, ganz egal, ob es Sinn ergibt oder nicht. Paradebeispiel dafür doch wohl der Operator „Gridlock“ in Rainbow Six Siege. Eine Spezialeinheit mit solchen körperlichen Ausmaßen? Ich bin selber übergewichtig und empfinde das trotzdem als schlechten Scherz.
In der heutigen Zeit muss über alles gesprochen, alles gerechtfertigt werden. So sieht in meinen Augen keine Akzeptanz aus. Für mich ist es vollkommen okay, einen weiblichen oder männlichen Charakter zu spielen. Mir ist es absolut gleich, ob die Spielfigur hetero- oder homosexuell ist. Die Entwickler entscheiden sich aus bestimmten Gründen für eine bestimmte Person oder für die Freiheit, zwischen verschiedenen Personen auswählen zu können. Das nehme ich einfach so hin, wie es ist. Sobald man darüber anfängt zu diskutieren, nimmt man einer Sache in meinen Augen ihre Selbstverständlichkeit. Für mich ist es total in Ordnung und absolut selbstverständlich, in Tomb Raider eine Frau zu spielen. Genauso in Ordnung und selbstverständlich sollte es sein, wenn man in Escape from Tarkov eben nur Männer spielen kann.

Wer sich dadurch diskriminiert fühlt, impliziert, dass hier jemand eine bestimmte Gruppe für weniger wert hält als eine andere. Damit nimmt man der Gleichstellung aller genauso sehr die Selbstverständlichkeit, wie wenn man offen sagt: „Diese Gruppe finde ich blöd.“
Escape from Tarkov hat keine Frauen als Spielcharaktere. Das ist okay. Hört doch bitte auf, daraus eine beabsichtigte Herabstufung von Frauen zu machen.
DISCLAIMER: Der Artikel spiegelt ausschließlich die Ansichten des Autors wider, diese können somit von den Meinungen der restlichen Redaktion abweichen.