Rainbow Six Siege ist Ubisofts Chance für den eSport, ein hervorragender Shooter und gleichzeitig eine immense Frechheit für jeden, der Geld in das Spiel investiert hat.
Rainbow Six Siege, ein Spiel, das mich in letzter Zeit immer mehr fesselt, mir Freude bereitet und mich gleichzeitig zur Weißglut treibt. Rainbow Six Siege hat durchaus das Potential, dem Markt eine neue Richtung vorzugeben, denn der Shooter bringt den Spielern wesentlich mehr Möglichkeiten, gleichzeitig aber schränkt er an einigen Stellen so dermaßen unsinnig ein, dass man sich nur an den Kopf fassen möchte und die zuständigen Entwickler am liebsten dafür schütteln würde. Ja, Rainbow Six Siege ist eine wunderbare Abendbeschäftigung und bringt für einen bekennenden Battlefield-Spieler, der knapp 800 Stunden bei Battlefield 4 verbracht hat und sogar die Singleplayer-Kampagne von Hardline schätzt, endlich wieder mehr Strategie und zielführende Kommunikation ins Shooter-Leben. Doch Rainbow Six Siege hat nicht nur die schönen und guten Seiten, die mir jedes Mal beim Start des Spiels ein freudiges Lächeln entlocken, sondern auch die unangenehmen und schlechten Seiten, die für Frust sorgen und meine Vorurteile gegenüber Ubisoft immer wieder bestätigen.
An erster Stelle, den Frust verstärkend, ist eines der größten Probleme, das jedes Ubisoft-Spiel hat: Uplay. Bis heute will es nicht in meinen Kopf, warum Electronic Arts und Ubisoft jeweils ihr eigenes Süppchen kochen müssen, wenn es doch eine Plattform gibt, auf der nahezu jeder, der auf dem PC spielt, registriert ist. Bei Steam habe ich alles, die meisten Spiele, die Sammelkarten (ich muss zugeben, dass ich von Zeit zu Zeit der Sammelsucht verfalle), die meisten Freunde von beiden Plattformen, die nicht nur flüchtige Bekannte sind. Dazu kommt noch, dass es bei Steam wirklich Spaß bringt, Achievements zu sammeln und ich mein Profil wirklich frei gestalten kann, inklusive meines Namens und des Hintergrundbildes. Ja, es wäre schön, wenn sich endlich alle Publisher auf Steam einigen könnten. Origin und vor allem Uplay würde wohl kaum jemand einer Träne nachweinen, auch wenn längst nicht alles schlecht bei den beiden ist. Origin bietet immer wieder hervorragende Angebote und verschenkt regelmäßig Spiele und Uplay hat ein Levelsystem, das dem Gamer Geschenke verschafft, die zumindest kurzweilig für Freude in Form von Wallpapern, Waffentarnungen oder Gamesoundtracks sorgen, aber mit Steam können beide bei weitem nicht mithalten.
Uplay ist aber nicht das einzige Übel, das mich jederzeit wieder daran erinnert, mit wem ich es eigentlich wirklich beim Zocken zu tun hab. Die Serversuche ist eine wahre Qual, die Verbindungen brechen regelmäßig ab und die Runden im Ranked, die ich tatsächlich mal mit zwei vollständigen Teams beendet habe, kann ich vermutlich an einer Hand abzählen. Ja, das Team hinter Rainbow Six Siege arbeitet fleißig daran, das Spiel zu verbessern, aber die Probleme hätten vorher bekannt sein müssen – doch ein Druck ausübender Publisher ist in den seltensten Fällen von Vorteil. Ja, das unangenehme an dem Spiel ist sicher, dass immer Ubisoft als dunkler Dämon über allem schwebt und von Zeit zu Zeit meinen Spielspaß stört. Die pure Gier nach Profit hat diesem Spiel etwas genommen, was es dazu berechtigt hätte, im eSport zu landen, denn wer bitte will ein Spiel kompetitiv spielen, das nicht einmal dazu in der Lage ist, Spieler in angemessener Zeit einer Lobby zuzuweisen, das Spieler mit exorbitant hohen Pings zusammenwürfelt und das einen Netcode hat, der selbst den von Battlefield 4 zu Releasezeiten gut aussehen lässt?
Trotzdem, in letzter Zeit hat der bekennende Battlefield-Fan, der diese Zeilen hier schreibt, kaum eine Minute in den Shooter von DICE investiert. Nein, ich habe mit Freude, trotz der Probleme, Rainbow Six Siege gespielt. Schon lange hat mir kein Shooter mehr so viel Spaß gebracht wie der neue Stern am Himmel der Taktikshooter und schon lange habe ich den Sieg am Ende einer Runde nicht mehr so sehr genießen können. Teamarbeit ist einer der zentralen Aspekte und Einzelgänger werden nur in den seltensten Fällen belohnt. Dazu kommt die gewisse Geduld, die man für den Sieg braucht und sehr viel taktisches Verständnis. Endlich kein sinnbefreites, wie von der Tarantel gestochenes, kopfloses durch die Gegend laufen wie bei Battlefield. Ich habe angefangen zu verstehen, warum so viele das Werk von DICE kritisieren und ich kann die Kritik endlich komplett nachvollziehen. Danke dafür, Rainbow Six Siege.
Doch es ist nicht nur die Taktik und die notwendige Absprache, die den Shooter in meinen Augen so gut machen. Klassen, wie bei Battlefield, das gibt es bei Rainbow Six Siege nicht, stattdessen kann ich mir Operator aus tatsächlichen Spezialeinheiten aussuchen. Wer immer mal in die Rolle eines FBI-Agents, GSG9-Beamten oder einer der berüchtigten Spetsnaz schlüpfen wollte, für den erfüllt sich sicher ein Traum. Die Charaktere sind mit Hintergrundstorys ausgestattet, aufgrund der begrenzten Spielerzahl pro Match laufen sich auch nicht auf einmal Zwillinge über den Weg und die Waffenauswahl orientiert sich zumindest größtenteils an den Vorbildern – es passt einfach vieles. Aber „begrenzt“ ist ein gutes Stichwort: Die Operator- und vor allem die Waffenauswahl ist viel zu begrenzt. Drei Hauptwaffen, wenn’s hochkommt, pro Operator? Hallo, Ubisoft, selbst die GSG 9 der Bundespolizei hat außer den Handfeuerwaffen alleine acht verschiedene Waffen zur Auswahl, darunter neben MPs auch Scharfschützengewehre. Was soll diese Begrenzung, die dem Spiel eine zusätzliche Würze nimmt und die Operator sinnlos beschränkt?
Blickt man in die Richtung des wohl größten Konkurrenten von Rainbow Six Siege, der zudem auch noch auf die bessere DRM-Plattform, namentlich Steam, zurückgreifen kann, nämlich Counterstrike, dann sieht man schnell, was Ubisoft mit ihrem Taktik-Shooter falsch gemacht haben. Aber auch, was sie richtig gemacht haben. Ja, Counterstrike wird wohl noch für eine sehr lange Zeit der Shooter für den eSport sein, aber Rainbow Six Siege hat ein immenses, noch nicht genutztes Potential. Darum fesselt mich das Game auch so sehr, obwohl es mich aufgrund seiner Schwächen und seiner Fehler regelmäßig zur Weißglut treibt. Es macht vieles richtig, geht manche Sachen anders an und setzt nicht einzig und allein auf nahezu übermenschliche Reaktionen, sondern viel mehr auf die richtige Taktik, das richtige zur Seite lehnen an der richtigen Stelle und auf massive Teamarbeit. Selbst wenn euch euer Team zur Verzweiflung bringt, ohne sie wärt ihr aufgeschmissen. Ein Lonewolf hat kaum Chancen in dem Spiel. Und darum liebe und hasse ich es zugleich. Es verschenkt zu viel, als das man darüber hinweg sehen könnte und gleichzeitig bringt es einen erfrischenden neuen Wind ins Genre. Danke und was bitte soll das, Rainbow Six Siege, in einem Satz. Und trotz meiner immer wiederkehrenden Wut auf das Spiel werde ich wohl auch heute Abend wieder die Runden genießen, mich über Erfolgsmomente freuen und im nächsten Moment wieder kurz davor stehen, gefrustet einen Ragequit hinzulegen. Vielleicht bin ich ein kleines bisschen verrückt, aber wer ist das nicht?
Wie steht ihr zu Rainbow Six Siege?