Schon die Ankündigung zu Fallout 76 sorgte für eine gespaltene Community – nun ist der Titel erschienen und das ist unser Eindruck.
Fallout 76 hatte es bereits bei der Ankündigung auf der E3 2018 schwer. Fans beschwerten sich direkt darüber, dass man keine Fortsetzung der Hauptreihe angekündigt habe, sondern nur einen reinen Multiplayer für Fallout. Auch der kleine Teaser zu The Elder Scrolls 6, der die Leute besänftigen sollte, milderte nicht ab. Seit dem 14.11.2018 ist der Titel für die PlayStation 4, Xbox One und den PC erhältlich und Spieler können sich eine eigene Meinung bilden. Dennoch hagelte es bereits deftige Kritik auf Metacritic seitens der User. Der Survival-Titel wird gnadenlos mit schlechten Bewertungen abgestraft. Doch wie schlimm – oder gut – ist der neue Franchise-Ableger wirklich?
Willkommen im öden Ödland
Zu Beginn des Spiels wird die Geschichte hinter dem Titel einmal kurz zusammengefasst. Wir schreiben das Jahr 2102, der Abwurf der Atombomben ist also schon, laut Fallout-Lore, etwa 25 Jahre her. Als Spieler sind wir ein Mitglied vom Vault 76, einem unterirdischen Bunker, der vor der radioaktiven Strahlung und der Explosionen geschützt hat. Vault 76 befindet sich in West Virginia, in den Vereinigten Staaten. Am sogenannten Reclamation Day (zu dt. etwa Rückgewinnungs Tag) soll das Land, Appalachia, zurückgewonnen werden. Denn draußen treiben sich fiese Kreaturen herum, die durch die Belastung der Strahlung entstanden sind. Zugegeben, das war in etwa schon die ganze Story. Im Verlauf der Hauptmissionen folgt man einfach dem „Weg der Aufseherin“, der uns immer wieder von Punkt zu Punkt durch die Welt rennen lässt. Wer aufmerksam zuhört, kann hier noch ein paar Details mehr herausholen.
Auf unserem Weg von Mission zu Mission und dem Entdecken zahlreicher Nebenmissionen fällt allerdings eine Sache relativ schnell auf, die ziemlich schnell die Lust am Spielen zerstört. Außer einer handvoll gegnerischer NPCs oder Monster begegnet man – niemandem. Wenn man mal einem menschlichen Spieler über den Weg läuft, geht man allerdings genau so schnell wieder seiner Wege, wie man sich gesehen hat. Durch das Fehlen von menschlichen nicht spielbaren Charakteren wirkt die Welt trostlos, öde und vor allem langweilig. Nun, einerseits mag das natürlich zum Setting passen. Andererseits geht es hier immer noch um ein Videospiel, das einen unterhalten soll. Das Einzig positive an der Sache ist wohl, dass es keinen Preston Garvey gibt, der uns mitteilt, welche Siedlung unsere Hilfe benötigt. Stumpfes Ablaufen von Zielen oder dem einfachen Erkunden der riesigen Spielwelt machen im Prinzip keine Unterschiede. An sich könnte man da noch ein Auge zudrücken, da man durch das bekannte „Looten & Leveln“, gerade zu Beginn, bei der Stange gehalten wird.
Wir sind S.P.E.C.I.A.L.
Das bekannte S.P.E.C.I.A.L.-System findet sich in abgewandelter Form auch in Fallout 76 wieder. Haben wir genug Erfahrungspunkte durch das Entdecken von Orten, Erledigen von Gegnern oder Abschließen von Missionen gesammelt, steigen wir ein Level auf. Im Anschluss können wir einen Punkt auf unsere Statuswerte verteilen. Stärke, Wahrnehmung, Ausdauer, Charisma, Intelligenz, Beweglichkeit und Glück. Jeder Punkt erlaubt es uns, eine spezielle Karte der jeweiligen Werte hochzustufen. Manche besitzen drei Stufen, manche fünf. Dabei können wir jedoch maximal drei Werte auf 15 bringen, oder alle auf 10. Denn nach Level 50 ist Schluss mit Skillpunkten. Außerdem gibt es für jedes Level-Up ein Kartenpaket mit zufälligem Inhalt. Haben wir mehrere Karten des selben Typs, können wir sie einen Rang aufsteigen lassen. Doch wer schnell 20% mehr Schaden für seine Nahkampfwaffen haben will (Karte Stufe 3), muss dementsprechend auch drei Punkte in Stärke investiert haben. Ein einfacheres System hätte es hier auch getan.
Sind wir geskillt, geht es weiter mit unserem Streifzug durch die Wildnis, Ödnis, oder wie auch immer man West Virginia betiteln möchte. Doch gerade Leute, die gerne alles looten, was ihnen vor die Füße läuft, bekommen schnell Probleme. Zu Beginn liegt das Gewichts-Cap bei etwa 160 Kilogramm. Etwas Schrott, ausreichend Munition, eine kleine Auswahl an Waffen und eine Rüstung sowie etwas zu Essen und Trinken und schon ist man schnell am Cap angekommen. Das Nervige daran ist, seid ihr auch nur mit einem Gramm zu viel überladen, verbraucht das normale Gehen Stamina. Das bedeutet, ihr müsst alle paar Meter stehenbleiben und euch ausruhen. Vor allem in unerwarteten Kämpfen ist das ein wahrer Segen – Vorsicht, Sarkasmus. Befindet man sich zudem nicht gerade in der Nähe einer Werkbank, an der man Sachen zu Rohstoffen verwerten kann, wird das Ganze mühselig. Auch persönliche Lagerkisten sind weit in der Spielwelt verteilt. Zumal man keine Schnellreise benutzen kann, während man Überladen ist.
Grausige Steuerung und erhebliche Bugs
Von einem kleinen Absturz zu Beginn des Spiels abgesehen, haben wir keine großartigen technischen Probleme bei Fallout 76 feststellen können. Es läuft flüssig, geht an sich gut von der Hand und lässt sich ohne große Anpassungen gut spielen. Das ist aber auch kein Wunder, denn die Creation Engine wird bereits seit sieben Jahren von Bethesda in ihren Spielen benutzt. Seit sieben Jahre ohne große Änderungen. Dementsprechend „schön“ sieht die Welt von Fallout 76 auch aus. Für Fans von matschigen Texturen ist der Titel ein feuchter Traum. Alle anderen hätten sich doch mehr erwartet. Allerdings ist die Steuerung, wie sie auch schon bei Fallout 4 war, ein Graus. Zurück geht es in Menüs mit TAB, bestätigt wird mit E oder Enter. Manche Dinge lassen sich mit W und D durchgehen, andere setzen die Pfeiltasten voraus. An Werkbänken wird teilweise sogar mit der Leertaste etwas eingeleitet und ESC findet auch hier und dort seine Verwendung. Auf der Tastatur gibt es nur wenige Tasten, die es nicht in die Steuerung geschafft haben – Autsch. Von der Navigation im Pip Boy wollen wir an dieser Stelle erst gar nicht anfangen.
Ein weiterer Graus sind erhebliche Bugs im Spiel. Teilweise ploppen Gruppen von Gegnern erst auf, wenn man schon unmittelbar vor ihnen steht. Das ist bei den meisten Feinden zwar nicht so schlimm, denn Verbrannte oder Ghule lassen sich relativ einfach über den Haufen schießen. Läuft man allerdings mit Level zehn in einen Level 24 Mirelurk-Jäger, der einen dann auch noch bis zum Ende der Karte verfolgt, wird es weniger schön. Das Positive daran ist, dass man ihn dann immerhin gesehen hat. Es kam durchaus des Öfteren vor, dass Gegner im Boden verbuggt sind. Man sieht vielleicht ein paar Pixel der Kreatur, kann sie aber nicht treffen. Dafür kloppt sie einem selbst in aller Seelenruhe die Trefferpunkte runter. Das Ganze wäre nicht so schlimm, wenn man bei einem Spieltod nicht gefühlt sein halbes Inventar verlieren würde. Geht man nämlich zu seiner Leiche, sind, bei einem gut gefüllten Inventar, mindestens 20-30 Gegenstände in der „Tüte“. Zum PvP lässt sich an dieser Stelle nicht viel sagen, da man, wie bereits erwähnt, kaum Spielern über den Weg läuft, denen man etwas tun könnte.
Fazit
Maurice „.Thor“ Skotschir: „Zugegeben, ich war von der Ankündigung von Fallout 76 nicht sehr angetan. Liegt in erster Linie aber wohl auch daran, dass ich der Serie noch nie mehr als ein paar wenige Spielstunden abringen konnte. Dennoch sollte man niemals nie sagen und ich habe dem Titel eine Chance gegeben. Leider ist die Enttäuschung, trotz geringer Erwartungen, dennoch groß. In Fallout 76 läuft man im Prinzip nur stumpf die diversen Missionsziele ab und kommt dabei durch die Spielwelt. Auf den Wegen dazwischen gibt es, außer einer handvoll Gegner, kaum nennenswerte Begegnungen. Vor allem die Interaktion mit Spielern geht gen Null. Falls man jemanden trifft, geht man sich aus dem Weg. Da ändern verschiedene kleine, lokale Events auch nichts dran. Die komplett langweilige Spielwelt tut ihr übrige zu einem langen Gesicht. Schade. Wer sich Fallout 76 anschauen möchte, sollte dies jetzt tun – in wenigen Monaten wird es sicherlich deutlich weniger aktive Spieler geben. Wer ein gutes Rollenspiel sucht, muss leider weitersuchen.“
Robin „Commander Gree“: „Fallout 76 konnte selbst mich als Liebhaber der Serie nicht voll und ganz überzeugen. Es gibt einige Neuerungen die gefallen mir sehr gut. Dazu zählt vor allem der stärkere Fokus auf RPG-Elemente insbesondere bei den Mutationen und Krankheiten und eine wirklich liebevoll gestaltete Spielwelt mit interessanten Geschichten. Doch leider werden diese Geschichten hauptsächlich über Holotapes und Briefe erzählt die rumliegen. Wie es scheint ist nämlich jedes menschliche Wesen ausgestorben und die einzigen Menschen die ihr trefft, werden andere Spieler sein. Dadurch wirkt leider auch die Spielwelt abseits der Gegner recht leer und langweilig. Meiner Meinung nach war der Schritt von Bethesda nach ein wenig Innovation bei Fallout richtig, aber es scheitert an der Umsetzung. Hätte man sich statt einem Multiplayer für einen 4 Spieler-Koop in einem Single-Player Fallout 76 entschieden, das mit allem daher kommt, was man sonst aus Fallout kennt, hätten wir wahrscheinlich ein wirklich gutes Spiel. So bleibt es allerdings weit unter den Erwartungen und verschenkt sehr viel Potenzial.„