Nicht erst seit Rainbow Six Siege befindet sich Ubisoft in einem Wandel ihrer Prinzipien, doch gehört Far Cry 5 auch schon der Riege dieser Spiele an?
Herzlich willkommen in Hope County und damit zur Review von Far Cry 3… Far Cry 4… oder war es doch Primal? Oh, Moment. Natürlich geht es hier um die Review zu Far Cry 5, dem aktuellsten Teil des Franchises. Wie ihr euch aber sicherlich schon denken konntet ist das ein bewusster Seitenhieb, wieso, weshalb und warum, das erläutere ich noch im Verlauf der Review. Far Cry 5 ist seit dem 27. März 2018 offiziell für die Konsolen PlayStation 4 und Xbox One sowie den PC veröffentlicht. Ich durfte mir den Titel etwas genauer anschauen und wie mein Eindruck ist, erfahrt ihr natürlich in den folgenden Zeilen.
Welcome to Hope County!
In Far Cry 5 schlüpfen wir in die Rolle eines Deputys, einem Hilfssheriff, der wahlweise männlich oder weiblich ist. Unser eigentlich einfaches Ziel ist es, Joseph Seed, den Anführer der Sekte Eden’s Gate, zu verhaften. Denn Seed und seine Gruppierung terrorisieren den Landstrich und zwingen die Leute, der Sekte beizutreten. Bei Eden’s Gate handelt es sich um eine Sekte, die das Ende der Welt kommen sieht und dies auch predigt. Via Gehirnwäsche und anderer, schmutziger Praktiken wie der „Taufe“, werden die Bewohner gezwungen, beizutreten. Wie es aber auch so ist, treten einige Psychopathen natürlich freiwillig bei. Doch auch eine Droge machen sich die Hinterwäldler zu Nutz.
Zu Beginn des Spiels lautet unser Auftrag einfach: Wir sollen in Josephs Kirche marschieren und ihm den Haftbefehl überreichen. Dazu stolzieren wir zu viert in das eigentliche Gotteshaus und hier beginnt schon unsere erste Wahl. An dieser Stelle können wir das Spiel bereits beenden und es als „durchgespielt“ betrachten, obwohl wir noch nicht viel gemacht haben. Um hier nicht weiter zu spoilern einfach nur der Hinweis, dass man es selbst herausfinden sollte. Haben wir dem hiesigen Oberspinner die Hände gefesselt, müssen wir nur noch mit dem Helikopter abhauen. Dass das Ganze natürlich nicht so rund laufen wird, sollte jedem klar sein. Nach einer kleinen Zwischensequenz und unserer ziemlich leichten Flucht beginnt unser Abenteuer in Hope County, Montana!
Komm her, Dep(p)uty!
Natürlich widmen wir uns ohne Wenn und Aber sofort nach Beginn des Spiels einen Widerstand innerhalb von Hope County aufzubauen. Als unerfahrener Deputy, der gerade sein ganzes Team verloren hat, ist das doch ein Leichtes für uns. Dabei treffen wir auf viele, unterschiedliche Charaktere und Tiere, die uns im Laufe des Spiels immer mal wieder den Arsch retten können. Angesprochen werden wir in jeglichen Dialogen als „Rookie“, „Dep(p)“ oder doch „Deputy“. Bis auf eine kleine äußerliche Anpassung zu Beginn des Spiels und den Anreden zwischendurch gibt es keinerlei Einbindung des Charakters. Man ist ersetzbar, wie die ganzen NPCs. Der Hauptcharakter spricht im Spiel kein einziges Wort, mausert sich aber im Laufe der Story zum Held des Widerstands. Eine typische Ubisoft-Story eben.
Um unser Vorhaben in Angriff zu nehmen, will die große und offene Spielwelt erkundet werden. Dabei stellt die Karte keine neuen Maßstäbe in Sachen Größe auf, wie ein Assassin’s Creed Origins oder ein The Witcher 3. Dennoch kann sie durch abwechslungsreiche Landschaften und schön gestaltete Areale einen deutlichen Pluspunkt erringen. Es wechseln landwirtschaftliche Flächen mit großen Feldern ab, mit hügeligen Berglandschaften und dicht bewachsenen Wäldern. Und Far Cry-typisch gibt es keine großen Siedlungen, sondern nur kleinere Ortschaften mit maximal einer handvoll Einwohnern.
Baut auf, den Widerstand!
Die Karte ist, wie Fans der Serie es gewohnt sind, in mehrere Gebiete unterteilt. Allerdings hat sich Ubisoft dieses Mal auf lediglich drei Bereiche beschränkt. Im Norden herrscht Jacob Seed über die Einwohner, im Westen ist es der Kurzantwort-Fanatiker John Seed und den Osten macht die psychopathische Faith Seed verrückt. Es sind also nicht bloß einfache Handlanger, sondern die Geschwister vom Verrückten Joseph Seed. Ebenfalls anders als in den Vorgängern sind diese Bereiche dieses Mal nicht in Schwierigkeitsgraden unterteilt. Man kann sich also sofort nach dem Tutorial aussuchen, welchem Spinner man auf die Füße treten will. Das Oberhaupt taucht natürlich auf, wenn man alle drei Geschwister ausgeschaltet hat.
Dies geschieht durch das Befüllen der sogenannten Widerstands-Leiste im jeweiligen Gebiet. Wir sammeln Widerstandspunkte durch vier verschiedene Tätigkeiten. Zum Einen sind da die Story- und Nebenmissionen, wobei es keine typischen Storymissionen sind, denn es gibt keine feste Abfolge, wie bei den meisten Open World-Titeln. Lediglich manche Aufgaben werden erst ab einem bestimmten Widerstands-Wert freigeschaltet. Dadurch wird auch der Handlungsstrang nicht fortgesetzt, sondern stellt uns einzig und allein unsere Verbündeten vor. Dadurch gibt es auch keinen anziehenden Schwierigkeitsgrad. Die wirklich wichtigen Missionen zur Story werden automatisch (!) vom Spiel getriggert, egal, was ihr gerade macht.
Formel bleibt
Zum anderen lassen sich aber auch noch viele andere Nebenaktivitäten erledigen, die uns besagte Punkte für den Widerstand bringen. Diese sind dabei schon aus den Vorgängern bekannt. Befreie Geiseln, zerstöre Eigentum der Sekte und erobere Außenposten für den Widerstand zurück.
Das kennt man so schon und ist daher auch nichts Besonderes. Anders als in den Vorgängern ist jedoch das dynamische Erhalten von Aufgaben. Dies geschieht durch Gespräche mit NPCs, Karten, die man in der Spielwelt finden kann, Straßenschilder oder einfach durch Vorbeilaufen.
Was also früher zur berühmten Ubisoft-Formel gehört, das Abrennen von Icons auf der Minimap, verlagert sich nun in das Spiel selbst. Ich verfolge Icons, die in meiner Nähe eingeblendet werden, um mir das nächste Icon auf der großen Karte abzuholen. Was also im ersten Moment als „große Änderungen“ deucht, endet doch wieder im Altbekannten. Inklusive Collectibles, die man einfach nur sammeln kann. Toll, oder?
Ja, Far Cry 5 ist Open World. Ja, ich kann mich frei in der Welt bewegen und machen, was ich möchte und ja, auch die Missionen folgen keiner wirklichen Richtlinie. Soweit, so gut.
Sind wir jedoch in einer aktiven Mission, ist es ganz schnell vorbei mit der eigentlichen Freiheit. Bewegen wir uns ein paar Meter zu viel von unserem, NPC-Partner weg oder wir wagen es, den Rand des Missionsgebietes zu überschreiten, erhalten wir eine Warnung auf dem Bildschirm. Widersetzen wir uns dieser, scheitert die Mission oder wir werden an den letzten Speicherpunkt innerhalb der Aufgabe zurückgesetzt. Assassin’s Creed Origins hat wunderbar vorgemacht, wie man trotz Missionsziel die Welt erkunden kann, wenn man das möchte.
Spaß trotz Re-Skin?
Bis zu dieser Stelle des Tests klingt Far Cry 5 nach einem echten Flop, und das ist es auch, wenn man sich wirklich alles im Detail anschaut. Aber die wichtigste Frage ist doch immer noch: Macht der Titel Spaß? Und ja, verdammt, das tut er größtenteils! Sieht man darüber hinweg, was man schon lange kennt und, dass es durchaus auch nervige Elemente gibt, macht es einen Heidenspaß. Die Missionen sind abwechslungsreich gestaltet und teilweise wirklich verrückt. Neben dem typischen Abknallen von Gegnern oder Stehlen von Fahr- und Flugzeugen gibt es auch durchaus WTF-Momente. So gilt es beispielsweise Schweine im Drogenrausch zu verprügeln oder Stiere auf drei verschiedene Arten von ihren Hoden zu trennen.
Nicht zuletzt das erneut sehr gut umgesetzte Gunplay erfüllt uns beim Spielen mit Spaß. Die große Auswahl an Verkloppungs-Instrumenten, Gewehren, Pistolen, Maschinenpistolen, Scharfschützengewehren, Granat- und Flammenwerfern und vielem mehr bietet für jeden das richtige Werkzeug. Hinzu kommen die bekannten Takedown-Möglichkeiten, Angriffe von hinten und eine große Auswahl an Fähigkeiten. Für Letztere müssen aber keine Erfahrungspunkte gesammelt oder Level aufgestiegen werden. Sondern wir sammeln sogenannte Vorteilspunkte, die wir durch das Abschließen von Herausforderungen bekommen.
Nein, danke!
Wofür man wirklich sehr dankbar sein kann, war die Entscheidung, das Crafting in Far Cry 5 deutlich zu versimplifizieren. Mussten wir sonst etliche Tierfelle, bestimmte Gräser und Ähnliches sammeln, um endlich mehr Munition mitführen zu können, ist es nun anders. Es lassen sich lediglich Verbrauchsgegenstände wie Sprengstoffe, Bomben oder homöopathische Mittel herstellen. Kein unnötiges Tiere farmen mehr!
Guns for Hire
Um nicht alleine durch die Gefilde von Hope County streifen zu müssen, können wir entweder einen Freund im Koop-Modus mitnehmen, oder müssen NPCs temporär anheuern. Der Koop-Modus macht, aus Story-Sicht, überhaupt keinen Sinn, es wird aber auch nicht versucht zu erklären, wieso es auf einmal zwei Leute sind. Im Koop lässt sich die komplette Geschichte im Duo erleben, bietet aber sonst keine Änderungen zum Solo-Spiel. Insgesamt lassen sich dafür neun Begleiter mit speziellen Fertigkeiten anheuern.
Dazu zählen beispielsweise Nick, das Fliegerass, der uns Unterstützung aus der Luft gibt oder Flugzeuge und Helikopter fernhält, Hund Boomer, der Feinde markieren kann oder Bär Cheeseburger. Letzter heißt so, weil er immer mit Cheeseburgern gefüttert wurde, bis sein Diabetes zu weit fortgeschritten war. Traurig. Zusätzlich können auch noch eine Vielzahl weiterer NPCs als Begleiter angeheuert werden, diese verfügen aber über keine Spezialfertigkeiten.
Dieses als „Guns for Hire“ betitelte Feature ist zwar ganz nett, vereinfacht ein sowieso schon einfaches Spiel aber umso mehr. Wer zumindest den Hauch einer Herausforderung in Far Cry 5 verspüren möchte, sollte auf den dritten und höchsten Schwierigkeitsgrad „Schwer“ stellen.
Totalausfall Technik
Es mag zwar alles gut wirken und man geht mit dem Titel schon einen etwas anderen Weg, als die Vorgänger. Dennoch bleibt Far Cry, Far Cry und bringt sogar noch weitere Schwächen mit sich, als nur die altbekannten. Schnellreisen setzen uns am falschen Ort ab, Missionen glitchen oder buggen sich fest oder die Physik der Dunia Engine hat sehr bizarre Ausfälle. Aber den größten Totalausfall gibt es bei der KI, sowohl bei den Verbündeten, als auch bei den Feinden.
Gerade in einem (Ego-)Shooter erwartet man, dass die Feinde sich einem nicht auf dem Silbertablett servieren und taktisch klug agieren. Sollte man erwarten. Hat Ubisoft aber noch nicht gehört. Die strunzdumme KI rennt in einer geraden Linie auf uns zu, bietet sich als Zielscheibe an und wartet teilweise mehrere Sekunden in gleicher Position, um endlich erschossen zu werden. In der Deckung bewegen sie sich teilweise noch weniger als Rainer Calmund beim Essen. Und unsere Mitstreiter machen uns das Leben schwer, indem sie Türen blockieren, freiwillig in den Kugelhagel rennen oder uns einfach stehen stellen. Und um das Ganze noch milde auszudrücken, sogar das Schnetzel-Epos Warhammer: Vermintide 2 bietet mehr taktisches Agieren der KI als Far Cry 5.
Stimmungsvolles County
Wie bereits eingangs erwähnt ist Hope County wirklich toll umgesetzt worden. Die verschiedenen und sich abwechselnden Areale erzeugen eine typisch amerikanische Atmosphäre. Auch Details wie kleine Berghütten, Teiche, die sich in den Berglandschaften verstecken oder Flüsse, die sich durch das Land ziehen, machen etwas her. Grafisch hat sich zwar im Vergleich nicht viel getan, dennoch wurde auch hier aufpoliert. Lediglich der Soundtrack kommt um einiges zu kurz und auch sonst ist der Sound einer der Dinge, die wenig überzeugen können. Waffensounds klingen blechern und wenig satt und vor allem das Maschinengewehr der Flugzeuge könnte schlimmer nicht sein. Musikalische Untermalungen sind viel zu selten vernehmbar und stechen nicht wirklich heraus. Lediglich, wenn man gerade ein paar Minuten im Menü verbringt, kann der Soundtrack zeigen, was er kann. Schade, dass er so selten zum Einsatz kommt, denn die Lieder sind wirklich toll und vor allem stimmungsvoll!
Fazit
Alles in Allem wirkt Far Cry 5 leider sehr unfertig und das merkt man beim Spielen einfach. So viele technische Probleme gab es bei den Vorgängern nicht und das heißt schon was. Far Cry 5 wirkt, als hätten die Entwickler wirklich etwas Neues versuchen wollen, aber Ubisoft hatte den erhobenen Finger mit der Erfolgsformel gehoben. So kommt es, dass mir die Bewertung des Titels extrem schwer gefallen ist. Denn nimmt man das Spiel für sich, ist es zwar gelungen, bleibt aber eben nichts Halbes und nichts Ganzes. Setzt man das Ganze dann in den Kontext der Vorgänger, sieht man, wie viele Innovationen seit Jahren in die Serie gekommen sind – keine nennenswerten. Der Titel verspricht eine offene Spielwelt, die ich nach meinen Dünsten erkunden kann, starte ich aber eine Mission, darf ich einen bestimmten Bereich nicht mehr verlassen. Erreiche ich eine bestimmte Stelle, werde ich automatisch, ohne mich dagegen wehren zu können, in die wichtige Storymission geschmissen. Rede ich gerade mit einem NPC und ein Gegner fährt im Auto vorbei, bricht das Gespräch ab. Ich kann mich also frei in der Welt bewegen, werde aber an fast jeder Stelle wieder in die Linerarität gezwungen und darf mich der besagten Ubisoft-Formel beugen. Es ist wirklich schade, dass Far Cry 5 nicht mehr als ein durchschnittlicher Titel mit mehr Schwächen, als Stärken sein kann. Ubisoft hat mit Assassin’s Creed Origins gezeigt, wie man ein stagnierendes Franchise neu erfinden kann – und es mit Far Cry 5 wieder negiert. Wirklich schade, denn eigentlich mach das Spiel Spaß, was aber durch zu viele Schwierigkeiten getrübt wird. Wer keine Herausforderung sucht, die Vorgänger nicht gespielt hat und sich einfach nur berieseln lassen will, findet in Far Cry 5 definitiv das, was er sucht. Alle anderen, die einen höheren Anspruch haben, wird der Titel leider auf ganzer Linie enttäuschen.