Gut fünf Jahre ist es her, als uns der Gott des Krieges in God of War zuletzt mit seiner Anwesenheit beehrte – und diese Rückkehr kann sich mehr als nur sehen lassen.
Fünf Jahre sind seit dem letzten Ableger von God of War vergangen. Der letzte Teil ist so gesehen der Vierte der Reihe, stellt aber ein Prequel zur Geschichte von Kratos dar. Demnach wurde im April diesen Jahres der wirkliche vierte Teil veröffentlicht, der Jahre nach dem Dritten spielt. In Griechenland hat Kratos jegliche Geschichten erlebt, den Olymp ausgelöscht und den Titanen geholfen, sich an Zeus zu rächen. Dass er nicht das beste Verhältnis zu seinem Vater hat und hatte, sollte wohl jedem bekannt sein. Doch nun findet sich der Gott des Krieges in Midgard wieder, zwischen vielen neuen Göttern – und mit einem Sohn. Seine Frau und die Mutter des Kindes ist verstorben, höchste Zeit also, sich um das Kind zu kümmern. Doch schafft er das überhaupt? Als jemand, der während seines kompletten Seins alle Gefühle ausgelöscht hat?
Kratos, ein… Vater?
Viele Jahre sind in die Lande gezogen, seit der Geist Spartas den Konflikt mit seinem Vater Zeus und den restlichen Göttern des Olymp einem Ende setzte. Wie bereits angeschnitten muss sich Kratos im neuen God of War um seinen Sohn kümmern. Die Mutter des Kleinen ist verstorben und der Geist Spartas muss nun in die Vaterrolle schlüpfen und dem Kind einiges beibringen. Der letzte Wunsch von Faye, der Mutter, ist, dass man ihre Asche auf dem höchsten Berg verstreut. Es beginnt also eine Reise, die vor allem Kratos immer wieder auf eine neue Probe stellt. Denn die nordischen Götter wissen vom Götterschlächter und dem Schicksal des Olymp. Seine wohl größte Herausforderung ist es jedoch, Gefühle zuzulassen, zu kontrollieren und Atreus, dem Sohn, ein Vorbild zu sein. Während der Geschichte merkt man auch immer wieder, wie unser Protagonist mit seinen Gefühlen hadert, aber doch eine Entwicklung durchläuft.
Um die Asche von Faye zu erhalten, muss ihr Leichnam verbrannt werden. Passend dazu hat sie vor ihrem Tod bestimmte Bäume markiert, die der spartanische Heerführer zusammen sammeln muss, um sie zu bestatten. Doch genau diese Bäume zerstören ein Siegel, das die kleine Familie vor den nordischen Göttern und bösen Gestalten Midgards verborgen hielt. Bereits nach kurzer Zeit merken wir das Ausmaß, das uns auf der nun beginnenden Reise blüht. Doch ist Atreus auch wirklich bereit dafür? Immerhin drohen nicht nur mythische Gestalten damit, uns zu Kleinholz zu verarbeiten, sondern auch die mächtigen Götter rund um den Allvater Odin. Dass das noch lange nicht alles ist, wissen wir bereits aus diversen Trailern. So haben wir bereits Jörmungandr gesehen, die Weltenschlange, die Midgard einmal komplett umspannt und sich, laut der Sage, in den eigenen Schwanz beißt. Wer sich mit der nordischen Mythologie auskennt, wird wissen, dass dementsprechend auch Thor eine Rolle spielt, denn dieser stellt sich der Weltenschlange zum Kampf. Leider erfährt man davon nur per Geschichte eines späteren Begleiters, dennoch schön, wie nah man an den wirklichen Legenden bleibt.
Doch auch den Schmieden unserer Leviathanaxt und des Hammers Mjölnir, namentlich Brok und Sindri, begegnen wir im Laufe des Spiels immer wieder. Dennoch müssen wir auch lernen, dass nicht jede Gestalt, die auf uns wartet, freundlich ist. So tauchen durchaus auch Hel-Läufer, Seelen, die in Helheim abgelehnt wurden, auf oder Häscher, denen unsere Axt keinen Schaden macht. Wer mit diesem Teil der God of War-Reihe in das Franchise startet, muss sich nicht fürchten, nicht mitkommen zu können. Denn im neuen Ableger wird eine komplett neue Geschichte erzählt. Dennoch macht Vorwissen einiges leichter und einfacher zu verstehen, beispielsweise, wieso Kratos jedem Fremden misstrauisch gegenüber steht. Das erfährt man spätestens, wenn Atreus wieder in Plauderlaune gerät und seinem Vater zu viel erzählt. Es sind jedoch auch andere Anleihen aus den Vorgängern im Spiel vorhanden, die man nur komplett versteht, wenn man die Vorgänger kennt. Es gibt eine klare Empfehlung, die Vorgänger auch zu spielen, sollte man sich ernsthaft mit dem neuen Abenteuer vom Geist Spartas auseinandersetzen wollen. Zwingend notwendig ist dies, wie bereits angedeutet, jedoch nicht.
Alt und immer noch brutal?
Viele Fans des Franchises befürchteten, dass unser Protagonist im neuen Teil zu verweichlicht wird und sich zu sehr auf die Vater-Sohn-Bindung konzentriert wird. Storytechnisch ist diese Bindung auch komplett im Fokus. Dennoch gibt es noch genügend Gegner, die Bestleistungen von Kratos erfordern. Und dabei geht es nicht wirklich zimperlicher zur Sache, als in den Vorgängern. Einen großen Unterschied gibt es jedoch. Statt wie früher eine Art Vogelperspektive zu haben, ist die Kamera nun ganz nah an Kratos dran. Und das wirkt sich auch auf die Gegner aus. Schnetzelte man sich vorher noch durch schier unendliche Horden von mysthischen Feinden, ist es nun etwas ruhiger geworden. Statt 40 oder 50 Gegner auf einmal, muss man es manchmal nur mit maximal zehn aufnehmen. Das tut dem Ganzen jedoch keinen Abbruch, denn dadurch fühlen sich die Kämpfer wuchtiger und durchaus auch spannender an. Die Schulterperspektive kommt vor allem bei Feinden, die um ein Vielfaches größer sind als Kratos, voll zur Geltung.
Hatte man vorher auch noch die Chaosklingen, die wie ein Traum für den Massenmord geeignet waren, benutzt man nun die Leviathanaxt. Da sie ebenfalls von den Mjölnir-Schmieden gefertigt wurde, besitzt sie die Fähigkeit, in die Hände ihres Besitzers zurückzufliegen – egal, wo sie sich befindet. Und ja, auch wenn sie tief im Fleisch der Gegner steckt. Schon aus den Vorgänger-Titeln ist bekannt, dass die Waffe von Kratos mehrere Fähigkeiten besitzt. Da man dieses Mal auf unterschiedliche Waffen verzichtet, wie zum Beispiel Herkules Fäuste, liegt der Fokus auf der Leviathanaxt und Kratos‘ Schild. Die Axt besitzt zwei Runenplätze bei dem jeweils ein leichter und ein schwerer Runenangriff eingefügt wird. Die Runen dazu findet ihr durch das simple Suchen und Looten von Kisten oder im Verlauf des Spieles. Diese Runenangriffe besitzen je nach Level (Max. Level 3) unterschiedliche Fähigkeiten. Die einen sind spezialisiert dem Gegner seinen Lebensbalken zu zerstören, die anderen konzentrieren sich mehr auf das Einfrieren oder Betäuben. Je nach Verfügbarkeit und eurer Spielweise könnt ihr die Runen wechseln und den Kampfstil so nach euren Vorstellungen anpassen.
Doch dies ist noch lange nicht alles: Zur weiteren Verbesserung oder Anpassung könnt ihr die Axt selbst (bei Brok oder Sindri) verbessern und/oder den Knauf austauschen. Doch nichts ist hier umsonst. Die Kosten steigen im Verlauf des Spiels immens und benötigen nicht nur euer Geld, sondern auch seltene Gegenstände, dass ihr nur durch das Spielen erlangen könnt. Der Bogen von Atreus ist ebenfalls verbesserbar, doch nicht in dem Umfang, wie die Axt. Dagegen ist das Crafting-System von God of War gigantisch. Denn nicht nur die Axt kann hier nach Lust und Laune geschmiedet und aufpoliert werden. Neben Brustharnisch und Armschienen kann auch die Unterleibbekleidung erstellt und verbessert werden. Doch nicht jede Verbesserung passt sich eurem Spielen oder dem Charakter an. Wählt ihr mehr Stärke, müsst ihr häufig an anderen Punkten, z.B. Verteidigung, Abstriche eingehen. Ebenfalls reagiert Kratos‘ Level auf euer Crafting. Motzt ihr die Rüstung mit seinen Zaubern stimmig auf, könnt ihr in das nächste Level aufsteigen. Das ist wichtig, denn im Verlauf werden die Gegner auch stärker und ein großer Levelunterschied prophezeit einen schweißtreibenden Kampf. Wählt ihr falsch, geht es einen Schritt zurück. Wie man sieht, ist hier ein wenig Zeit notwendig, um mit dem richtigen Loot, dem richtigen Crafting und einer ausreichenden Finanzierung dessen zu einer optimalen Rüstung und Waffe zu gelangen.
Ein Punkt, der auch in den Vorgängern immer ausschlaggebend für einen erfolgreichen Kampf war, war der Fähigkeitenbaum. In den Vorgängern konnte man zwar noch nicht so viele neue Skills freischalten wie jetzt, dennoch sollte man besser nicht darauf verzichten. Während der Kämpfe und durch das Erkunden und Sammeln erhält Kratos immer wieder Erfahrungspunkte, die jedoch nicht im klassischen Levelaufstieg gipfeln. Wie im Absatz vorher erwähnt, steigt das Level nur, wenn ihr eure Werte erhöht. Die Erfahrungspunkte sammeln sich also lediglich einem Wert an, wie das Hacksilber, die Währung. Und ähnlich kann sie auch ausgegeben werden. Der Fähigkeitenbaum unterscheidet in Fern- und Nahkampf, Schildkampf und Rage und sogar einen kleinen Baum für unseren Sohn. Später im Verlauf kommt noch ein weiterer hinzu. Zu Beginn sind aber noch nicht alle Fähigkeiten bereit, erworben zu werden, denn mit jeder Verbesserung der Axt schaltet sich eine weitere Riege frei. Die Kosten sind dabei unterschiedlich, starten bei etwa 500 und können später auch schon mal mit mehreren 1.000 zu Buche schlagen. So können wir uns beispielsweise erkaufen, dass wir Projektile mit unserem Schild reflektieren können, während der Rage auf den Boden stampfen und Gegner fliegen lassen oder, dass Atreus mehr (Betäubungs)Schaden mit seinen Pfeilen verursacht. Es gibt eine Vielzahl an Skills, die zusätzlich erworben werden können und definitiv das Kämpfen erleichtern.
Eine wunderschöne Welt
Wenn Entwickler sich um die Gestaltung der Spielwelt kümmern, mit all ihren Facetten, bleibt oft ein Detail aus, das das Komplettpaket stört. Bei Far Cry 5 beispielsweise war es, dass der durchaus gelungene Soundtrack viel zu wenig zu hören ist. Doch bei God of War stimmt wirklich alles. Mit Midgard findet eine komplett andere Welt statt, als es diese noch mit Griechenland tat. Während Griechenland eher karges Land hat, dafür aber viele schöne Bauten, ist die Welt der Menschen in der nordischen Mythologie etwas näher an ein Land angelegt, das viele verschiedene Highlights zu bieten hat. Alleine der Wald, in dem wir uns zu Beginn des Spiels befinden, glänzt mit einer schöneren beziehungsweise interessanteren Ecke, nach der anderen. Und das Gute ist, dass sich das wirklich so durch das ganze Spiel zieht. Gerade die anderen Welten, die wir im Verlauf der Geschichte bereisen, bieten viel Abwechslung. Doch das Wichtigste ist, das jeder Ort schöner ist, als der andere. Die gewaltige Lava-Landschaft von Muspelheim, die mysteriösen, in Nebel gefangenen Ruinen Niflheims oder das strahlende Antlitz Alfheims. Es gibt keine Welt, in der wir nicht mit offener Kinnlade die Landschaft genossen haben.
Unterstützt wird das Ganze Spektakel noch von dem überaus perfekt gelungenen Soundtrack, der ebenso perfekt zu jeder erdenklichen Situation passt. Egal, ob ruhiger Moment, interessante Entdeckung oder Kampf. Das ist aber auch kein Wunder, denn die musikalische Untermalung stammt aus der Feder von Bear McCreary. Er ist unter anderem für die Soundtracks von Battlestar Galactica oder The Walking Dead bekannt. Außerdem komponierte er bereits die Musik zum Jack the Ripper-DLC von Assassin’s Creed Syndicate. Auch die (deutschen) Synchronsprecher haben eine hervorragende Arbeit geleistet. Abgerundet wird das Ganze dann von der Einbindung der nordischen Mythologie. Man merkt, dass man nicht einfach nur ein neues Setting gesucht hat und zweckmäßig eins fand. Denn in der ganzen Welt von God of War befinden sich Schreine und Geschichten, die gehört werden wollen. Das Tolle daran ist, dass diese auch akkurat wiedergegeben werden. Wir hören nicht nur von Göttern wie Odin oder Thor, sondern treffen auch „echte“ Wesen dieses Glaubens. So wie Jörmungandr, die Weltenschlange, einen der Söhne Freyas oder einen Riesen. Wir könnten noch mehr Beispiele nennen, leider würde dies die Geschichte spoilern. Dennoch merkt man auch bei den Geschichten, die erzählt werden, wie tief man sich mit der Mythologie befasst hat. Und Ragnarök, der Untergang der Götter, spielt, so oft wie es im Spiel erwähnt wird, wohl auch eine Rolle. Es gibt so viele Aspekte, die bedacht wurden. Man merkt hier die Liebe, auch zum tiefsten Detail, und das ist wunderschön.
Fazit
NeroTheStranger: „Ohne Fanboyen zu wollen, muss ich dennoch mitteilen, dass ich ein riesengroßer God of War-Fan bin. Mein erster Titel für die Playstation 2 war natürlich ein God of War. Im Laufe der Zeit verfolgte ich mit großer Begeisterung diese Serie. Nachdem Kratos endlich seine Rechnung mit seinem Vater beglichen hatte, konnte ich mich glücklich schätzen und dachte die Serie hat sein Ende gefunden. Die zusätzlichen Titel, wie jene für die PSP, haben mich nicht sonderlich interessiert, trotz anhaltender Begeisterung zum Franchise. Als der „vierte“ Teil angeteasert wurde, lief mir erneut das Wasser im Munde zusammen. Mir blieb wahrlich die Spucke weg, nachdem ich den Titel gespielt hatte. Es überraschte mich mit jeder weiteren Minute immer mehr. Das Alte mit dem Neuen vereinen und ein so konstantes und durchdachtes Spiel auf den Markt zu bringen verdient berechtigt den Triple-A-Status. Dieses Spiel besitzt alles und eine sehr gute Atmosphäre, die mit einem perfekten Soundtrack unterstützt wird. Das Gameplay ist neu und bietet viele Möglichkeiten sich im Kampf zu behaupten. Die Geschichte um Kratos und Atreus ist authentisch und die Einführung in die nordische Mythologie-Geschichten vollendet das Gemälde. Die RPG- und Crafting-Elemente einzufügen, war riskant, doch haben sie den richtigen Nerv getroffen und die Dopamin-Ausschüttung ist überwältigend. Die Weltpresse schreibt nur Gutes über diesen Titel, obwohl ich überhaupt kein Fan von Hypetrains bin, kann ich mich meinen (inter)nationalen Kollegen nur anschließen und die absolute Empfehlung für God of War aussprechen.“
Maurice „.Thor“ Skotschir: „Die Ankündigung von God of War auf der E3 2017 war für mich und viele andere ein Paukenschlag. Nach, zu dem Zeitpunkt, vier Jahren ohne Kratos und „nur“ mit einer Remastered-Version des dritten Teils war der Blutdurst groß. Die ersten Szenen, die gezeigt wurden, deuteten bereits auf das hin, was essentiell war. Es wird eine komplett andere Geschichte sein, die zwar an die Vorgänger thematisch anknüpft, aber keine Fortsetzung des Bekannten ist. Kratos ist älter geworden, hat einen Bart bekommen und sich wahrscheinlich zur Ruhe gesetzt. Das alles ist jedoch nicht der Tenor, denn Kratos muss nun erwachsen sein, sich wie ein Vater benehmen. Und dieses Kämpfen mit den eigenen Gefühlen ist hervorragend im Spiel umgesetzt. Neben des Tapetenwechsels in die, meiner Meinung nach, sehr interessante und weitreichende nordische Mythologie, ist die tiefgreifende Geschichte, das Beste, was der Serie passieren konnte. Ich verspüre selten das Gefühl, wirklich unbedingt weitermachen zu wollen und zu erfahren, wie es weitergeht, aber auch gleichzeitig so viel Geschichte mitzunehmen, wie möglich. Der einzige Titel, der das vor God of War geschafft hat, war The Witcher 3: Wild Hunt. Und ich muss sagen, nicht zuletzt deswegen, sondern auch wegen der perfekten Umsetzung dieses Komplettpakets, ist God of War ein Meisterk! Ein absolutes Muss für Besitzer einer PlayStation 4.“