Einsteigerfreundlichkeit vs. bewährte Spielmechaniken
Total War-Veteranen, wie ich es bin, fällt in den ersten Spielstunden vor allem eines auf: Informationen werden klarer präsentiert, es wird weniger um Dinge herum geredet und es gibt deutlich übersichtlichere Menüs, die einem das Spiel doch deutlich vereinfachen. Auf den zweiten Blick fällt einem aber auch auf, dass viele (wichtige) Spielmechaniken fehlen, die das Spiel in einer gewissen Weise komplex gemacht haben, aber nie negativ aufgefallen sind, weil sie zu übertrieben sind. Dennoch wurden sie gestrichen, dazu aber gleich mehr. Zunächst ist es so, dass Total War: Warhammer Einsteigern den Einstieg in die Serie deutlich vereinfacht hat. Die Provinzverwaltung ist einfacher geworden. Klicken wir mit der Maus auf ein Gebäude einer Provinz – oder einen freien Bauplatz – bekommen wir nun angezeigt, welche Gebäude in welcher Kette folgen – inklusive deren Effekte und Vorteile. Es ist somit deutlich einfacher geworden, den Ausbau einer Provinz zu planen.
Doch auch die Verwaltung der Provinzen ist um einiges vereinfacht worden. Das Einkommen der Stadt wird nun als realer Wert angegeben. Vorher war es noch so, dass eine Summe angezeigt wurde, von der es noch Abzüge gab, wie beispielsweise durch Korruption. Was anfangs noch angenehm wirkt, wird im späteren Spielverlauf merklich als negativer Punkt empfunden. Klar, es wurden deutlich Menüs eingestrichen, die übermäßig verworren waren und somit wurde Einsteigerfreundlichkeit garantiert, doch darunter leiden auch viele – bis dato – feste Spielmechaniken. Stichworte wie Nahrungsversorgung, Verschmutzung und Hygiene spielen von gestern auf heute keinerlei Rolle mehr. Steuern lassen sich nur noch mit einem Ein- und Ausschalten, anstatt schrittweise angepasst zu werden. Besondere Materialien verlieren an exklusiven Vorteilen, wie der Marmor im Attila-Ableger, der für die besten Gebäude des großen römischen Reiches unabdingbar war. Nun bringen uns diese besonderen Waren lediglich ein wirtschaftliches Gebäude, das uns einen gewissen Betrag an Einkommen garantiert – Gähn!
Spezielle Bauwerke gibt es zwar dennoch, die des Öfteren auch einen ordentlichen Bonus auf beispielsweise die Wirtschaft geben, sie verblassen aber dennoch in der geringen strategischen Bedeutung für unser Reich. Sie werden zwar immer gebaut, da man Zusätze auf bestimmte Sparten immer gebrauchen kann, aber einen besonderen strategischen Vorteil erhalten wir dadurch in keinster Weise. Auch schade, dass die Variationen der Gebäude gekürzt wurden. Baute man in Total War: Rome 2 noch einen Waffenschmied oder einen Rüstungsschmied, beschränkt es sich im Warhammer-Ableger nur noch auf den Schmied, der für beides gut ist. Generell fühlt sich Total War: Warhammer im Punkt Expansion und Erweiterung beschnitten an, so darf jedes Volk in der Vanilla-Einstellung nur eine bestimmte Region besetzen. Für Zwerge sind beispielsweise Menschenstädte tabu – diese dürfen nur geplündert oder niedergerissen werden. Zwergen- und Orkstädte dagegen dürfen auch eingenommen werden – wirklich sehr schade.
Das Herzstück: Die Schlachten
Kommen wir nun jedoch zum wichtigsten Aspekt eines jeden Total War-Spiels. Die Rede ist natürlich von den Schlachten. Dem Aspekt, der alle Spiele ausmacht und uns auch in diesem Ableger in keinster Weise zu enttäuschen weiß. In den Schlachten wird aus jeder Fraktion nochmal mehr rausgeholt, als auf der Kampagnenkarte. Jedes Volk braucht eine eigene Strategie. Währen die Menschen des Imperiums auf mächtige Artillerie wie den Steampunk-Panzer zurückgreifen können, haben die Vampire keine einzige Fernkampf-Einheit, die Zwerge hingegen setzen auf überaus starke Kämpfer der ersten Linie (Nahkämpfer) und die Orks kloppen gerne mit allem drauf, was sie haben und das nicht zuletzt mit Riesen oder monströsen Spinnen, die selbst die stärkste Linie brechen können. Jede Schlacht hat das Potenzial, in einem Fantasy-Film aufzutauchen.
Insbesondere Belagerungen sind nun zwar einfacher, aber eben auch epischer geworden. Mussten wir uns in den Vorgängern noch um eine komplette Stadt kümmern, die von jeder Seite aus hätte attackiert werden können, beschränkt es sich nun auf einen einzelnen Mauerabschnitt, den es einzunehmen gilt. Dies soll die Kämpfe zum Einen intensiver, aber auch schneller machen. Ein weiterer Aspekt für diese Entscheidung ist, dass die KI durchaus des Öfteren Probleme mit der Wegfindung in den größeren Städten mit den schmaleren Straßen hatte. Dies geschieht nun zwar noch ab und zu, jedoch wurde dem durch breitere Straßen vorgebeugt und entgegengewirkt. Was in beispielsweise Rome 2 noch in längeren taktischen Zügen endete, geht in Total War: Warhammer einfacher und schneller von der Hand, mindert jedoch nicht den Spannungs-Faktor.
KI-technisch ein guter Schritt
Was in erster Linie als Entlastung für die KI angedacht war, erfüllt seinen Zweck durchaus gut. Manchmal hakt die künstliche Intelligenz zwar noch ein wenig, aber es ist deutlich besser geworden, als in früheren Teilen. Auch als Belagerungsarmee kann sie überzeugen, denn nun trifft sie auch mehrere taktische Entscheidungen. So werden Mauern an verschiedenen Punkten angegriffen, Truppen werden in Reserve gehalten und bestimmte Orte werden dann mit verstärktem Fokus angegriffen. Passt man als menschlicher Spieler nicht auf, kommt es nicht selten dazu, dass man die Stadt schnell verliert. Doch auch in normalen Schlachten weiß die KI nun die schwachen Flanken anzugreifen, anstatt sinnlos geradlinig in den Tod zu rennen. Die Generäle rennen zwar immer noch rücksichtslos in erster Front auf unsere Truppen zu, doch dank der speziellen Fähigkeiten macht es nun durchaus Sinn.
Dennoch gibt es altbewährte Aussetzer und es passiert gut und gerne mal, dass die Artillerie unbewacht abseits der Front steht, was uns natürlich einen erheblichen Vorteil bietet. Auch das Abwägen von Angriffen gelingt nicht immer sauber. Des Öfteren kann es passieren, dass die KI Armeen angreift, die ihnen deutlich überlegen sind und Truppen vorschickt, die gegen unsere erste Linie überhaupt keine Chance haben. Passiert dies im Zusammenspiel mit den Chaoskriegern ist uns relativ früh ein Sieg der Kampagne gesichert. Denn gewinnen wir gegen das Chaos, traut sich kaum noch eine Fraktion uns anzugreifen, da, wie bereits erwähnt, das Chaos als das größte Übel des Franchises gilt. Irgendwo zwar verständlich, kann dann aber doch ganz schnell in einem langweiligen restlichen Rumgeplänkel in der Kampagne führen.
Fazit
Eines ist klar, denn diesen Mix aus Total War- und Warhammer-Franchise haben sich nicht wenige Anhänger dieser gewünscht. Nun ist es umgesetzt worden und man kann sagen, dass es sich durchaus gelohnt hat. Auch die Vereinfachung für Neueinsteiger ist an manchen Stellen durchaus gelungen. An anderen Stellen ist hier der Schwierigkeitsgrad jedoch zu stark gemindert worden und viele wichtige Faktoren fallen raus. Beispielsweise der Faktor Nahrung, der eigentlich einen Großteil der strategischen Bauweise in Rome 2 ausmacht, fällt hier komplett weg. Dennoch liegt der Fokus wie gehabt auf den taktischen Fantasyschlachten, die mit den neuen Einheiten, Fraktionen und legendären Helden so episch daherkommen, wie noch nie. Was die Schlachten gut machen, bleibt auf der Kampagnenkarte jedoch auf der Strecke. Nichtsdestotrotz ist Total War: Warhammer einer der besten Teile des Franchises und kommt mit einem hohen Wiederspielwert daher, denn nie unterschieden sich die verschiedenen Fraktionen so deutlich, weshalb es mindestens vier Gründe gibt, die Kampagne (noch) einmal anzufangen. Ein solider Teil, der auch Dank der zahlreichen Mods eine Daseinsberechtigung hat und durchaus weiß, an den Monitor zu fesseln.