Die Kriegs-Simulation geht in die nächste Runde. Mit Arma 3 will Bohemia Interactive neue Maßstäbe in Sachen Taktik-Shooter setzen. Gelingt es ihnen? Wird das Spiel besser, als dessen Vorgänger? Wir haben uns die Alpha Version für euch angeschaut und berichten von unseren Erfahrungen.
Fangen wir das ganze doch mal mit einem Flashback an: Wir springen zurück zum 29. Mai 2009. Bohemia Interactive veröffentlicht Arma 2 und bietet damit den offiziellen Nachfolger von Operation Flashpoint und ArmA: Armed Assault. Das Spiel gehört dem Genre der Taktik-Shooter an, hat jedoch auch einen starken Simulationscharakter. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war das Spiel so voller Bugs und unfertigen Elementen, dass sich die Spielergemeinde darüber aufregte; ja sogar ihr Geld zurück verlangte. Sie beschwerten sich darüber, dass Bohemia Interactive ihnen ein unfertiges Spiel vorlegte. Die Bugs wurden nach einigen Updates in Zusammenarbeit mit den Spielern behoben, wodurch das Spiel eine bessere Bewertung von Kritikern bekam und Fans des Genres das Spiel gerne gespielt haben.
Zurück in die Gegenwart: Bohemia Interactive kündigt Arma 3 für das dritte Quartal 2013 an. Einige nennen es Minecraft-Taktik, aber seit dem 05. März 2013 haben Spieler beim Kauf des Spiels Zugang zur Alpha Version von Arma 3. Die Reaktion der Community? Die freut sich über einen frühen Zugang zum Spiel und hilft gerne mit, das Spiel bei seiner Entwicklung zu unterstützen. Dabei werden Spielfehler und Vorschläge einfach gemeldet und die Community blättert ihr Geld auf die virtuelle Theke, um die günstigere Alpha-Version zu bekommen. Denn wer jetzt zuschlägt, bekommt auch die Vollversion des Spiels, was eigentlich eine gute Sache ist.
Kommen wir zur eigentlichen Alpha, in der ihr zwischen vier Showcase-Missionen wählen könnt, die euch einzelne Abschnitte der Kampagne aus der Vollversion spielen lässt. Die Alpha-Version bietet euch „nur“ das relativ kleine Gebiet der Insel Stratis an, das ungefähr 20 km² groß ist. In der Kampagne werdet ihr die Möglichkeit auf der 270 km große Gelände der Insel Altis zu erkunden.
Showcase: Infantry
In dieser Mission bekommt ihr einen Vorgeschmack auf die Schussgefächte in Arma3.
Ihr startet ziemlich Zentral auf der Insel und müsst mit eurem „Team Alpha“ das „Team Charlie“ aus einem Dorf retten, das dort von gegnerischen Truppen eingekesselt wurde. Dieses Dorf liegt ziemlich nah an der Küste, was bedeutet, dass ihr auf dem Weg dorthin noch auf gegnerische Einheiten trifft. Diese müssen mit gezielten Schüssen ausgeschaltet werden und da habt ihr die Wahl: Entweder ihr nehmt es selbst in die Hand und erledigt einen nach dem anderen, oder folgt eurem Team-Leader und befolgt seine Befehle. Beide Optionen entpuppen sich jedoch als herausfordernd: Neulinge werden mit der komplizierten Steuerung schlecht zurecht kommen und die Befehle werden mit „100 Meters – West – Kerry, shoot that rifleman!“ nicht gerade leicht ausgedrückt. Da stellen sich doch Fragen wie „Wie viel sind 100 Meter in dem Spiel?“ oder „Woher soll ich wissen, wo Westen ist?!“ oder noch besser „Bin ich dieser Kerry?!“.
Was einem sofort auffällt, ist die wunderschöne Grafik. Die neue Real Virtuality 4 Engine lässt das Terrain mit wunderschönen Leuchteffekten beleuchten und sorgt für hübsche und glatten Texturen. Die Animationen wurden ebenfalls überarbeitet und diese sehen jetzt flüssiger und schöner aus. Hier und da findet man trotzdem noch verschwommene Texturen, die hoffentlich nach der Alpha gefixt werden.
Das alles kann einen Neuling im Arma Universum ziemlich verunsichern und aus der Fassung bringen. Vor allem, wenn man vorher nur an Arcade-Shooter gewohnt war. Ein Blick auf die Tastenbelegung und man ist nun etwas besser vorbereitet. Kompass auspacken und bei einer Anweisung des Team-Captains in die geforderte Himmelsrichtung gucken. Wenn man jetzt noch den Feind sichtet, kann man ein paar gut platzierte Schüsse abgeben und der Gegner liegt auf dem Boden. Ganz einfachist das jedoch nicht, denn der Rückstoß der Waffen liegt ziemlich realitätsnah, was das Zielen erschwert. Das Schießen aus der Hüfte ist ebenfalls schon auf mittlerer Entfernung so gut wie Selbstmord. Ducken und durch das Rotvisier spähen, ist hier die besser Lösung einen Gegner zu treffen.
Hat man „Team Charlie“ im Dorf gerettet, wird man von feindlichen Einheiten mit Raketen bombardiert. Der Team-Captain erklärt euch zum Freiwilligen, der sich auf die Suche nach den Gegnern macht. Einen Anhaltspunkt zum Aufenthalt der Feinde, wie zum Beispiel eine Minimap, gibt es nicht. Stattdessen wird einem mitgeteilt, dass deine Verbündeten einen Hügel im Norden scannen und kurze Zeit später gegnerische Einheiten erkennen. Diese werden dann als „Waypoint“ auf der normalen Karte eingezeichnet. Im Alleingang gilt es dann, diese Feinde zur Strecke zu bringen.
Habt ihr das erledigt, sollt ihr euch dorthin zurückziehen, woher ihr gekommen seid. Daraufhin ist diese Showcase-Mission beendet.
Showcase: SCUBA
Wie die, die es nicht wissen: SCUBA heißt im englischen „Self-contained breathing apparatus“, was soviel heißt wie Atemschutzgerät. Das ist einfach der Lufttank, der zum Beispiel beim Tauchen benutzt wird. Und genau darum geht es in dieser Mission: Um das Tauchen. Das ist wohl die größte Neuerung in Arma 3.
Ihr startet an der Küste der Insel Stratis und bekommt mitgeteilt, dass ihr drei Unterwasser-Minen entschärfen müsst. Diese sind als Waypoint auf eurer Karte markiert. Die Steuerung unter Wasser wird euch kurz angezeigt und da sie ziemlich simpel ist, geht das tauchen auch gut von der Hand.
Leider sieht es unter Wasser nicht schöner aus, als auf dem Land. Die Sicht reicht nur gefühlte drei Meter, danach verschwindet alles in einem hellen blau. Man schwimmt hier und da mal an ein paar Fischen vorbei, das ist aber auch alles. Viel neues bringt die Tauch-Mission also nicht mit sich. Vielleicht ändert sich das in der Vollversion.
Nachdem man die drei Minen entschärft hat, muss man an Land gehen und eine Panzerfaust finden, mit der wir dann einen fliegenden Helikopter aus der Luft holen müssen. Und das stellt sich als ziemlich fordernd heraus. Die Waffe befindet sich nämlich in einem geschützten Stützpunkt feindlicher Einheiten, die einen Alarm auslösen, falls sie einen Feind entdecken. Das Problem bei der KI ist nur, man weiß nicht, wann sie dich sehen und wann nicht. Man weiß ja noch nicht mal, wo sich die gegnerischen Einheiten befinden. Das heißt, entweder habt ihr enormes Glück und kommt so an die Waffe heran, oder müsst euch alleine (!) ein Feuergefecht mit einer handvoll Gegner liefern. Eine Hilfe soll ein Artillerieruf sein, der einige Raketen auf ein angezieltes Gebiet werfen soll. Diese Feature funktionierte auch nur einmal bei drei Versuchen.
Dabei spielt die KI ziemlich verrückt. Während manche Gegner einfach dumm in der Gegend herumstehen und euch als Eindringling suchen, nehmen andere hinter Felsen und Wänden Deckung und schießen mit einer Präzision und der Reaktionsgeschwindigkeit eines Leoparden. Außerdem liegt die Unsicherheit dessen, was die computergesteuerten Gegner sehen können am Terrain. Können dich die Gegner nun durch ein Gebüsch sehen, oder nicht? In dem Moment, in dem man sich die Frage stellt, sieht man schon das Gras von unten.
Nachdem wir den Stützpunkt geleert haben, bleibt noch der Hubschrauber, den wir aus der Luft holen müssen. Schnell die geforderte Boden-Luft-Rakete geholt und siehe da, eine neue Veränderung. Das Inventarsystem wurde in Arma 3 verbessert. Intuitiv lässt sich die Ausrüstung per Drag & Drop hin und her bewegen und gibt uns an, wo wir die jeweilige Ausrüstung in den zugehörigen Slot packen können, denn jedes Item hat seinen eigenen Platz. Auch bemerkenswert: Man kann Waffenaufsätze auf einzelne Waffen packen, wie zum Beispiel Kimme und Korn mit einem Rotpunktvisier austauschen, oder einen Schalldämpfer auf die gewünschte Waffe setzen. Die Uniform kann man ebenfalls wechseln.
Also bleibt nur noch der lautstarke Helikopter, der über unserem Kopf kreist: Anvisieren, Wärmeleitrakete laden lassen und abfeuern. Mit einer großen Explosion endet also die zweite Showcase-Mission.
Showcase: Vehicles
Wir spawnen irgendwo im nirgendwo und unser Ziel ist es erstmal ein Vehikel aus einer gegnerischen Basis zu stehlen. Um mit den Gegnern aus diesem Stützpunkt fertig zu werden, besitzen wir eine Waffe mit Wechselvisier. Das heißt, wir können auf einer Waffe zwischen Red-Dot Visier und Zielfernrohr umschalten. Eine coole Neuerung, die aber schon in einigen Spielen zuvor eingesetzt wurde, aber auf jeden Fall nützlich, beim klären des Stützpunktes. Ab in das spezifische Vehikel (was so speziell daran ist, wird uns nicht gesagt) und los gehts.
Es geht los auf eine knapp 2 km lange Autofahrt, über eine schmale Landstraße. Auf dem Weg begegnet man eine provisorischen Straßensperre, die bei falschem Aufprall euer Verkehrsmittel schädigen kann. Schaden werden theoretisch am HUD angezeigt und wirkt sich auch am Fahrverhalten aus, jedoch optisch wird nur wenig angezeigt. Ein detailliertes Schadensmodell an Fahrzeugen fehlt also noch.
Nach einigen Versuchen machte das Auto sogar einen Frontflip beim Aufprall und landete wieder ungeschädigt auf den Reifen. Der PhysX Engine sei Dank! Das sind eben noch Fehler, die man in einer Alpha einstecken muss. Wahrscheinlich müssen den richtigen Objekten ihr zugehöriges Schadensmodell und Gewicht zugeschrieben werden. Lustig ist es trotzdem! Jedenfalls lassen sich die Fahrzeuge generell besser und vor allem realistischer durch die Welt fahren, als es im Vorgänger der Fall war – gute Sache.
Im nächsten Lager angekommen, geht es direkt zur Sache. Der Alarm ist schon ausgelöst und ihr müsst euch durch einige Feinde kämpfen und drei Vehikel in die Luft jagen. Durch das Umschaltvisier auf der Waffe geht das recht flott und macht auch Spaß. Jedoch hat die KI wieder ihre besonderen Fähigkeiten durch Objekte sehen zu können, oder einfach nur Auszusetzen.
Danach bekommt ihr eine Meldung, dass ein verbündetes Team eingekesselt wurde und es nicht überlebt, wenn ihr nicht auf euch aufmerksam macht. Ihr könnt entscheiden, ob ihr an einem Funkturm Alarm macht, oder die Mission direkt beendet und eure Kameraden sterben lasst.
Showcase: Helicopters
Kommen wir zum größten Traum der Menschheit: Das Fliegen. Viele Spieler empfinden diesen Teil von Arma 3 am interessantesten, da die Flugmechanik der Helikopter so detailreich und realitätsgetreu erscheint.
Die letzte Showcase-Mission startet in einer riesigen Militärbasis mit Flugplatz. Ihr steigt sofort in den nächsten Helikopter als Pilot ein. Was auffällt: Die Hubschrauber sind innen, sowie außen mit detailreichen Texturen versehen und sehen schön aus. Vor allem im Cockpit werden die Radarbildschirme, Meterstand und vieles mehr schön animiert, sodass man fast das Gefühl hat – vorallem als Neuling – , von Information überschwemmt zu werden.
Man ist nicht alleine auf dem Flugfeld, denn um uns herum starten noch weitere Boden- und Luftfahrzeuge. Das merkt man schnell, denn die FPS gehen ziemlich schnell runter. Sind da etwa die Grenzen der neuen Real Virtuality 4 Engine? Hoffentlich wird da noch etwas nachgebessert. Stellen wir die Grafikoptionen eben etwas tiefer und los geht’s. Man startet mit dem Helikopter und sieht, wie die verbündeten Einheiten reihenweise in Häuser, Büsche oder Felsen reinbrettern. Ein lustiger Lacher ist es allemal Wert, jedoch kann man die Mission mit solchen KI Aussetzern nicht vernünftig führen. Wie soll man denn Befehle geben, wenn die Bodeneinheiten lieber Selbstmord begehen wollen?
Nehmen wir eben alles selbst in die Hand und fliegen zum Missionszielpunkt. Leichter gesagt, als getan, denn das Fliegen entpuppt sich als fummelig und risikoreich. Hier merkt man wieder, dass Neulinge bei der Mission schon lange aufgegeben hätten. Das Steuern mit Maus und Tastatur behindern sich quasi gegenseitig, wenn man beides nicht richtig einsetzt und zu hektisch an die Sache herangeht. Hat man sich doch etwas an die Steuerung gewohnt, kommt man doch irgendwann am Waypoint an, denn schließlich soll man ja die Kameraden, die im Helikopter sitzen dorthin verfrachten. A pros pos Kameraden: Der Co-Pilot, der neben einem sitzt, ist wahrscheinlich nur ein unbezahlter Praktikant, denn der macht gar nichts und sitzt nur vor sich rum.
Wirklich viel Abwechslung findet man in dem Showcase nicht mehr: Unsere Ziele sind erst zwei Fahrzeuge, die wir abschießen müssen, Truppen absetzen und dann wieder auftanken. Zuletzt müssen wir noch eine gegnerische Mörserstellung zerstören, indem wir richtige Kaputtmacher auf sie jagen. Das war’s dann auch von der Mission.
Was einem Arma 2 Veteran dabei auffällt, ist, dass dasselbe schon bei Arma 2 vorhanden war. Viele Neuerungen in Sachen Flugmodus gibt es in Arma 3 daher nicht.
Fazit
Damit hat man alle vier Showcases der Alpha von Arma 3 schnell hinter sich gebracht. Wer alles noch einmal auskosten möchte, der kann die Missionen noch einmal durchspielen. Viel zu entdecken, gibt es ja. Vorallem die Kollisions-Bugs sind richtige Brüller, aber die lassen sich auch im Multiplayer finden. Bekanntlich lässt es sich ja in der Gruppe besser Spaß haben.
Arma 3 zeigt in seiner Alpha Potenzial, eine besser Kriegssimulation zu werden, als Arma 2. Es gibt viele gute Änderungen, wie das verbesserte Inventarsystem und die verbesserte Fahrtechnik, jedoch ist der Taktik-Shooter trotz wunderschöner Grafik nicht viel besser, als sein Vorgänger. Nimmt man das neue Tauch-Feature, die verbesserte Grafik, die neuen Waffen und die Verbesserungen am Inventar und an der Fahrzeugengine weg, dann bleibt nichts weiter, als ein Arma 2 auf einer anderen Insel.
Was wir uns wünschen, wäre noch eine Neulingsunterstützung in Arma 3. Veteranen werden mit der kaum veränderten Steuerung keine wirklichen Probleme haben; sie werden sich wie zu Hause fühlen und sofort im Spiel durchstarten, doch was ist mit Shooter Fans, die mit Arma 3 neu in die Kriegssimulation einsteigen wollen? Die müssen sich leider die Tastenbelegung zig mal durchlesen, durch Foren wüsten, oder letztendlich den virtuellen Löffel abgeben. Denn die Arma 3 Alpha möchte mit seiner Realitätsnähe immer noch eine gnadenlose Kriegssimulation hinlegen, die jeden neuen Spieler in dessen Fülle und Großartigkeit erst einmal in die Knie fallen lässt und nach einem Tutorial beten lässt.
Die Arma 3 Alpha hat einiges über das Spiel gezeigt. Bohemia Interactive wird daran fleißig weiter arbeiten und auf jeden Fall Feedback der Spieler aufnehmen und benutzen. Was für Veränderungen das alles mit sich bringen wird und wie sich der fertige Multiplayer auf das Spiel auswirkt, darauf sind wir gespannt. Ob sich das Spiel jedoch soweit verändert, sodass es sich zu einem neuen Spielgefühl entwickelt, ist unwahrscheinlich. Arma 3 ist der Nachfolger von Arma 2 und macht sich auch im Spiel bemerkbar; daran wird sich nichts ändern.
Anmerkung: ArmA 3 wird nicht nur auf Steam verkauft werden, sondern auch als Retail-Version in den Läden erscheinen, gepublished von Petergames.