Einige Tage ist Tom Clancy’s The Division jetzt schon auf dem Markt und wird von der Mehrheit als großartiger MMO-Shooter gefeiert. Doch Moment, The Division ist eigentlich gar kein MMO.
Tom Clancy’s The Division ist seit dem 08. März auf dem Markt erhältlich und legte gleich mal den erfolgreichsten Verkaufsstart der Unternehmensgeschichte von Publisher Ubisoft hin. Kein Wunder, denn The Division bietet eine wundervolle Grafik, ein faszinierendes Setting in der New Yorker Metropole und viele Gameplayelemente aus verschiedenen Videospielegenres. Auch wir testeten das Spiel sehr ausgiebig und waren letztendlich sehr begeistert. Auf Grund der vielen verschiedenen Spielmechaniken wird The Division, so wie beispielsweise auch Destiny seinerzeit, auch als MMO-Shooter bezeichnet. Aber Moment mal, um ein MMO-Shooter zu sein bedarf es doch normalerweise auch einer großen Portion MMO Anteil. Aber selbst nach einigen Stunden, die ich nun im virtuellen New York verbracht habe, kann ich davon leider so gut wie nichts erkennen.
Was braucht ein MMO?
Um zu analysieren, ob The Division wirklich ein MMO-Shooter ist, sollte man zuerst klären, welche Gameplay Elemente repräsentativ für ein klassisches MMO sind. Selbstverständlich werden wir in diesem Zug auch Beispiele nennen, in denen die jeweilige Funktion wesentlich besser integriert ist.
Der Begriff MMO beziehungsweise MMOG im Allgemein steht für Massively Multiplayer Online Game, zu Deutsch Massen-Online-Gemeinschaftsspiel, so der genau Wortlaut, welchen man auch bei Wikipedia finden kann. Was braucht also ein Spiel, wenn es sich MMO nennen möchte? Richtig, eine große Anzahl an Spielern, die zusammen spielen und spannende Abenteuer erleben können. Hierfür gibt es etliche gute Beispiel, eines der bekanntesten ist meiner Meinung nach World of Warcraft. In seiner Blütezeit hatte das Spiel eine Anzahl von sage und schreibe ca. 12 Millionen aktiven Abonnements. Und das merkte man damals auch beim Spielen. Man lief durch die vielen Gebiete von Kalimdor und Azeroth und begegnete dort immer wieder anderen Mitspielern, welche gerade damit beschäftigt waren eine Quest zu erledigen oder ihren Berufen nachzugehen. Die Welt wirkte dadurch sehr belebt und man hatte nie das Gefühl alleine zu sein.
Einige werden jetzt bestimmt sagen, dass dies doch auch in The Division so ist. Aber wenn man überlegt wo man diese anderen menschlichen Mitspieler findet, lässt sich das auf ganze drei Lokalitäten eingrenzen, das Anfangslager, in welchem man sich direkt nach der Einführung in Brooklyn befindet, die Dark Zone und die Safehouses. Sobald ich auf den Straßen von New York unterwegs bin, laufen mir bis auf Hunde, KI-Zivilisten und den Gegner keine Menschenseele über den Weg. Natürlich kann ich jederzeit nach Gruppenmitgliedern suchen aber die restliche Zeit ist man alleine Unterwegs und trifft niemanden. So darf sich meiner Meinung nach ja wohl kein MMO anfühlen. Und um eine Überbevölkerung auf den Straßen vorzubeugen hätte man es auch ähnlich lösen können wie bei Destiny, in dem man eine kleine Anzahl an Spieler einer Instanz zuweist. So wären die Straßen zwar verlassen, trotzdem wäre aber noch möglich gewesen, dem einen oder anderen Spieler über den Weg zu laufen.
Und damit komme ich auch schon zum nächsten Punkt. Wo sind die Interaktionen mit anderen Mitspielern. Warum ist es nicht möglich, meinen gefundenen Loot mit anderen Mitspielern zu handeln? Zugegeben, ein Auktionshaus wie in anderen MMO’s wäre wahrscheinlich wirklich etwas übertrieben aber wenn ich ein, zwei Waffen oder Ausrüstungsgegenstände besitze, die andere vielleicht viel besser gebrauchen könnten, warum sollte ich diese dann nicht zum Verkauf anbieten können? Um New York aus den Fängen der gegnerischen Einheiten zu befreien, würden die Agenten doch auch untereinander handeln um sich somit den Gegner gegenüber einen Vorteil verschaffen zu können. Auf diese Art und Weise würde auch das Crafting-System mehr Sinn bekommen, denn zugegeben, bis jetzt habe ich zwar etliche Blaupausen bekommen, hergestellt habe ich aber bis jetzt nur eine Handvoll. Dafür findet man unterwegs einfach mehr als genug gleichwertige Ausrüstung.
Auch hätte man drüber nachdenken können, verschiedene Crafting Berufe in das Spiel zu implementieren. So hätte es je einen Beruf für Waffenmods, einen für Rucksäcke und einen für Rüstungen geben können. Passend dazu würde es dann mehr Rohstoffe geben, welche zum einen gefunden, zum anderen von Gegnern erbeutet werden könnten. Auch ein Beruf der High-End Gegenstände zerlegen könnte um daraus Materialien zu gewinnen, hätte auf jeden Fall mehr Variationen in das Spiel gebracht.
Einer für alle und alle für einen
Ganz wie es sich für ein MMO gehört, können wir auch in kleinen Gruppen durch New York schreiten und den Gegnern die virtuellen Kugeln um die Ohren jagen. Allerdings, und das ist ein verdammt wichtiger Aspekt, ist das alles nur optional. Man kann sich zu einer Gruppe zusammenschließen, von den taktischen Möglichkeiten profitieren und so beispielswiese die einzelnen Missionen auch auf höheren Schwierigkeitsgraden absolvieren, es bleibt aber alles optional. Wo sind die kleinen Dungeons, die man ohne Gruppe gar nicht erst probieren braucht und wo sind die jeweiligen Endbosse, die nur mit Movement und Taktik zu bezwingen sind, und damit meine ich keine Named Typen die einfach nur unnormal viel an Munition schlucken. Verstecken, schießen und gegebenenfalls die Deckung wechseln ist für mich keine taktische Anforderung.
Auch Raids für größere Gruppen wäre vorstellbar, Ein Raid wo die gegnerische Fraktion zum Beispiel einen noch funktionierenden Panzer gefunden hat und es nun unsere Aufgabe ist, diesen am Ende des Raids unschädlich zu machen. Aber wer weiß vielleicht bekommen wir solche oder ähnliche Inhalt ja kostenpflichtig mit den nächsten DLC’s. Ich hoffe man konnte die Ironie im letzten Satz herauslesen.
Und da wir so schön beim Thema Gruppen sind, wo sind Gilden ähnliche Vereinigungen? Man könnte ein Gilden HQ errichten und ausbauen um dadurch allen Gildenmitgliedern einen kleinen Bonus auf irgendwas zu gewähren. Auch das könnte man ziemlich glaubwürdig in die Welt von The Division integrieren in dem sich einige Agenten zu einer Subdivision zusammenschließen.
Letztendlich macht ein MMO halt einfach mehr aus als es hier derzeit der Fall ist. Gegnern einen Lebensbalken zu verpassen, ein paar Crafting Ansätze zu integrieren und sich die Spieler nur in Gruppen oder der Dark Zone treffen zu lassen, reicht einem Spiel meiner Meinung nach nicht um sich MMO schimpfen zu dürfen.
Der Spaß ist das was zählt
Zugegeben, wenn man diese Zeilen liest, könnte man meinen, The Division würde keinen Spaß machen. Dem ist definitiv nicht so, im Gegenteil. Bis jetzt hatte ich schon viele spaßige Stunden in New York und werde auch bestimmt noch viele weitere Stunden dort verbringen.
Allerdings ist The Division in meinen Augen einfach kein richtiges MMO. Dafür fehlen mir einfach zu viele wichtige Aspekte die ein MMO ausmachen, in diesem Spiel aber leider nur ansatzweise integriert und bei weitem nicht ihr vollständiges Potential entfalten. The Division ist ein Third-Person-Shooter mit kleinen Online Funktionalitäten, mehr nicht. Ich gehe ja auch nicht hin und bewerbe Dark Souls oder Bloodborne als MMORPG nur weil ich mir menschliche Mitspieler beschwören kann oder andere Spieler in meine Welt eindringen können. Das sind Online Features, nicht mehr und nicht weniger.
Wir dürfen gespannt sein, was Ubisoft beziehungsweise Massive Entertainment noch für die Zukunft noch in Planung haben. Erste Gerüchte über einen Raid kursieren ja bereits seit einiger Zeit im Internet.