Mit The Division endet eine langes Warten und beginnt eine neue Ära für Ubisoft. Der Titel findet schon jetzt großen Anklang und auch wir glauben, dass er ein voller Erfolg wird.
Viele Leser werden bei der Bezeichnung „MMO“ wahrscheinlich wieder auf die Barrikaden gehen. Meiner Meinung nach ist die Bezeichnung MMO oder MMORPG aber die treffendste für das neue Franchise Tom Clancy’s The Division, welches Ubisoft am 8. März an den Start schickt. Dabei bestreite ich nicht, dass das genaue Genre des Spiels, also Shooter mit RPG-Elementen oder RPG mit Shooter Mechaniken oder nocht was anderes, weiterhin Stoff für Diskussionen bietet. Für mich ist The Division ein MMO, und zwar das erste seiner Art. Vielleicht sogar das beste.
Moment, werden sich jetzt einige wundern, war das nicht der Typ, dem The Division so überhaupt nicht gefallen hat? Auch das ist richtig – The Division ist nicht das, was ich erwartet habe. Dabei beziehe ich mich allerdings auf das Material, welches Ubisoft auf der E3 2013 ankündigte – für mich bindend, auch wenn viele meinen, dass ein Ankündigungs-Trailer nicht als Grundlage für Erwartungen dienen dürfe. Im Endeffekt ist das zwar der Fall, aber das ist eher ein Problem als eine Rechtfertigung. Trotz meiner enttäuschten Hoffnungen aber glaube ich, dass The Division ein großer Erfolg wird – vielleicht der größte für Ubisoft seit Jahren. Aber wie komme ich darauf?
Die Antwort ist simpel – The Division ist einzigartig. Die heutige Spielelandschaft ist geprägt von vielen gleichen oder ähnlichen Spielen. Für welche Marke man sich entscheidet, ob zum Beispiel Battlefield, Call of Duty oder Rainbow Six Siege, das ist am Ende reine Geschmacksache. Im wesentlichen bieten die meisten Spiele sehr ähnliche Strukturen und Mechaniken und zielen auf die selbe Spielergruppe ab. Aber was ist The Division?
Allein die Tatsache, dass es uns nicht leicht fällt, das Spiel einem bestimmten Genre zuzuordnen, ist ein erstes Indiz dafür, dass es etwas neues bringt. Schauen wir uns auf dem derzeitigen Markt nach etwas Ähnlichem um, dann finden wir allerhöchsten Destiny, dessen Spielerschaft nicht wenig Interesse an Ubisofts neuem Werk zeigt. Destiny hat aber neben einigen anderen auch und vor allem das Problem, dass es Konsolen-exklusiv ist. The Division ist damit das erste Spiel seiner Art, das auch auf dem PC erscheint. Dazu kommt das Setting von The Division, welches Spieler vor eine komplett neue Herausforderung stellt: Während ihr in Destiny oder vielen RPGs gegen Außerirdische, Fabelwesen, Roboter oder Supermutanten kämpft, also Gegner, bei denen es euch nachvollziehbar erscheint, dass selbige nicht an einer einzelnen Kugel sterben, schickt euch Ubisoft in den Kampf gegen Menschen. Das macht es schwer, glaubhaft zu vermitteln, warum die Feinde so viele Kugeln schlucken. Ihr braucht eine neue Art der Akzeptanz, um The Division zu genießen. Ihr müsst euch einfach darauf einlassen, um das Spiel genießen zu können – Erklärungen werdet ihr nicht finden, so sehr ihr auch danach sucht. Es gibt keine Mutationen, moderne Panzerungen, Schutzschilde oder Zauber. Es ist einfach so, wie es ist.
Das fällt doppelt schwer, da wir bei The Division von einen Spiel aus dem Tom Clancy-Universum sprechen, welches in jedem Aspekt versucht, realistisch zu wirken. Die Animationen, die Charaktere, die Hintergrundgeschichte, die Spielwelt – all das ist so ultrarealistisch, dass wir es sofort glauben. Ein Paradoxon also, über das ihr hinwegkommen müsst. Nur dann könnt ihr euch auf voll auf das Gameplay einlassen.
Bezeichnen wir The Division als ein MMORPG, dann kommen Vergleiche auf. WoW, Herr der Ringe Online, Destiny – die Liste ist lang. Aber nicht einmal Destiny hat auch nur im Ansatz die technische Qualität eines The Divisions. Grafikdowngrade hin oder her: Die Snowdrop Engine setzt das Spiel so umwerfend gut in Szene wie noch nie zuvor ein MMO. New York mag jetzt nicht unbedingt das beste Setting für spektakuläre Aussichten sein, darum werden sich auch selten so schöne Szenen wie beispielsweise die eines Fallout 4s bieten, doch der Detailgrad der Welt ist absolut umwerfend. Dazu beeindruckt die Engine mit der Möglichkeit, ohne Ladebildschirme zwischen Single- und Multiplayer zu wechseln. Zwar gibt es auch hier einige Situationen, welche die Entwickler eleganter hätten lösen können – beispielsweise wäre mir lieber gewesen, das HQ so zu betreten wie die Darkzone, durch zwei Türen anstatt durch einen langen Gang, durch den man unendlich langsam durchwatscheln muss. Die Technik hinter dem Ganzen ist dadurch aber nicht weniger beeindruckend.
Auch das Gameplay von The Division ist einzigartig – es vereint die bekannten Grinding-Mechaniken eines 0815-MMO mit dem, was wir Spieler am liebsten haben: Schießprügel. Viele Schießprügel. Anpassbare Schießprügel (auch wenn der Hater in mir gerne mehr Erweiterungen für die Waffen gehabt hätte, wie sie beispielsweise Escape from Tarkov bieten wird). Im PvE hält sich der Spaß zugegeben etwas in Grenzen, begrenzt sich eigentlich auf den Sammeltrieb in jedem Spieler – The Division bietet unzählige Items, ob Aufsätze, Ausrüstung, Kleidung oder Waffen, die gefunden werden wollen – vor allem, da zwar auch die Einzelspieler-Missionen im Team bestritten, aber nicht für alle Teammitglieder gleichzeit erfüllt werden können. Im Klartext heißt das, wenn ihr mit vier Spielern eine Singleplayer-Mission angeht, müsst ihr euch vorher entscheiden, für welches Teammitglied. Ihr spielt immer in der Welt desjenigen, der die Gruppe gegründet hat. Das ist schade, weil man jede Mission so mehrfach spielen muss und auch schlecht umgesetzt, da man in der Welt eines Mitspielers dessen Nebenaufträge prinzipiell auch ohne ihn lösen kann.
Wirklich Spaß macht dagegen die Dark Zone. Ob gegen NPCs oder echte Spieler, die Dark Zone bietet sowohl für Einzelgänger aber vor allem für Teamspieler eine Fülle an Möglichkeiten. Dabei ändert sich am eigentlichen Gameplay nichts – ihr tötet und grinded. Die Art und Weise, wie ihr den Kampf angeht, ändert sich allerdings extrem. Teamspieler können ihre Skills aufeinander abstimmen, sich gegenseitig unterstützen und je nach Lust und Laune die Dark Zone unsicher machen. Solospieler dagegen müssen gewaltig auf der Hut sein, um nicht zum Opfer kill-und loothungriger Gegner zu werden. Und auch die NPC-Gegner in der Dark Zone gehören einer anderen Klasse an als im PvE-Bereich. Sie spielen aggressiver, sind stärker und vor allem spawnen sie gerne mal aus dem Nichts, um euch als Spieler bei der Sicherstellung eurer Beute um die Ecke zu bringen. Das ist so MMO-typisch, dass es mich fast zum Schmunzeln gebracht hat – ein bisschen kreativer als „Gegner spawnt vor meiner Nase“ hätte das Erscheinen der Feinde schon geregelt werden können…
Ja, ich habe viel auszusetzen an The Division. Nichtsdestotrotz ist das Spiel einmalig. Es bedient eine Lücke im Markt, die seit Jahren darauf wartet, geschlossen zu werden. Vielleicht ist The Division der Anstoß für eine Ära MMOs, die sich nicht nur auf ihren simplen Mechaniken ausruhen, sondern vollwertige AAA-Technik dazu liefern. Denn genau das macht The Division, mit wenigen Abstrichen. Und eben weil es das erste seiner Art ist, muss The Division nicht alles perfekt machen, um großen Erfolg zu haben. Die Nachfrage nach einem derartigen Titel ist groß – The Division wird diesen Durst stillen. Abzuwarten bleibt, wie lange, aber das liegt ganz daran, wie viel Endgame Content Massive und Ubisoft bieten. Mit DLCs, die neue Gebiete, Raids und ähnliches bieten kann der Hybrid Singleplayer/MMO, der The Division ist, ein Langzeiterfolg für den Publisher werden.